Die 30-Jährige tanzt nicht nur für den sportlichen Erfolg, sondern will sich zudem für die Rechte von Mädchen und Frauen starkmachen.
Deutsche MeisterinKölner Breakdancerin tritt 2024 bei den Olympischen Spielen an
Ein kölsches Mädchen geht 2024 bei den Olympischen Sommerspielen an den Start – und dann auch noch in einer völlig neuen Disziplin. Jilou Rasul tanzt für Köln, für die Rechte der Mädchen und Frauen sowie für ihr Leben gern. Ihre Sportart heißt Breaking, und lange wurde dieser Sport als reiner Hiphop-Tanz angesehen. Doch mittlerweile hat sich vieles geändert: Breakdance ist als Sportart in der Mitte der Gesellschaft angekommen und bei Olympia in Paris zum ersten Mal dabei. Die 30-Jährige Kölnerin Jilou wird im Sommer 2024 als aktuelle deutsche Meisterin in der französischen Hauptstadt um Gold kämpfen.
Jilou Rasul war als Tochter eines Irakers und einer Deutschen lange Zeit nicht Teil der Mitte der Gesellschaft, hat in ihrer Jugendzeit gelegentlich auch Armut und Diskriminierung erfahren. Die 30-Jährige turnte in ihrer Jugend beim MTV Köln in Mülheim. „Ich hatte aber schon damals das Gefühl, dass man beim Turnen nicht kreativ ist. Mir fehlte die künstlerische Freiheit“, erklärt Jilou lachend. „Nachdem ich den Spaß am Turnen fast verloren hatte, machte meine Mutter mich auf den Breakdance-Wettbewerb „Battle of the year“ im Fernsehen aufmerksam. Ich war sofort begeistert und habe mich direkt beim Breaking-Kurs im MTV angemeldet.“ Die damals 13-jährige Schülerin der Gesamtschule Holweide wusste schon genau, dass Tanzen Teil ihres Lebens sein würde.
Mit 13 Jahren „breakte“ sie zum ersten Mal an der Ferdinand-Lassalle-Realschule. Später ging es auch zur Jugendeinrichtung „Offene Tür Werkstattstraße“ in Nippes. „Ich bin den Jugendhäusern in Köln sehr dankbar – hier haben Kids auch heute noch die Chance, sich kreativ auszuleben. Und Breaking ist weiterhin sehr beliebt, auch wenn man es nicht überall in Köln mitbekommt.“ Die Szene sei international sehr verbunden und viel präsenter, als man denke.
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Jilou Rasul: „Breaking war vor allem früher ein ziemlicher Männersport“
Dass sie sich im Breakdance ausleben und durchsetzen würde, war damals nicht selbstverständlich: „Breaking war vor allem früher ein ziemlicher Männersport. In den Anfängen waren Hiphop-Events männerdominiert und gelegentlich auch am Rande der Kriminalität. Das hat sich zum Glück vollkommen geändert.“ Breakdance ist eine dynamische, sehr akrobatische Tanzform, die in den siebziger Jahren auf den Straßen der USA entstand und von Tänzern ausgeübt wird, die sich B-Girls und B-Boys nennen. Diese bewegen sich zur Musik auf eine Weise, die mehr als nur einen sportlichen Körper, sondern auch Disziplin, Kreativität und Athletik erfordert. Somit wird die Sportart nun zu Recht bei den Olympischen Spielen eine Premiere feiern.
Lange zählte Jilou zu den wenigen Frauen im Breaking. Ihr Ehrgeiz hat sie jedoch stets angetrieben: Nur acht Monate nach ihrem ersten Breakdance nahm sie an einem B-Girl-Battle teil und wurde Zweite. Wenn sie über ihren Beruf spricht, gerät sie ins Schwärmen: „Breaken ist Sport, Kunstform und Tanzform in einem. Bei den Battles gibt es drei Kriterien, nach denen man bewertet wird – Körper, Seele und Geist. Die Musik spielt dabei die Hauptrolle, man muss aber auch körperlich sehr viel leisten. Wir wissen vorher nicht, welche Tracks bei den Battles gespielt werden. Deshalb müssen wir sofort eine Verbindung zur Musik herstellen und unsere Bewegungen mit der Musik verschmelzen lassen.“
Kölner Olympionikin: Mit Breakdance um die Welt
Jilou reist aktuell quer um den Globus für ihre Leidenschaft – für das Interview erreichten wir sie in Los Angeles. Ihre Wurzeln hat sie jedoch nicht vergessen: „Köln ist meine Heimat, Berlin ist lediglich mein Zuhause. Ich mag die Menschen und die offene Art der Leute in Kölle“, lacht Jilou, die ihre Bekanntheit auch für soziale Zwecke nutzen möchte. „Jeder Mensch hat eine Stimme, und die sollte man erheben. Männer und Frauen mit nicht-deutschen Wurzeln haben immer noch mit gewissen Hürden in der Gesellschaft zu kämpfen – egal ob es die Wohnungssuche ist, oder eine Bewerbung.“ Weil sie es darüber hinaus als ihre Verantwortung ansieht, eine neue Generation von Jugendlichen in ihrem Weg zu bestärken, ist sie für viele junge Mädchen als Breakdance-Mentorin tätig. Und sie schreibt in ihrem Blog gegen Formen der Diskriminierung an, die sie erlebt hat.
Im nächsten Jahr steht in Paris der wohl aufregendste Tag im Leben von Jilou Rasul bevor. Jedoch sieht sie Olympia nicht als ihr einziges Ziel, sondern hat viel mehr für die nächsten Jahre vor: „Mein übergeordnetes Ziel ist, mich selber als Mensch immer weiterzuentwickeln und für die nächste Generation als Beispiel voranzugehen – für Mädchen und Frauen, für People of Color und für jeden, der sich kreativ und frei ausleben möchte.“