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ZwangsräumungGAG will betagte Mieter in Köln aus der Wohnung werfen

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Gerichtsakten (Symbolbild)

Gerichtsakten (Symbolbild)

Zwei ältere Männer in Köln-Vingst sollen ihre günstige Wohnung verlieren. Die GAG hat eine Zwangsräumung ansetzen lassen.

Die Wohnungsgesellschaft GAG Immobilien AG, die sich größtenteils im Besitz der Stadt Köln befindet, will zwei betagte Mieter aus ihrer Wohnung werfen. Ein Unternehmenssprecher bestätigte auf Anfrage, dass die GAG beim Amtsgericht Köln auf Zwangsräumung geklagt und einen Räumungstitel erwirkt hat. Die betroffene Wohnung in einem Sechsparteienhaus in Köln-Vingst soll am Donnerstag, 12. September, um 11 Uhr durch Vollstreckungsbeamte geräumt werden. Dann droht den beiden Mietern (Name und Adresse der Redaktion bekannt) die Obdachlosigkeit.

Gegen die Zwangsräumung macht der Sozialarbeiter und Aktivist Rainer Kippe von der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim (SSM) mobil. In dem seit 1979 bestehenden Wohn- und Arbeitsprojekt in einer ehemaligen Fabrik leben rund 30 Menschen in Selbstverwaltung, sie finanzieren ihr Leben ohne Sozialhilfe durch Wohnungsauflösungen, Verkauf von Secondhandmöbeln und mehr.

Köln: Mietern droht Zwangsräumung

Über die bevorstehende Zwangsräumung in Vingst sagt Kippe, die GAG wolle zwei alte Männer aus ihrem Zuhause vertreiben, „weil die beiden Schwierigkeiten haben, alleine ihre Wohnung in Ordnung zu halten“. Der eine der beiden sei schwer krank. Er habe, so Kippe, „aufgrund seines Pflegegrades auch Anspruch auf Haushaltshilfe, nur hat sich keine der vielen mit dem Falle bisher befassten Stellen und Personen um diese Maßnahme gekümmert, während man Zeit und Geld und Anwälte und Gutachter bemüht und bezahlt hat, um diese Lösung zu verhindern.“

Kippe hat einen Brief an Sozialdezernent Harald Rau geschrieben. Darin kritisiert er, die Stadt habe trotz seiner wiederholten Anfragen nichts unternommen. „Was jetzt geschieht, ist ein ganz unchristliches und für alle mit dem Falle befassten Beamten peinliches Wegschauen vor der Not“, schreibt Kippe an Rau. Er appelliert an den Beigeordneten, die GAG zu bitten, auf die Zwangsräumung zu verzichten, und Sozialarbeiter mit dem Fall zu betrauen.

Die Wohnungen der GAG in Köln sind vergleichsweise günstig. Eine Alternative zu finden ist schwer. Die GAG erklärte auf Anfrage der Rundschau: „In der besagten GAG-Wohnung leben ein Hauptmieter und sein Untermieter. Seit gut vier Jahren häufen sich Beschwerden der übrigen Mietparteien über Vermüllung in der Wohnung und im Keller sowie über extreme Geruchsbelästigung.“

Zwangsräumung in Köln soll am Donnerstag stattfinden

Mitarbeiter des GAG-Kundencenters und die zuständige Sozialarbeiterin im Quartier hätten die beiden Bewohner wiederholt kontaktiert, um eine Lösung zu finden. „Seitens der Sozialarbeiterin wurde auch versucht, eine Betreuung für die beiden zu installieren. Letztlich blieben alle Lösungsversuche erfolglos, und die Probleme im Haus hielten an“, so der GAG-Sprecher. Die GAG sei sich „ihrer Verantwortung für Menschen in schwierigen Lebenslagen durchaus bewusst“. Sie habe aber auch „eine Verantwortung gegenüber den in diesem Fall fünf anderen Mietparteien. Da es trotz mehrerer Versuche zu keiner wirklichen Lösung gekommen ist und die Probleme weiterhin bestehen, hat die GAG die Zwangsräumung der Wohnung beantragt.“ Diese finde am kommenden Donnerstag statt.

Eine Sprecherin des Amtsgerichts Köln sagte auf Anfrage, die Mieter seien nach mehreren Mahnungen der GAG nicht tätig geworden. Daraufhin habe die GAG ihnen fristlos gekündigt. Es habe zwei Besichtigungen der Wohnung und Sachverständigengutachten gegeben. Demnach sei die Wohnung unter anderem durch Schimmelbefall in einem so schlechten Zustand, dass die Bausubstanz angegriffen werde.

Eine Sprecherin des Sozialdezernats der Stadt Köln erklärte, zu dem konkreten Fall könne man aus Datenschutzgründen nichts sagen. Mieter, denen eine Räumung drohe, könnten sich aber jederzeit an die Stadt wenden. Grundsätzlich gelte: „Die Stadt Köln unterstützt zusammen mit den Trägern der Wohnungslosenhilfe wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen mit einer vielfältigen Angebotslandschaft. Die Verhinderung von Wohnraumverlusten hat darin einen hohen Stellenwert.“

Stadt Köln kann Mietern bei Verlust der Wohnung helfen

Ob die Maßnahmen erfolgreich seien, hänge von verschiedenen Faktoren ab. „Diese können sowohl rechtlicher Natur sein oder sich aus den objektiven Gründen des Einzelfalls ergeben.“ Bürger, die in Not geraten, sollten sich schnellstmöglich bei der Stadt melden, „damit die Probleme mit einem Unterstützungsangebot bewältigt werden können“. Je früher man sich melde, desto größer seien die Erfolgsaussichten.

Wem der Verlust der Wohnung drohe, der könne sich über das Bürgertelefon (115 oder 0221-221-0) an die Abteilung Wohnungsnotfälle im Amt für Soziales, Arbeit und Senioren wenden. In der Fachstelle Wohnen, Bereich Prävention, würden Mitarbeitende gerne bei der Sicherung der bewohnten Mietobjekte helfen, so die Sprecherin. Allen Kölnern biete die Stadt bei Verlust der Wohnung eine ordnungsbehördliche Unterbringung an.