Vorstand kontert KritikDarum erhöht die GAG in Köln die Mieten

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Neubau-Wohnungen der GAG am Stammheimer Ufer.

Neubau-Wohnungen der GAG am Stammheimer Ufer.

Die Chefinnen der GAG Immobilien AG erklären im Rundschau-Interview, warum sie die Kritik an den jüngsten Mieterhöhungen für ungerechtfertigt halten.

Die Mieterhöhungen bei der Wohnungsbaugesellschaft GAG, die sich zu 88,81 Prozent im Besitz der Stadt Köln befindet, haben zu massiver Kritik aus der SPD geführt. Der frühere GAG-Aufsichtsratsvorsitzende und SPD-Fraktionschef im Landtag, Jochen Ott, und der SPD-Ratsfraktionschef Christian Joisten griffen den Vorstand massiv an. Wir sprachen mit den beiden Vorständinnen Anne Keilholz und Kathrin Möller.

Hat Sie die Heftigkeit der Reaktionen überrascht?

Möller: Ich hatte bei den ersten Mieterhöhungen im November damit gerechnet, dass es Irritationen geben wird. Während der weitaus überwiegende Teil unserer Mieter – rund 98 Prozent – den Erhöhungen zugestimmt hat, fielen die Reaktionen aus der Politik heftiger aus als erwartet. Nachdem wir noch einmal erklärt haben, warum wir die Mieten für freifinanzierte Wohnungen erhöhen, dachten wir, damit sei das Thema geklärt. Die Welle an Vorwürfen, die jetzt erneut losgetreten wurde, hat uns sehr überrascht.

Haben Sie die Brisanz der Mieterhöhungen unterschätzt?

Keilholz: Wir haben den Eindruck, hier geht es gar nicht um unsere Mieter oder um die Sache. Einige wollen die GAG als politischen Spielball benutzen – für was auch immer. Dass die GAG jetzt derart an den Pranger gestellt und skandalisiert wird, ist erschreckend und ärgert nicht nur uns als Vorstand, sondern auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Ändern Sie nach der Kritik jetzt Ihren Kurs und nehmen die Erhöhungen wieder zurück?

Keilholz: Nein. Wir sind fest davon überzeugt, dass das, was wir tun, in der jetzigen Situation das Richtige ist, damit die GAG auch in Zukunft ein soziales Wohnungsunternehmen bleiben kann, das weiterhin günstige Wohnungen baut und saniert, darunter viele öffentlich geförderte. Und das weiterhin für eine soziale Quartiersentwicklung sorgt. Wir beschäftigen allein in der Sozialarbeit für unsere Quartiere 27 Menschen. Das ist nahezu einmalig in Deutschland.

Anne Keilholz (l.) und Kathrin Möller leiten das Wohnungsbauunternehmen GAG Immobilien AG.

Anne Keilholz (l.) und Kathrin Möller leiten das Wohnungsbauunternehmen GAG Immobilien AG.

Warum halten Sie die Vorwürfe für unberechtigt?

Möller: Wir haben unsere Mieten schon immer alle drei Jahre gemäß den gesetzlichen Vorgaben erhöht. Das tun andere Wohnungsgesellschaften im Übrigen auch. Der einzige Unterschied zu früher ist, dass wir angesichts stark steigender Kosten für Instandhaltung, Personal, Energie etc. beschlossen haben, künftig bis an den oberen Wert des Kölner Mietspiegels zu gehen, während es bisher der Mittelwert war.

Das freut einen als Mieter natürlich nicht besonders. Und es hat Ihnen den Vorwurf eingebracht, die GAG agiere unsozial und werde zur Preistreiberin auf dem Kölner Wohnungsmarkt.

Keilholz: Der GAG gehören etwa zehn Prozent der Wohnungen in Köln. Und die Hälfte davon sind öffentliche geförderte Wohnungen für Menschen mit geringem Einkommen und damit gar nicht von diesen Mieterhöhungen betroffen. Unser Einfluss auf den Mietspiegel ist also nicht so groß, wie er mitunter dargestellt wird. Und wir treiben nicht die Preise des Mietspiegels, sondern wir dämpfen sie, denn unsere Mieten liegen auch weiterhin alle weit unterhalb dessen, was am freien Markt verlangt wird. Daher ist es abenteuerlich, uns Preistreiberei unterstellen zu wollen. Das halte ich für blanken Populismus. Und der ist brandgefährlich.

Möller: Ende 2022 lag unsere durchschnittliche Kaltmiete bei 7,26 Euro pro Quadratmeter. Bei den geförderten Wohnungen waren es im Schnitt 5,90 Euro, bei den freifinanzierten 7,91 Euro. Auf dem freien Markt muss man fast doppelt so viel bezahlen – laut KSK-Marktbericht im Schnitt 13,71 Euro.

Rund 13 Euro Kaltmiete verlangt aber auch die GAG jetzt teilweise schon – etwa am Stammheimer Ufer.

Keilholz: Das sind schicke Neubauten mit hoher Energieeffizienz, hochwertiger Ausstattung und in bester Lage direkt am Rhein. Hier lag die Kaltmiete beim Einzug vor rund drei Jahren zwischen 11,00 und 11,80 Euro pro Quadratmeter. Ab August erhöhen wir sie auf 12,65 bis 13,55 Euro. Vergleichbare Wohnungen am Rhein kosten auf dem freien Markt erheblich mehr.

Möller: Im selben Quartier hat die GAG auch öffentlich geförderte Wohnungen gebaut. Dort zahlen die Mieter 6,32 Euro kalt. Wir schaffen gemischte Quartiere, in denen Menschen mit unterschiedlichsten Einkommen gemeinsam leben können. Die GAG ist auch eine Solidargemeinschaft. Vereinfacht gesagt: Die, die es sich leisten können, zahlen mehr, damit andere mit weniger Geld sich dort auch eine Wohnung leisten können.

Aber manche Mieter können sich die Mieterhöhung schlichtweg nicht leisten angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten.

Möller: Jede Mieterhöhung wird von uns vorab individuell geprüft. Wenn es nachvollziehbare Gründe gibt, warum jemand damit finanziell überfordert ist, dann finden wir gemeinsam eine Lösung. Zum Beispiel helfen wir Mietern, die Anspruch auf Wohngeld haben, aber noch nie welches beantragt haben, die entsprechenden Anträge zu stellen.

Das brachte Ihnen den Vorwurf der „Zweckentfremdung“ öffentlicher Gelder ein. Die Wohngeld-Reform sei nicht dazu da, Konzernen wie der GAG mehr Gewinn zu verschaffen, sondern die Mieter zu entlasten, betonten Jochen Ott und andere SPD-Abgeordnete.

Keilholz: Erstens: Wohngeld steht jedem zu, der anspruchsberechtigt ist. Zweitens: Die GAG braucht Gewinne, um ihr Eigenkapital zu stärken und auch in Zukunft investieren zu können. Ohne die Maßnahmen, die wir als Vorstand ergriffen haben, würde die GAG keinen Gewinn mehr erwirtschaften, sondern tief in die roten Zahlen rutschen. Darunter würde unsere Kreditwürdigkeit leiden. Und dann würde es uns noch schwerer fallen, in Neubauten und Sanierungen zu investieren, als es durch die hohen Zinsen und Baukosten ohnehin schon geworden ist.

Möller: Wir haben im Aufsichtsrat klar kommuniziert, was wir für den richtigen Weg angesichts steigender Kosten halten: Wir gehen an den oberen Wert des Mietspiegels – aber nur bei den freifinanzierten Wohnungen –, wir deckeln die Instandhaltungskosten und wir stellen kein zusätzliches Personal mehr ein. Der Aufsichtsrat hat uns unterstützt.

Haben Sie in der Kommunikation Fehler gemacht? In den Anschreiben haben Sie Ihren Mietern sofort gedroht, sie zu verklagen.

Möller: Der Wortlaut dieser Schreiben ist seit rund zehn Jahren unverändert und früher hat sich niemand darüber aufgeregt. Laut Gesetz haben wir die Mieter darüber zu informieren, dass eine Mieterhöhung notfalls per Klage durchgesetzt werden kann. Das machen andere Vermieter auch. Aber ich gebe Ihnen Recht, dass man solche Anschreiben besser formulieren kann. Weniger juristisch und leichter verständlich.

Keilholz: Verbessern kann man immer. Wir werden unsere Anschreiben überarbeiten, das ist bereits in Planung, dauert aber etwas, da es sich um automatisierte Verfahren handelt und alles neu programmiert werden muss.

Gegen wie viele Mieter klagt die GAG derzeit, weil sie die Erhöhung nicht bezahlen wollen?

Keilholz: Seit 1. Januar haben wir für rund 11.500 Wohnungen die Miete erhöht, weitere Mietanpassungen werden folgen. Bislang gab es 250 Zustimmungsklagen, von denen rund die Hälfte noch offen ist. Diese Zahlen zeigen, dass der Anteil derjenigen, die sich gegen eine höhere Miete wehren, nicht gestiegen ist. Es sind weiterhin rund ein bis zwei Prozent. Das war auch der Fall, als wir noch den Mittelwert des Mietspiegels angesetzt haben.

Ein Amtsrichter hat öffentlich erklärt, den Oberwert anzusetzen, finde er problematisch.

Möller: Diese Aussage gegenüber der Presse halten auch unsere Rechtsanwälte für sehr befremdlich.

Wie haben die Gerichte bisher geurteilt?

Keilholz: Bei den bislang erfolgten 250 Zustimmungsklagen gab es in ungefähr der Hälfte der Fälle eine nachträgliche Zustimmung zur Mietanpassung, Versäumnisurteile zu unseren Gunsten oder Vergleiche. In rund zehn Prozent der noch offenen Fälle wurde ein Gutachter bestellt. Stand heute war die GAG vor Gericht noch in keinem Fall unterlegen.


Der GAG-Vorstand

Die GAG Immobilien AG hat 633 Beschäftigte und wird seit zwei Jahren von einer weiblichen Doppelspitze geleitet. Nach dem Abschied des langjährigen Konzern-Chefs Uwe Eichner kam Anne Keilholz (57) im Juli 2021 nach Köln, um im GAG-Vorstand die Ressorts Finanzen und Personal zu übernehmen. Zuvor war sie Geschäftsführerin der Stadt und Land Wohnbauten GmbH in Berlin. Kathrin Möller (59) ist bereits seit 2009 im Vorstand der GAG aktiv. Die gelernte Architektin ist für die Bereiche Technik und Immobilienwirtschaft zuständig.

Im Jahr 2022 hat die GAG 1043 Wohnungen fertiggestellt, darunter 371 öffentlich geförderte Sozialwohnungen. Der Bestand wuchs auf 45 357 Einheiten. Die Durchschnittsmiete liegt dieses Jahr laut Plan bei 7,56 Euro.

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