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„Müssen den Bezirk zusammenhalten“Greven-Thürmer ist seit September Bürgermeisterin

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 Claudia Greven-Thürmer übernahm  letztes Jahr das Amt vorzeitig durch das Ausscheiden von Marco Pagano. 

Kalk – Seit dem 12. September 2019 ist Claudia Greven-Thürmer (SPD) Bezirksbürgermeisterin von Kalk. Sie übernahm das Amt vorzeitig durch das Ausscheiden von Parteikollege Marco Pagano. Im September 2020 will sie wieder antreten.

Frau Greven-Thürmer, Sie sind erst seit relativ kurzer Zeit Bezirksbürgermeisterin in Kalk. Wie kam es dazu?

Eigentlich wollte ich erst jetzt im September zur Kommunalwahl antreten. Als Marco Pagano aus beruflichen Gründen relativ spontan vom Amt zurückgetreten ist, war es eigentlich keine Frage, mich jetzt schon zur Wahl zu stellen. Es hätte doch merkwürdig ausgesehen, wenn ich gesagt hätte, im September 2020 ja, aber jetzt noch nicht.

Seit wann sind Sie in der Bezirksvertretung Kalk politisch aktiv?

Seit 2014 nach den letzten Kommunalwahlen sitze ich im Bezirksgremium für die SPD.

Welche Beweggründe hatten Sie, im Bezirk politische Arbeit zu leisten

Ich wollte vor Ort etwas verändern, für die Menschen da sein. Zunächst habe ich mich dabei ein wenig stärker auf Merheim fokussiert. Jeder von uns setzt sich dort, wo er wohnt etwas stärker ein, was nicht heißt, dass wir den Blick für das Ganze verlieren. Wir müssen den Bezirk zusammenhalten. Das ist eines der großen Ziele für die Zukunft.

Vorher waren Sie „einfache“ Politikerin im Bezirk, nun sind Sie die erste Kalker Bezirksbürgermeisterin. Hat sich damit etwas verändert?

Auf jeden Fall. Ich war selbst erstaunt. Die Menschen sprechen mich auf der Straße nun wesentlich häufiger an. Meist mit dem Einstiegssatz: Können Sie da nicht mal was machen?

Zur Person

Claudia Greven-Thürmer ist keine gebürtige Kölnerin. Die heute 62-Jährige wurde in Kleve am Niederrhein, nahe der holländischen Grenze geboren.

Das Studium der Sozialen Arbeit an der Katholischen Fachhochschule führte sie 1976 nach Köln. Und sie blieb.

Sie arbeitete zunächst bei der Arbeiterwohlfahrt, seit 14 Jahren ist sie als Sozialraumkoordinatorin für Buchheim und Buchforst im Bezirk Mülheim aktiv. Die „Buchheimer Selbsthilfe“, bei der die Sozialraumkoordination angesiedelt ist, steht unter der Trägerschaft der Arbeiterwohlfahrt, bei der sie von Anfang an arbeitet. Vor 20 Jahren trat sie der SPD bei. Auch beim Bürgerverein Merheim ist sie Mitglied.

Über 30 Jahre lebt Greven-Thürmer nun schon in Merheim. Sie ist verheiratet und hat eine Tochter. (swa)

Oder sie sagen, dass sie eine Idee haben. Die Bürger im Bezirk Kalk sind unwahrscheinlich aktiv. Das habe ich durch das Amt noch stärker feststellen können. Wir haben so viele Vereine, die sehr gute Arbeit leisten.

Hatten Sie zuvor keinen Kontakt zu den Bürgern?

Doch, schon. Aber als Bezirksbürgermeisterin werde ich viel stärker wahrgenommen, und ich biete ja Sprechstunden an, die sehr gut angenommen werden.

Was sind dabei die Themen, die die Menschen interessieren?

Manchmal sind es die vermeintlich kleinen Dinge wie mehr Mülleimer in Grünflächen oder an Sitzbänken, vor allem aber sind es Verkehrsprobleme, die häufig an mich und auch die anderen Bezirksvertreter herangetragen werden.

Ihr Vorgänger Marco Pagano zeigte zuletzt immer häufiger und unverblümt seinen Unmut darüber, dass Beschlüsse nicht umgesetzt werden oder es viel zu lange dauert, bis etwas passiert. Wie gehen Sie mit der Langsamkeit der Verwaltung um?

Ich sehe auch, dass vieles, was wir beschließen, vor allem im Bereich Verkehr, sehr langsam umgesetzt wird. Ich sehe aber auch, dass in den Fachabteilungen sehr viel gearbeitet wird und man sich bemüht. Wir müssen da einfach als Politiker weiter dranbleiben, nicht unbedingt Druck ausüben, aber den Finger immer wieder in die Wunde legen.

In den Sitzungen spürt man bei vielen Themen einen Konsens zwischen den Parteien.

Das stimmt, wir sind oft einer Meinung, aber eben nicht immer. Es geht uns um die Sache, nicht um fraktionelle Grabenkämpfe.

Der Stadtbezirk

Kalk zählt über 120 000 Einwohner. Die meisten davon leben im Ortsteil Kalk, dem bevölkerungsreichsten Stadtteil im gleichnamigen Bezirk. Es gehören die Orte Brück, Höhenberg, Humboldt/Gremberg, Kalk, Merheim, Neubrück, Ostheim, Rath/Heumar und Vingst zum Bezirk, der die Nummer 8 trägt.

Der Bezirk wurde im Zuge der kommunalen Neugliederung am 1. Januar 1975 gegründet. Die neun Stadtteile verteilen sich auf eine Gesamtfläche mit einer Größe von 38,34 Quadratkilometern. Erstmals erwähnt wurde der Bezirk Kalk bereits im frühen Jahr 1003 vom Kölner Erzbischof Heribert . (swa)

Wir haben fast alle einen ähnlichen Blick auf den Bezirk, und wir wollen, dass alles rund läuft bei uns in den Stadtteilen, es den Menschen hier gut geht und sie gern hier leben.

Glauben Sie, das wird auch im Wahlkampf für die kommende Kommunalwahl so weitergehen?

Das kann ich jetzt nicht voraussehen, glaube aber, dass sich das ein wenig ändern wird, die Themen werden sicherlich pointierter formuliert und vertreten. Aber wir werden immer auf Augenhöhe miteinander umgehen. Das war hier bei uns im Bezirk immer schon so, und darüber bin ich sehr froh.

Sie sprachen den Verkehr an. Aber es gibt auch andere große Problemfelder im Bezirk, etwa marode Schulen.

Ja, das stimmt. Wir haben viele Themen, die drängen. Wir brauchen dringend neue Schulen, vor allem Grundschulen, etwa in Merheim, Neubrück und Brück. Und die Situation in Kalk mit den langwierigen Sanierungen sind auch kein Zustand, der dauerhaft angelegt sein sollte. Es wird zwar gebaut, aber das müsste alles schneller gehen.

Was könnten Lösungen sein?

Wir müssen einen anderen Blick auf die Dinge werfen. Wir müssen viel erfinderischer werden und von Investoren großer Baugebiete mehr verlangen. Das funktioniert vielleicht auch mit Schulen so. Und die Stadt muss transparenter informieren. Mir haben sogar Schulleiter gesagt, dass sie nicht immer über den Stand der Dinge informiert würden. Das ist doch kein haltbarer Zustand.

Im Bezirk wird viel gebaut, aber mancherorts fehlt auch Grün. Was sagen Sie den Menschen, die sich für mehr Grün in Kalk einsetzen?

Wir haben mittlerweile eine Flächenkonkurrenz. Wir brauchen Wohnraum, Kitas, Schulen, aber auch mehr Grün in einigen Ortsteilen. Das sind Herausforderungen, die es in den nächsten Jahren zu meistern gilt.

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Die Menschen, die hierher ziehen, sollen sich wohlfühlen, und sie sollen bleiben. Der Bezirk hat eine gute Mischung an unterschiedlichen Kulturen zu bieten. Das müssen wir erhalten.

Die Bezirksvertreter haben einen Auftrag formuliert, mehr Flächen, die entsiegelt werden könnten, zu suchen. Läuft die Suche noch?

Ja, wir schauen nach Flächen, die unserer Meinung nach aufgebrochen werden könnten. Nehmen wir den Stadtteil Kalk: Neulich ist mir aufgefallen, dass der Gehweg an der Kalker Hauptstraße vor den Arcaden sehr breit ist. Da habe ich mich gefragt, warum ist das hier so? Da könnte man zum Beispiel Bäume pflanzen, das kann auch in Kübeln funktionieren. Wir müssen aber auch darauf hinwirken, dass Fassaden oder Dächer stärker begrünt werden, sodass insgesamt ein grüneres Bild entsteht.

Nach einem Jahr im Amt stehen bald Wahlen an. Werden Sie wieder kandidieren?

Ja, ich habe vor, meinen Titel zu verteidigen (lacht).