Von Bären, Hooligans und Freiheit: Etwa 300 neue kölsche Lieder sind dieses Jahr erschienen. Mit einem Musikexperten haben wir reingehört.
Kölsche HitsSo klingt die neue Session im Kölner Karneval – Tipps vom Musikexperten
Gleich drei Karnevalsalben haben es kurz vor Beginn der Karnevalssession in die deutschen Samplercharts geschafft. Fast schon traditionell stieg „Karneval der Stars 54“ auf Platz eins ein und verdrängte die „Bravo Hits“ von der Spitze, das Doppelalbum „Kölsch & Jot“ landete auf Platz sechs und „Megajeck“ auf Platz 15. „Ein gutes Zeichen. Es verdeutlicht die Lust der Menschen Karneval zu feiern und Musik zu hören“, konstatiert Reinhard Kröhnert, Musikexperte bei WDR 4. Gemeinsam mit ihm haben wir uns durch die Neuerscheinungen gehört.
Gibt es einen klaren Anwärter auf den Sessionshit?
Bereits sieben Mal sind die Musiker von Brings mit ihren Hits als Sieger der Kneipentour von „Loss mer singe“ hervorgegangen. Die Chancen auf einen achten Erfolg sind nicht schlecht, denn mit der Nummer „Su lang die Welt sich dreht“ stimmt die Gruppe ein Freiheitslied an, singt von Demokratie und Lebensgefühl. „Eine Gute-Laune-Nummer mit politischer Botschaft, in der ein sehr sympathisches Bild von der Stadt gemalt wird. Das Lied passt sehr gut in die Zeit“, urteilt Kröhnert. Kasalla setzt mit „Ding Südkurv“ zum kraftvoll-düsteren Liebesgesang an. „Ich bin gespannt, ob das Lied in den Sälen zur Mitgröl-Nummer wird, das Potenzial ist da“, meint der Musikredakteur.
Können die Räuber nach zwei Hits nochmal nachlegen?
Nach „Wigga Digga“ und „Oben unten“ schicken die Räuber in dieser Session den „Bär“ ins Rennen, ein Lied über die Qual bei der Kostümwahl. Der Sound ist wieder modern, und im Gegensatz zum Bärenkostüm ist der Liedtext nicht von der Stange, sondern bietet einige schöne sprachliche Akzente. „Die Gruppe setzt ihre Linie konsequent fort“, sagt Reinhard Kröhnert. Mit „Platz für dich“ beweisen die Räuber zudem ihre Qualitäten bei ruhigen Stücken.
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Welche Gruppen überraschen mit ihren Klängen?
Die Paveier verlassen mit „Wo bist du Amore“ die Polkaschiene und präsentieren eine beschwingte Nummer, die vom Rhythmus leicht an das Lied „Nie mehr Alkohol“ erinnert. Es vermischen sich eher traditionelle Karnevalsklänge mit einem humorvollen Text mit vielen Stellen zum Schmunzeln. Aufhorchen lässt „Fiasko“ mit der tanzbaren Nummer „Leider widder eskaliert“, in der vom ersten und letzten Kölsch gesungen wird. „Das Lied hat das Potenzial zum großen Saalhit“, urteilt Kröhnert. Und: Ex-Räuber-Frontmann Torben Klein vollzieht mit „Alle Wege führ'n zum Dom“ einen stilistischen Wandel. Das Lied ist in Zusammenarbeit mit dem in der Schlagerszene bekannten Texter und Komponisten Alexander Scholz entstanden – ein Erfolgsmodell, wie es scheint.
Welche Bands können positiv überraschen?
Auf der „Karneval der Stars“ wird die Gruppe Scharmöör als „Karnevals-Newcomer“ hervorgehoben, mit „Hätz voll Jold“ haben die Musiker nun ein Lied mit großem Potenzial vorgelegt. „Die Nummer ist ein großer Schritt nach vorne und die Belohnung für die sehr disziplinierte Arbeit“, meint Reinhard Kröhnert. Eine wunderbare Wortkreation liefert Miljö im gewohnten Stil mit „Domstadtjunge“. Und auch Lupo meldet sich mit „Wat is he loss“ mit einer sehr soliden Nummer zurück. Einen guten Start in den umkämpften Kölner Musikmarkt hat die Gruppe Zesamm„ mit ihrer Popnummer „San Francisco“ erwischt, die durch tanzbaren Rhythmus mit schöner Choreografie auffällt. Auch Eldorado setzt mit dem Mottolied „Wenn Dräum widder blöhe“ den erfolgreichen Weg fort, das Stück ist in Zusammenarbeit mit Jörg Weber entstanden.
Welche ruhige Lieder können überzeugen?
Moritz Helf, besser bekannt als Mo-Torres, und Mike Kremer von Miljö haben gemeinsam die Bläck Fööss-Nummer „Alles hät sing Zick“ geschrieben und komponiert. Ebenfalls für die Fööss hat Helf das ruhige Stück „Du kriss Kölle nit us mir“ geschrieben. Auch Liederschreiber Nico Gomez und Juri Rother (Planschemalöör) waren an der Nummer beteiligt. „Eine wunderschön gesungene Ballade“, sagt Reinhard Kröhnert. Und Kasalla besingt mit „Leechterlooh“ den Nubbel – das alles zu einer keltisch angehauchten Melodik.
Gelingt Marita Köllner ein Cover-Hit?
Auf Mallorca hat Marita Köllner bei einer Schlagerveranstaltung den Musiker Chris Andrews kennengelernt, der 1965 den Hit „Yesterday Man“ schuf. Aus seiner Feder stammt ebenfalls das Stück „ To whom it concerns“, aus dem Köllner nun in Zusammenarbeit mit DJ Aaron die Cover-Nummer „Wir feiern das Leben“ gemacht hat. „Weil viele Menschen das Original nicht kennen dürften, wirkt es wie ein neues Lied. Marita Köllner hat damit einen kleinen Hit gelandet“, findet Kröhnert. Die Feuertaufe erleben die Bands allesamt am Elften im Elften bei ihren Auftritten.