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Update

Das gab es noch nie im Kölner Karneval
„Stattgarde Colonia Ahoj“ stellt das neue Kölner Dreigestirn

Lesezeit 4 Minuten
Ein Meer aus Blumen: In der Flora hat das Kölner Festkomitee  das designierte Dreigestirn vorgestellt. Die Wahl fiel auf die Stattgarde Colonia Ahoj mit Prinz René Klöver (Mitte), Bauer Michael Stamm (r.) und Jungfrau Marlis (Hendrik Ermen).

Ein Meer aus Blumen: In der Flora hat das Kölner Festkomitee das designierte Dreigestirn vorgestellt. Die Wahl fiel auf die Stattgarde Colonia Ahoj mit Prinz René Klöver (Mitte), Bauer Michael Stamm (r.) und Jungfrau Marlis (Hendrik Ermen).

Großer Jubel bei der Stattgarde. Erstmals stellt der Verein das Kölner Dreigestirn. Eine bsondere Hommage an Marie-Luise Nikuta hat das Dreigestirn auch in petto.

Nun schließt sich also der Kreis – vier Jahre nach dem Tod von „Mottoqueen“ Marie-Luise Nikuta. Die enge Bindung der Sängerin zur Stattgarde Colonia Ahoj war legendär, Nikuta wurde bei vielen Auftritten gefeiert, sie durfte das Vereinslied schreiben und wurde schließlich Ehrenmitglied. In der kommenden Karnevalssession wird der 2003 gegründete Verein erstmals das Kölner Dreigestirn stellen. Und an der Seite von Prinz René Klöver (58) und Bauer Michael Stamm (61) wird Hendrik Ermen (45) im Kleid der Kölner Jungfrau stehen. Sein Rufname: Jungfrau Marlis. „Ihr zu Ehren“ sei der Name gewählt worden, erzählt er. „Marie-Luise Nikuta hat uns Tür und Tor im Karneval geöffnet. Sie hatte nie Berührungsängste mit der queeren Community“, sagt er wertschätzend.

Vielfältiges Zeichen für die Liebe

Zum hippiehaften Sessionsmotto „FasteLOVEnd – Wenn Dräum widder blöhe“ darf nun das Trifolium der Stattgarde den Kölner Karneval vertreten und ein Zeichen für alle Spielarten der Liebe setzen. „Das Motto steht für die Flower Power-Zeit, für pure Lebensfreude und Freiheit. In diesen Krisenzeiten ist es uns wichtig, den Frieden mit unter den Regenbogen zu nehmen“, betont der designierte Prinz René Klöver, der einst bei den Amateuren von Bayer Leverkusen und beim FV Bad Honnef in der damaligen Oberliga Nordrhein zwischen den Pfosten stand. Und er lässt keinen Zweifel an der demokratischen Grundausrichtung des Karnevals: „Wir werden klare Kante zeigen gegen alles, was bräunlich eingefärbt ist“, betont er.

Das Motto steht für die Flower Power-Zeit, für pure Lebensfreude und Freiheit. In diesen Krisenzeiten ist es uns wichtig, den Frieden mit unter den Regenbogen zu nehmen
René Klöver

Obwohl die Stattgarde traditionell maritim angehaucht ist und auch das designierte Dreigestirn kleine Anker-Symbole auf Krawatte und Socken trägt, steht als Fotomotiv kein Tretboot, sondern ein historischer VW-Käfer vor der Flora. Bunte Blumensträuße stehen bereit, und schließlich zieren Prilblumen und eine weiße Taube das offizielle Sessionslogo. Der Entschluss, sich als Dreigestirn zu bewerben, sei voriges Jahr gefallen, das Konzept sei dann auf Norderney ausgearbeitet worden, wo der Bauer Michael Stamm eine Vermietung und Verwaltung von Ferienwohnungen betreibt.

Für die unterhaltsamen Momente ist am Freitag in der Flora Jungfrau Marlis zuständig. Früher habe er die Schule geschwänzt, um auf dem Heumarkt den Start der Karnevalssessions feiern zu können. „Das ist so crazy, dass ich jetzt selbst da oben stehen darf“, schwärmt der Stattgardist, der seinen Mann im Tanzkorps kennengelernt hat, „bei den schärfsten Schenkeln Kölns“, wie er humorvoll feststellt. Nun werden sie ihn bald Jungfrau Marlis rufen. Was Marie-Luise Nikuta davon hält? „Die schaut sicher vom Himmel zu uns runter und macht sich ein Piccolöchen auf“, vermutet er.

Der Bauer war schon „Sellerieprinz“ in Düsseldorf

Wie in jedem Jahr ist sich Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn auch dieses Mal ganz sicher, „das allerbeste Dreigestirn“ auserkoren zu haben. Bewerbungen habe es einige gegeben, und voriges Jahr hatte Prinz Sascha I. ausgeplaudert, erst beim zweiten Versuch den Zuschlag erhalten zu haben. „Es scheint fast zum Konzept geworden zu sein, eine Bewerbung als mehrjährigen Prozess zu sehen und erstmal die Denkweise des Festkomitees kennenzulernen“, erzählt Kuckelkorn. Der Auswahlprozess sei letztlich „ein hartes Casting“, in dem es darum gehe, die Kreativität und die Denkweise der Kandidaten zu erfassen.

Prinz René I. hat zwar einst das Trikot von Bayer Leverkusen getragen, hat aber seit 20 Jahren eine Dauerkarte auf der Südtribüne des 1. FC Köln. Bei Bayer hat er einst seine Ausbildung gemacht und arbeitet inzwischen als selbstständiger Berater für die chemische Industrie. Acht Jahre hat er den Stattgarde-Förderverein „Die Reederei“ geführt. Die karnevalistischen Wurzeln von Bauer Michael liegen in Düsseldorf, er gehörte zum Vorstand er KG Regenbogen, war „Sellerieprinz“ der närrischen Marktfrauen in Düsseldorf und spielt seit 2011 Schlagzeug in der Bordkapelle der Stattgarde. Mit seinen Kollegen sorge er „für richtig Bums auf der Bühne“, schwärmt er.

Hendrik Ermen wuchs auf einem Bauernhof in Kamp-Lintfort auf, nach einem Landwirtschaftsstudium leitet er nun im Landwirtschaftsministerium das Referat für die Überwachung von Saatgut, Düngemittel und Futtermittel. Er ist Trainer in einem Dackelclub, der Begriff „Bändiger“ sei jedoch treffender, meint er. Die mentale Gelassenheit hole er sich bei der Gartenarbeit. „Das ist für mich wie Yoga“, sagt er.