- Es wurde vereinbart, Corona-Leitlinien für die närrische Zeit aufzustellen.
- Das Festkomitee sichtet derzeit die Säle der Stadt, um Hygienekonzepte zu entwickeln.
- Mit sprach Jens Meifert sprach Festkomitee-Chef Kuckelhorn über die Herausforderungen während der Pandemie.
Köln – Die Jecken bereiten sich auf Karneval in der Corona-Krise vor. Am Wochenende tagte ein Gipfel mit Vertretern aus Köln, Bonn und Düsseldorf in der Staatskanzlei. Mit Festkomitee-Chef Christoph Kuckelkorn sprach Jens Meifert.
Herr Kuckelkorn, lernen wir in dieser Session Schunkeln auf Abstand?
Wir werden mit den Spielarten des Karnevals, wie wir ihn kennen, kreativ umgehen. Wir müssen den Karneval so zelebrieren, dass wir ihn mit den Corona-Schutzregeln vereinbaren und feiern können. Das ist eine Herausforderung, kann aber auch bunt und vielfältig werden.
Absagen ist keine Option?
Der Karneval hat eine unheimliche Kraft, und er wird durch die Menschen geprägt, die ihn feiern. Das machen die Jecken auch unorganisiert, das hat sich während des Golfkrieges gezeigt (Absage des Rosenmontagszugs 1991/Anm. d.Red.). Die Leute sind trotzdem losgezogen. Das Volk nimmt sich den Karneval, und wir versuchen, das zu organisieren.
Kölner Schals statt Kölner Lichter
Das Festkomitee unterstützt eine Schunkel-Aktion der Stattgarde Colonia Ahoj. Am kommenden Samstag, 18. Juli, wollen die Jecken zahlreicher Gesellschaften mit Vereins- oder Mottoschals ein Kette bilden und so Corona-gerecht auf Abstand schunkeln.
An diesem Tag hätten die 20. Kölner Lichter stattgefunden, sie mussten wie alle Großveranstaltungen aufgrund der Pandemie abgesagt werden. Die Jecken wollen sich um 11.11 Uhr vor ihren Stammlokalen treffen, kölsche Lieder singen und so ein positives Zeichen setzen.
Zwölf Gesellschaften haben zugesagt. Neben der Stattgarde sind das die KKG Blomekörfge, die KG Alt-Köllen, die Tanzgruppe Kölsche Harlekins, die KG Blau-Rot, die KG De Kölsche Madämcher, die Schmuckstückchen, die Burgwächter vun Hollwigg, die „Isenburger“ aus Holweide, die KG Goldmarie, die Große Ehrenfelder Rheinflotte und die KG Rodenkirchen.
Die symbolische Aktion soll nicht in Sommerkarneval oder eine große Party münden, sondern den Leuten Mut machen und zeigen, dass das Leben auch mit Corona-Regeln weitergeht. Jeder Jeck im Veedel ist eingeladen. Bilder dürfen und sollen in den sozialen Netzwerken gepostet werden. (mft)
#koelnerschals
Der Unterschied ist: Dieses Mal sind wir mehr denn je gefragt. Die Rahmenbedingungen sind schwierig, daher tragen wir eine große Verantwortung. Trotzdem steht die Gesundheit an erster Stelle: Es geht nicht darum, auf Teufel komm raus zu feiern, sondern Lösungen für etwas zu finden, das in großen Teilen sowieso stattfindet.
Ministerpräsiden Armin Laschet hat das Gegenteil gesagt: Straßenkarneval und Corona passten nicht zusammen. Hat Sie das geärgert?
Aus der heutigen Sicht mag das richtig sein. Aber: Wir haben gelernt, dass sich die Bedingungen sehr schnell ändern können, weil wir alle miteinander immer mehr über das Virus und die Ansteckungsarten lernen.
Es liegen nun einige Monate Corona-Krise hinter uns, und es sind noch drei Monate bis zur Sessionseröffnung, ein halbes Jahr bis zum Straßenkarneval. Wenn es mit den Lockerungen weitergeht, könnte es am Ende auch darum gehen, den Menschen die Angst zu nehmen, Veranstaltungen zu besuchen.
Was ist die Idee für den Elften Elften in der Kölner Altstadt?
Das A und O ist derzeit die Nachvollziehbarkeit, wer war mit wem wann und wo. Damit eine Infektionskette, wenn es sie gibt, unterbrochen werden kann. Dem ordnen wir uns natürlich unter. So könnte die große Veranstaltung auf dem Heumarkt in viele kleine unterteilt werden.
Mit einer großen Bühne, aber vielen Einzelbereichen, für die man sich registrieren muss, in denen bestimmte Hygieneregeln gelten, aber in denen man auch zusammen feiern kann. Es muss nachvollziehbar sein, wer da war. Generell gilt: Unter freiem Himmel lässt sich das besser gestalten als im Saal. Aber wir müssen viele Detailfragen weiter durchdenken.
Das heißt, es gibt Inseln von Feiernden auf dem Heumarkt?
Ganz genau. So ist es auch bei Autorennen auf dem Nürburgring oder in der Lanxess-Arena. Die verschiedenen Areale ließen sich gut ordnen, und bieten sich vielleicht auch an für kleine Spielchen. Wir wollen schließlich die Lust aufs Feiern wecken. Klar ist auch: Mit dem 11.11. senden wir ein wichtiges Signal. Gelingt das Feiern? Wenn nicht, wird es auch für die Session schwer.
Der Zugang soll über eine App geregelt werden. Wenn man an die Massen der Feiernden denkt: Lässt sich das überhaupt stemmen?
Der Karneval hat sich in Krisenzeiten immer bewährt. Das kann den Menschen auch Zuversicht geben. Ich würde die Funktion für die Bewältigung der Krise insgesamt nicht unterschätzen. Gerade der Verzicht oder die Reduzierung sozialer Kontakte fällt vielen unglaublich schwer. Aber ja: Es ist viel Arbeit.
Könnte das Konzept des Inselfeierns auch eine Blaupause für den Straßenkarneval 2021 sein? Es gibt die Idee, die Wagen an Plätzen aufzustellen.
Mit Sicherheit. Daran sehen Sie, dass wir bestimmte Szenarien durchspielen. Eine Idee ist: Wir kehren den Rosenmontag um: Der Zoch steht, und die Leute gehen von Platz zu Platz. Wieder mit einem speziellen Abstands- und Sicherheitskonzept. Wir haben uns von einem Zoch durch die Stadt aber nicht verabschiedet. Wir warten auch auf Konzepte der Wissenschaft.
Wie geht es konkret weiter?
Wir haben erste Ideen, die werden wir der Politik und den Experten präsentieren. Dann warten wir die Infektionsentwicklung nach dem Sommer ab, und passen die Veranstaltungen an die Szenarien an. Das wird nur in Abstimmung mit Behörden und Gesundheitsämtern gehen. Die konkrete Planung können wir sehr kurzfristig angehen, notfalls eine Woche vor dem 11.11.
Die Altstadt läuft im Karneval über. Müsste man dieses Mal nicht sagen: Kommt nicht von außen in die Stadt?
Der 11.11. ist für Touristen sehr einprägsam, für die Kölner selber steht er gar nicht so im Vordergrund. Es gibt weniger Spielfläche als in der Session, die Straßenräume müssen wir strukturieren, und wenn das alles etwas weniger wird, kann das den Karneval durchaus befruchten.
Viele schauen schon weiter auf die Sitzungen zu Beginn des Jahres. Wird es die in dieser Session geben können?
Wir schauen uns die Säle ganz genau an. Die Durchlüftung, die Eingangssituation, die Klimaanlagen. Gibt es Umwälzanlagen für die Lüftung? Wie lässt sich das Catering organisieren? Da geht es sehr in die Tiefe, so dass wir für jeden Ort einen Hygieneplan erstellen müssen.
Zur Person
Seit drei Jahren ist Christoph Kuckelkorn Chef des Kölner Festkomitees von 1823. Der 56-Jährige war zuvor zwölf Jahre Zugleiter. Gemeinsam mit seinem Vorgänger als Festkomitee-Chef, Markus Ritterbach, hat er viel frisches Blut und neue Ideen in den Karneval gebracht.
Bundesweit ist Kuckelkorn auch als Bestatter bekannt. Er hat in diesem Jahr ein viel beachtetes Buch geschrieben. Titel: „Der Tod ist dein letzter großer Termin.“ Er ist verheiratet und lebt in einer Patchwork-Familie. (mft)
Denn die Gesellschaften sind Ehrenamtler, und denen müssen wir es leichter machen, das Konzept mit den Ämtern abzustimmen. Letztlich wollen wir alle feiern, aber sicher.
Das heißt: Sie gehen von einem Sitzungskarneval aus?
Nochmal: Es ist noch viel Zeit, es kann viel passieren, und wir halten nicht stur an etwas fest. Aber mit dem Blick auf die letzten fünf Monate denke ich: Es müsste Wege geben.
Können die Gesellschaften das überhaupt stemmen? Wenn sie nur die Hälfte der Karten verkaufen?
Wir haben mit Saalbetreibern und Künstlern gesprochen. Wenn ein Saal halbvoll ist, kann ein ehrenamtlich arbeitender Verein das nicht decken. Das haben alle verstanden, es hat sich eine Art Solidargemeinschaft ergeben. Künstler erklärten sich bereit auf einen Teil der Gage zu verzichten, Saalbetreiber auf einen Teil der Miete.
Wir reden sehr viel über die großen Feste. Möglicherweise wird bei dezentral organisierten Feiern der Veedelskarneval ganz wichtig.
Es wäre ein Jammer, wenn es einen großen Zoch gibt, aber nicht die kleinen in den Vororten oder um Köln herum. Wir schauen auf die Pfarrsitzungen und in die Schulen und kleinen Vereine, weil diese Vielfalt den Karneval ausmacht. Das kostet Zeit, aber das werden wir schaffen, weil wir früh angefangen haben.