- Corona ist nicht die erste Pandemie die Köln trifft.
- Pest, Pocken oder Cholera – die Kölner mussten immer wieder mit großen Epidemien fertig werden.
- Wie, das lesen Sie in unserer neuen Serie.
Köln – „In demselben Jahr war ein solch großes Sterben in Köln, wie man es noch für kein Jahr verzeichnet hatte und es begann zu Pfingsten und dauerte bis Christmess.“ Die Rede ist von der Pest im Jahr 1451. Johann Koelhoffs Chronik der Stadt Köln von 1499 überliefert ein plastisches Bild von der Krise: „Während dieses halben Jahres starben 21tausend Menschen, alte und junge. Die Laden mit den toten Menschen stellte man auf einen großen Haufen, weil man keine Zeit hatte, Gräber zu machen.“
Die Pest, die sich von Asien aus in Europa ausbreitet (siehe Kasten) erreicht Köln erstmals gegen Ende 1349 . Die Menschen sind geschockt, vor allem über die Schnelligkeit, mit der sie ihre Opfer tötet. An einem Tag kerngesund, am nächsten schon tot – „das war für den mittelalterlichen Menschen eine ganz schlimme Angelegenheit“, sagt Monika Frank vom Institut für Geschichte und Ethik der Medizin an der Universität zu Köln. „Denn man möchte nicht seinem Schöpfer gegenübertreten, ohne gebeichtet zu haben.“
Quarantäne
Die Pest war die erste Pandemie. Sie breitete sich im 14. Jahrhundert von Asien aus fast in der gesamten bekannten Welt aus und kostete in Europa mit 20 Millionen Toten ein Drittel der Bevölkerung das Leben.
Die Krankheit kam mit Handelsschiffen aus dem vorderen Orient nach Europa. Venedig isolierte Schiffsbesatzungen deshalb für 40 Tage auf einer Insel vor der Stadt – daher das Wort Quarantäne (vom italienischen Wort für 40) für Isolation.
1894 entdeckte der Schweizer Arzt Alexandre Yersin den Erreger der Pest: das nach ihm benannte Bakterium Yersina Pestis. Es wird von Ratten auf Flöhe und von diesen auf Menschen übertragen. Mit der Erfindung des Penicillins 1928 konnte sie erfolgreich behandelt werden. Heute spielt sie in Europa keine Rolle mehr, aber in Entwicklungsländern gibt es sie noch. (sab)
Wer sich ansteckt, bekommt am ganzen Körper eitrige Beulen und hohes Fieber, bei der Lungenpest blutigen Auswurf. Die Epidemie bricht wie eine Naturkatastrophe über die Menschen herein. Sie sind ihr hilflos ausgeliefert, ohne Wissen über ihre Ursachen, Übertragungswege oder Gegenmittel.
Schnell werden die Juden zum Sündenbock gemacht – in Köln sogar, bevor die Seuche die Stadt überhaupt erreicht hat. „Das wird politisch ausgenutzt“, sagt Historikerin Frank. Der König Heinrich IV ist gestorben, ein Erzbischof gerade nicht im Amt.
Brunnen vergiftet
Die beiden haben jedoch das Recht auf die Einnahmen durch die jüdische Gemeinde und damit verbunden die Pflicht, sie zu schützen. Während die Pest über Basel und Straßburg den Rhein hinaufwandert, schüren Teile der Kölner Führungsschicht das Gerücht, die Juden hätten die Kölner Brunnen vergiftet. In der Nacht vom 24. August 1349, der Bartholomäusnacht, werden auch Kölner Juden getötet und in der Folge vollständig aus der Stadt vertrieben. Die Pest kommt aber erst Monate später.
Von da an trifft die Seuche die Stadt alle paar Jahre. Im September 1451 bitten die Kirchenmeister der Pfarrei St. Alban den Stadtrat, einen Pestfriedhof auf einem der Kirche gegenüber liegenden Grundstück anlegen zu dürfen. Der reguläre Kirchhof ist überfüllt; alle Gemeindemitglieder einschließlich des Pfarrers können den Gestank nicht mehr aushalten. Der genehmigte Ausweichfriedhof liegt gleich gegenüber dem Quatermarkt. Daran angrenzend wohnt der Maler und damals amtierende Ratsherr Stefan Lochner. Er ist ein prominentes Opfer der Pest im Jahr 1451.
Vier Säfte
Die damalige Medizin behandelt nach der antiken Lehre der vier Säfte und machen ein Übermaß an Blut im Körper als Ursache aus. Behandelt wird mit Aderlass, den die Handwerks-chirurgen ausführen: Sie machen eine handwerkliche Ausbildung und sind in der Zunft der Barbiere organisiert. „Aus heutiger Sicht hat der Aderlass die Kranken nur noch mehr geschwächt“, sagt Monika Frank dazu.
Sie machen auch üble Dünste verantwortlich, die von Mensch zu Mensch weitergegeben werden können. Kranke werden isoliert, an den Kölner Stadttoren wird von Händlern aus Städten, in denen die Pest wütet, eine Pestfrei-Bescheinigung verlangt. 1388, im Jahr der Gründung der Universität, ist Köln gerade mal pestfrei. Dank der medizinischen Fakultät können sich Bürger mit Geld von nun an auch an einen gelehrten Medizinprofessor wenden. Er gibt Rat aus der Ferne, helfen kann er wenig.
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Den Armen bleiben nur die Heiligen. Dem von Pfeilen durchbohrten Sebastian wächst im Laufe der Zeit eine besondere Zuständigkeit für den Schwarzen Tod zu: „Wer, wenn nicht er, konnte verstehen, wie die Pestbeulen schmerzten?“, meint Monika Frank: „Er sollte ein gutes Wort für die Kranken einlegen, aber auch vermitteln: das Leiden macht Sinn. Es ist Teilhabe am Leiden Christi.“ An einen später sehr populären Heiligen erinnert die Rochuskapelle in Bickendorf: Der Heilige Rochus hat sich der Legende nach um Pestkranke gekümmert, bis er selbst erkrankte.
Im Köln versorgen Laienbruderschaften wie die Beginen und die Alexianer, die auch „Lungenbrüder“ genannt werden, die Kranken. Aber auch die Cellitinnen, die Jesuiten und die Franziskaner pflegen. Für die Epidemie des Jahres 1553 wird vermerkt, dass viele der Geistlichen selbst erkrankt sind.
Letzte Pestepidemie
1666/67 sucht die letzte Pestepidemie die Stadt Köln heim. Noch 1908 hat sie die Krankheit im Blick, wenn sie am Hafen einen Hafenarzt und zwei Beamte der städtischen Gesundheitspolizei installiert, „gegen die Einschleppung der Cholera und der Pest“, schreibt damals der Beigeordnete Krautwig. Da ist der Erreger gerade mal seit 14 Jahren bekannt: Der Pasteur-Schüler Alexandre Yersin hatte das Bakterium 1894 unter dem Mikroskop entdeckt.