AboAbonnieren

Immer der Nase nachWie das Kölner Ordnungsamt mit Cannabis-Verstößen umgeht

Lesezeit 4 Minuten

Der Konsum von Cannabis wird vom Ordnungsamt kontrolliert.

Auf Streife mit der Rundschau erklären zwei Ordnungsbeamte ihren Umgang mit Cannabis-Konsumenten.

Aggressive Bettler, Wildpinkler, Straßenmusiker: Auf ihren Streifgängen haben die Kräfte vom Kölner Ordnungsdienst auf viele Delikte zu achten, die gegen die Stadtordnung und geltende Gesetze verstoßen. Seit April dieses Jahres wurde ihr Tätigkeitsbereich um eine weitere Zielgruppe erweitert: Cannabis-Konsumenten, die innerhalb der gesetzlich festgelegten Verbotszonen rauchen.

An einem verregneten Montagnachmittag kann die Rundschau zwei Ordnungskräfte der sogenannten „Domstreife“ begleiten. Ihr Zuständigkeitsbereich verläuft rund um den Dom, also vom Breslauer Platz über den Hauptbahnhof, die Rheingärten und die historische Altstadt bis zum Neumarkt. 22 Ordnungskräfte umfasst die „Domstreife“. Doch schnell wird klar: Wetter und Tageszeit sprechen nicht gerade dafür, dass Johanna Lobenstein und Felix Günther (Vornamen redaktionell geändert) heute Cannabis-Verstöße feststellen werden.

Ein Verwarngeld wird nicht sofort ausgestellt.

„Wir sind gerade noch in der Aufklärungsphase“, erklärt Günther die Herangehensweise gegenüber Konsumierenden. Das bedeutet: Stellen er oder seine Kollegen eine Person fest, die innerhalb einer der vielen Verbotszonen Cannabis raucht, belehren sie diese über die geltenden Bestimmungen und stellen nicht direkt ein Verwarngeld aus. „Es ist tatsächlich ein entspanntes Ermahnen. Die Leute denken gar nicht darüber nach. Gerade wenn man den Aspekt Kinder- und Jugendschutz erwähnt, haben die meisten aber Verständnis“, so die Erfahrung des Ordnungshüters. Nur bei besonders uneinsichtigen Konsumenten stellen die Stadtwächter ein Verwarngeld in Höhe von etwa 50 Euro aus. Konfisziert wird ein Joint lediglich dann, wenn die Konsumenten minderjährig sind.

Dabei sind die Verbotszonen nicht leicht zu überschauen: Das bundesweit gültige „Konsumcannabisgesetz“ verbietet den Konsum von Cannabis in Sichtweite von Kinder- und Jugendeinrichtungen wie Schulen, Spielplätzen und Sportstätten. Ab einer Distanz von 100 Metern zu diesen Orten sieht das Gesetz die Sichtweite grundsätzlich als nicht mehr gegeben an. Außerdem ist das Rauchen von Joints für Minderjährige und in deren Anwesenheit grundsätzlich untersagt. Ebenso in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr – im Zuständigkeitsbereich der „Domstreife“ also zum Beispiel in der Schildergasse oder auf der Hohe Straße.

Zwischen 7 und 20 Uhr ist der Konsum von Cannabis in Fußgängerzonen wie hier auf der Hohe Straße verboten.

Damit auch die etwa 170 Außendienstmitarbeiter des Ordnungsamtes diese Regeln kennen, werden sie im internen Schulungszentrum unterwiesen. „Das dauert natürlich noch, bis da alle geschult sind“, erklärt Günther. Doch auch wenn die Ordnungskräfte alle Vorschriften verinnerlicht haben, stellen diese sie in der Praxis vor Herausforderungen. Beispielsweise lässt sich insbesondere in vollen Fußgängerzonen nicht immer verorten, wo der Cannabisgeruch genau herkommt.

So nehmen Günther und Lobenstein auch während des gemeinsamen Streifgangs auf der Domplatte deutlichen Cannabis-Geruch war. Doch einen Verursacher können die beiden nicht entdecken. „Das ist ein klassisches Beispiel. Man riecht es, aber man kann es nicht verorten“, beschreibt Günther. Auch die erlaubten Mengen, die in der Öffentlichkeit mitgeführt werden dürfen, können die Ordnungshüter nicht überprüfen. Denn eine Feinwaage ist nicht Teil ihrer etwa sechs Kilo schweren Ausrüstung. Besteht also der Verdacht, dass ein Konsument mehr als 25 Gramm Cannabis mit sich trägt, muss eine Polizeiwache aufgesucht werden.

Die „Domstreife“ ist im Bereich der Innenstadt unterwegs.

Ein echtes Problem bei der Arbeit des Ordnungsamtes stellen die neuen Cannabisregelungen aber nicht dar. Nur selten müssten die Ordnungshüter Konsumenten überhaupt auf die Gesetzeslage hinweisen. „Letzte Woche hatte ich das ein Mal“, erzählt Günther. Das belegen auch die Zahlen: Wie die Rundschau auf Anfrage bei der Stadt Köln erfuhr, wurden bis Ende September auf Kölner Stadtgebiet gerade einmal 18 Bußgeldverfahren im Rahmen des Konsumcannabisgesetzes eingeleitet – davon kamen 17 von der Polizei. In den meisten Fällen ginge es laut Stadt um Spielplätze und Jugendschutz.

Nur ein einziges Mal stellte das Ordnungsamt selber einem Konsumenten auf einem Spielplatz in der Südstadt ein Verwarngeld aus. Eine größere Beschwerdelage durch beispielsweise Schul- oder Kitaleitungen sei dem Ordnungsamt nicht bekannt, nur vereinzelte Beschwerden hätte es gegeben. Wohl unter anderem deshalb führt das Ordnungsamt nach wie vor keine Schwerpunktkontrollen mit dem Thema Cannabis durch.

Unterwegs mit dem Ordnungsamt

Und so verläuft auch der gemeinsame Streifgang mit der Rundschau ohne Feststellungen mit Cannabis-Bezug. Lediglich eine zu laute Bluetooth-Box, eine Jugendschutzkontrolle und ein Dialog mit Wohnungslosen am Hauptbahnhof – Business as usual für die Ordnungshüter. „Selbst wenn wir jetzt einen warmen Tag hätten, wäre die Situation mit dem Cannabis nicht anders, weil das einfach nicht besonders oft vorkommt“, resümiert Günther. „Da wird sich heute auch nicht mehr viel tun.“


Hintergrund

Seit dem 1. April ist das Cannabis-Gesetz in Kraft und stellt Städte und Kommunen vor große Herausforderungen, denn sie sollen die Ordnungswidrigkeiten ahnden, die bei Verstößen entstehen. Der Städtetag NRW hatte die Kontrollpflicht für Kommunen im Vorfeld kritisiert und weitere Initiative von Bund und Ländern gefordert. Dazu zähle auch die Finanzierung der kommunalen Drogen- und Suchthilfe.

Das steht im Gesetz

Erwachsene dürfen bis zu drei Cannabis-Pflanzen und 50 Gramm getrocknetes Marihuana für den eigenen Konsum besitzen und in der Öffentlichkeit bis zu 25 Gramm bei sich tragen. Verboten ist weiterhin der Handel mit Cannabis. Wo nicht konsumiert werden darf, ist festgelegt. Verboten ist der Konsum im Abstand von 100 Metern um Schulen, Kitas, Jugendzentren und Spielplätze, in öffentlich zugänglichen Sportstätten und in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr. Ein Verbot gilt ebenso für Feste und Veranstaltungen, auf denen sich Minderjährige aufhalten.