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Interview

Schwarzer Tag für Karstadt
Das sagt der Betriebsrat zur Schließung der Kölner Filiale Breite Straße

Lesezeit 4 Minuten
Menschen laufen an der geschlossenen Filiale von Galeria Karstadt Kaufhof an der Breite Straße vorbei.

Am Samstag, 27. April, blieb der Karstadt an der Breite Straße in Köln nach der Schocknachricht für die Mitarbeiter geschlossen. Sie verlieren Ende August ihre Jobs, die Filiale wird dicht gemacht.

Stefan Knott (55) ist Vorsitzender des Betriebsrats von Galeria Karstadt Kaufhof an der Breite Straße und seit 28 Jahren dort beschäftigt. Wir sprachen mit ihm über die Schließung zum 31. August.

Wie haben Sie und Ihre Kollegen am Samstagmorgen die Nachricht vom Aus für den Standort Breite Straße aufgenommen?

Das war der schlimmste Tag in meinem Berufsleben bislang. Alle waren zutiefst geschockt. Die Emotionen sind hochgekocht, es sind Tränen geflossen. Wir hatten ja bis zuletzt gehofft, dass wir es auch diesmal schaffen. Aber es hat leider nicht gereicht. Unser Haus wird abgewickelt.

Woran hat es gelegen?

Uns war allen klar, dass es in Köln mit zwei großen Warenhäusern in der Innenstadt eng für uns werden wird, dass das kein Selbstläufer ist. Aber wir hatten uns durchaus Hoffnungen gemacht, weil wir, was unser Betriebsergebnis angeht, genau im Plan liegen und eine erhebliche Ergebnisverbesserung im Vergleich zum Vorjahr haben. Wir schreiben schwarze Zahlen. Woran es im Detail liegt, dass wir nicht weitermachen dürfen – ob das der Mietvertrag war mit der doch eher kurzen Restlaufzeit, ob man sich mit dem Eigentümer nicht hat verständigen können – all das wissen wir aktuell noch nicht. Es ist für alle ein heftiger Schlag.

Das Haus hat viele Krisen überstanden, jetzt geht eine 110-jährige Geschichte zu Ende…

Es ist hart, sehr hart. Wir haben viel und lange gekämpft. Wir haben auf Geld und vieles mehr verzichtet über Jahre, um das Unternehmen und den Betrieb über Wasser zu halten. Dass es am Ende trotzdem nicht gereicht hat, ist bitter. Es fühlt sich wie eine harte Niederlage an. Dass müssen wir jetzt erst mal verdauen.

Stefan Knott ist Betriebsratsvorsitzender der Filiale Breite Straße von Galeria Karstadt Kaufhof.

Stefan Knott ist Betriebsratsvorsitzender der Filiale Breite Straße von Galeria Karstadt Kaufhof.

Wie viele Mitarbeiter sind betroffen?

Es sind rund 140 Galeria-Beschäftigte plus weitere 15 im Restaurant.

Als ich Sie vor zwei Jahren interviewt habe, arbeiteten noch rund 250 Menschen bei Karstadt an der Breite Straße.

Ja, da waren wir noch deutlich mehr. Bei der letzten Insolvenz haben wir schon einen heftigen Personalabbau mitgemacht, um den Standort zu retten, Und es hat am Ende dann doch nicht gereicht.

Wie ist der Samstag für Sie und Ihre Kollegen verlaufen?

Die Geschäftsleitung hat um zehn Uhr gemeinsam mit dem Betriebsrat die Mitarbeiter informiert. Im Prinzip werden alle in der Breite Straße die Kündigung erhalten. Hoffentlich können einige noch in andere Filialen wechseln. Wir haben dann am Samstag unser Haus gar nicht mehr aufgemacht, weil man das ja keinem zumuten kann nach so einer Schocknachricht. Das wäre ja unmenschlich. Das war auch für das Unternehmen ganz klar: Wir öffnen heute nicht, das tun wir unseren Mitarbeitern nicht an. Auch wenn es der umsatzstärkste Tag in der Woche ist.

Wir haben dann noch Gespräche geführt im Kollegenkreis und versucht, Fragen zu beantworten. Das ist eine echt harte Nummer für jeden. Den Mitarbeitern wurde freigestellt, nach Hause zu gehen, wann sie wollen. Selbstverständlich bezahlt. Wer hätte sich heute schon nach so einer Nachricht an die Kasse stellen und die Kunden anlächeln können – mit Tränen in den Augen? Jetzt müssen die Kollegen erst mal den schlimmsten Schock verdauen und überwinden. Am Montagmorgen um zehn Uhr werden wir wieder geöffnet haben und für die Kunden da sein.

Was wird aus dem Karstadt-Gebäude? Kommt jetzt ein Neubau?

Ich weiß nicht, was ab September passieren wird. An den Verhandlungen mit dem Vermieter waren wir nicht beteiligt. Aber in der Baubranche sieht es derzeit ja auch nicht so rosig aus. Ich habe die Sorge, dass es einen längeren Leerstand geben könnte. Also, ich mag mir überhaupt nicht ausmalen, was mit der Breite Straße insgesamt passiert, wenn wir als Ankerpunkt da wegfallen. Was mit den ganzen Straßencafés drumherum passiert, mit dem Einkaufszentrum Quincy und so weiter.

Karstadt hat seit rund 20 Jahren eine Krise nach der anderen erlebt. Jetzt kommt für den Standort Breite Straße das endgültige Aus. Sind Sie und Ihre Kollegen nicht einfach erschöpft nach dem jahrelangen Kampf um die Arbeitsplätze?

Natürlich macht sich eine gewisse Erschöpfung breit, zumal sich nicht nur die Krisen gehäuft haben, sondern auch die Arbeitsbelastung weiter zugenommen hat. Für mich ist es das vierte Insolvenzverfahren bei Karstadt, davon drei im Galeria-Betriebsrat. Aber was mich aufrechterhält: Beim letzten Stellenabbau habe ich gesehen, dass doch etliche von uns einen sehr guten Job bekommen haben, auch außerhalb des Handels. Das hat mich extrem gefreut, weil das echt sehr fähige und sehr gute Mitarbeiter waren. Das macht mir Mut für ganz viele hier im Haus: Dass man sich, auch wenn man schon etwas älter ist, noch mal erfolgreich umorientieren kann. Ich habe schon einige große Arbeitgeber wie die Stadt Köln, KVB, die Deutsche Bahn, Rewe und andere angeschrieben mit der Bitte, mir offene Stellen zu nennen für eine Jobbörse, die ich für meine Kollegen einrichten möchte.