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Bewegendes StudiumDer Unisport hat eine lange Tradition – und ist heute Pflicht

Lesezeit 4 Minuten

Beim Unisport werden zahlreiche Indoor- und Outdoor-Aktivitäten angeboten.

  1. Wo es früher den akademischen Fechtlehrer gab, sind heute Trendsportarten wie Tischtenniskopfball angesagt
  2. Mit dem Sportprogramm blickt die Hochschulen und die Uni Köln auf eine lange Tradition zurück
  3. Wir nehmen Sie mit auf eine Reise zu den Anfängen des Uni-Sports

Köln – Wie genau Hermann Hütter am 4. März 1935 starb, ist unklar. Um 19 Uhr habe sein Herz aufgehört zu schlagen, von einem „Unglücksfall“ ist in seiner Todesanzeige die Rede, 71 Jahre wurde er alt. Mit Stolz hat die Familie den einstigen Beruf von Hermann Hütter hervorgehoben, „Universitäts-Fechtlehrer im Ruhestand“.

Anfang des 20. Jahrhunderts hatte sich die Universität noch einen akademischen Fechtmeister geleistet. „Vor allem für die studentischen Verbindungen war dieser Sport wichtig“, sagt Dr. Andreas Freitäger, stellvertretender Leiter des Universitätsarchivs. Ein ordentlich vernarbter Schmiss war einst das Erkennungszeichen diverser Akademiker.

Damals: In der Turnhalle Claudiusstraße (Südstadt) hielten sich Studierende früher an Ringen und beim Barren-Turnen fest.

Traditionsreiche Sportarten beibehalten

Seit jeher haben Studierende Sport getrieben, um den angestrengten Geist zu entspannen. Eine satirische Postkarte aus dem Jahr 1908 zeugt von den Sportarten, die damals an der Handelshochschule, dem Vorläufer der Kölner Universität, getrieben wurden. Rudern war beliebt, auch Reiten, Tennis, Schießen und Fechten. Eckhard Rohde spricht gerne von „Traditionssportarten“. Seit 20 Jahren leitet er den „Unisport“, der den Studierenden und den Mitarbeitern von Universität und Uniklinik ein riesiges Freizeitangebot mit rund 150 Sportarten bietet. Jede Woche werden rund 500 Stunden Sport veranstaltet.

Gerade erst haben die Verantwortlichen einen neuen Achter und zwei Vierer-Ruderboote gekauft. „Wir werden alles dafür tun, diese traditionsreichen Sportarten beizubehalten“, sagt Rohde. Als vor einigen Jahren auf dem Fühlinger See ein Achter-Rennen anstand, sei es kein Problem gewesen, ein Boot mit Professoren zu füllen, die mit diesem Sport vertraut sind. Auch gefochten wird bis heute.

Eckhard Rohde, Leiter Unisport

Auch Blindenfußbal wird hier angeboten

Doch das Sportangebot ist alles andere als angestaubt, die Uni eröffnete auf ihrer Sportanlage am Zülpicher Wall bereits 2013 den NRW-weit ersten Padel-Platz. Dieser Sport – eine Mischung aus Tennis und Squash – erlangte zuvor in Südafrika und Spanien große Popularität. Dieses Semester ergänzen die typisch irischen Sportarten Hurling und Gaelic Football das Portfolio. „Studierende bringen oft Sportarten mit. Diese Experimentierfreude bereitet uns viel Vergnügen“, meint Rohde, der selbst einst Zehnkämpfer war.

Heute: Aam Zülpicher Wall wird heute Padel gespielt.

Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte die Universität ein eigenes „Institut für Leibesübungen“, im Jahr 1947 wurde dann von Carl Diem die Deutsche Sporthochschule mitbegründet. „Von da an gab es eine neue Ausbildungsstelle für Sportlehrer. Sport an der Universität war seitdem reine Freizeitangelegenheit“, sagt Freitäger. Zum Uni-Archiv gehört eine Urkunde der Westdeutschen Hochschulmeisterschaft im Schwimmen aus dem Jahr 1930. Noch heute treten Studenten in Meisterschaften gegeneinander an. Auch Blindenfußball wird hier gespielt.

Hochschulsport ist Pflichtaufgabe

Doch Eckhard Rohde und sein Team sind mehr als die Freizeit-Manager der Kölner Studenten, zu ihren Aufgaben gehört auch die Betreuung von Spitzensportlern, die an der Uni studieren. Zuweilen ist die Kombination von Vorlesungen und Wettkämpfen ein Balanceakt. „Es hat mich anfangs viel Aufwand gekostet, die Dozenten davon zu überzeugen, auch mal fehlen zu können“, sagt Britta Heidemann. Bevor sie im Sommer 2008 in Peking Gold im Fechten holte, hatte sie in Köln ihre Diplomklausuren geschrieben. „Es hat mir extrem geholfen, mich mental nur auf die Klausuren zu fokussieren“, erinnert sie sich. Heute hält die deutsche Athletensprecherin im IOC Vorträge zu Themen wie Leistungsmanagement und dualem Studium. Ob sie noch Zeit für das Unisport-Angebot hatte? „Ja, einmal habe ich Thai-Boxen ausprobiert“, sagt sie.

Zwei Anbieter

Eine Besonderheit in Köln ist das Nebeneinander zweier Sport-Anbieter. Neben dem Unisport gibt es noch den Hochschulsport des Asta, also die Studierendenschaften der Hochschulen. Dessen Sportangebot ist ähnlich umfangreich wie das der Uni.

Beide Anbieter konkurrieren um Studierende, Eckhard Rohde, Leiter des Unisports, spricht von einer „friedlichen Co-Existenz“. Bereits seit 2001 gibt es getrennte Sportprogramm-Hefte.

Der Hochschulsport ist ein Zusammenschluss von zwölf Kölner Hochschulen. Etwa 18 000 Studierende nehmen jedes Semester an den Sportkursen teil. (tho)

Doch offenbar tut sich was. „Die Haltung der Professoren gegenüber dem Spitzensport hat sich deutlich verändert, heute ist sehr viel möglich“, meint Rohde. Das umfangreiche Sportangebot ist mehr als bloße Kür, Paragraf 2, Absatz 4 des Hochschulrahmengesetzes definiert den Hochschulsport als Pflichtaufgabe. „Dabei geht es zunächst um den gesundheitlichen Ausgleich, gesunde Lebensführung, aber auch um die Identifikation mit der Uni“, sagt Rohde.

Gleitschirmfliegen bis Tischtenniskopfball

Früher hat Rohde noch Skifreizeiten organisiert, Hütten gemietet und Busfahrten organisiert. Inzwischen kooperiert die Uni mit externen Anbietern, weil der Aufwand für solche Exkurse zu groß ist. So werden Gleitschirmfliegen, Drachenfliegen, Kitesurfen, Wandern in Norwegen oder Mountainbiken in den Schweizer Alpen angeboten.

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Gerade erst ist auf dem Sportgelände am Zülpicher Wall in Sichtweite zum Hauptgebäude der Uni, ein neuer Kunstrasenplatz gebaut worden. Auch eine Laufbahn gibt es hier, nebenan befinden sich Beachvolleyballfelder, hin und wieder wird im Sand auch Headis gespielt – Kopfballtischtennis ist ebenfalls Trend.

www.unisport.koeln