AboAbonnieren

Update

Bombenfund Merheim
Evakuierung der Kliniken nach Plan – Anwohnende müssen Freitag raus

Lesezeit 4 Minuten
Der Umlagerungsraum an der Notaufnahme im Merheimer Krankenhaus.

Der Umlagerungsraum an der Notaufnahme im Merheimer Krankenhaus.

Weil gleich drei Krankenhäuser im Gefahrengebiet liegen, kommt es zur aufwendigsten Evakuierungsmaßnahme in Köln seit dem Zweiten Weltkrieg.

Das schlimmstmögliche Ereignis ist am Mittwochmorgen ausgeblieben. Neun Verdachtspunkte mit insgesamt 21 Auffälligkeiten im Boden untersuchte der Kampfmittelbeseitigungsdienst – und fand dabei eine amerikanische Zehn-Zentner-Bombe. Bis Freitag müssen nun das Krankenhaus in Merheim, die LVR-Klinik und die RehaNova-Klinik evakuiert werden. Weil es sich nicht um einen Blindgänger handelt, der unmittelbar entschärft werden muss, müssen Anwohnende ihre Wohnungen erst am Freitagmorgen verlassen. Insgesamt sind 6400 Anwohner betroffen. Bombenentschärfungen gehören in Köln schon fast zur Tagesordnung. Doch dieser Fall ist besonders. Weil gleich drei Krankenhäuser im Gefahrengebiet liegen, kommt es zur aufwendigsten Evakuierungsmaßnahme in Köln seit dem Zweiten Weltkrieg. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was haben die Einsatzkräfte genau gefunden?

Es handelt sich um eine amerikanische Zehn-Zentner-Bombe mit Front- und Heck-Aufschlagzünder, die in unmittelbarer Nähe zum Hubschrauberlandeplatz der Kliniken gefunden wurde. Außerdem wurde ein sogenannter „Zerscheller“ – also eine Bombe, die bereits im Krieg explodiert war – und drei Abwurfbehälter mit Stabbrandbomben gefunden. Letztere wurden bereits abtransportiert. Der unwahrscheinliche Fall des Funds eines Sprengkörpers mit sogenannten chemischem Langzeitzünder, der deutlich unkontrollierbarer ist und jederzeit explodieren könnte, ist ausgeblieben. Die umfassenden Untersuchungen des Bodens waren nötig, weil in Merheim Bauarbeiten für einen neuen Gesundheitscampus anstehen. Zuständig für die Entschärfung ist der Kampfmittelbeseitigungsdienst der Bezirksregierung Düsseldorf.

Wie läuft die Evakuierung der Krankenhäuser ab?

Die Verlegung der Patienten gleicht einer Mammut-Aufgabe. Bis in die Abendstunden lief am Mittwoch die Evakuierung des Merheimer Krankenhauses. Wochenlang erarbeiteten die Verantwortlichen die Pläne dafür. Mit bis zu 100 Einsatzkräften und bis zu 50 Fahrzeugen verlegte der Rettungsdienst 287 Patientinnen und Patienten. Am Donnerstag steht die Evakuierung der RehaNova-Klinik mit 70 Patienten an. Die LVR-Klinik mit 285 Patienten folgt am Freitag. Für die Feuerwehr ist dieser Einsatz eine Ausnahmesituation und eine große Herausforderung“, sagte Feuerwehrsprecher Ulrich Laschet. Es sei beeindruckend zu sehen, wie gut alle Zahnräder ineinander greifen, freute sich Professor Axel Goßmann, Geschäftsführer der Kliniken. Er sei stolz darauf, dass die lange geplante Evakuierung so reibungslos ablaufe.

Wohin werden Patienten verlegt?

Zunächst in die Partnerkrankenhäuser in Holweide und ins Kinderkrankenhaus auf der Amsterdamer Straße. „Dazu haben wir viel Hilfe von allen umliegenden Krankenhäusern angeboten bekommen“, sagte Daniel Dellmann, kaufmännischer Geschäftsführer der Kliniken. Beim Transport unterstützen Einsatzkräfte aus ganz Nordrhein-Westfalen. Viele Kräfte von Hilfsorganisationen helfen ehrenamtlich. Im Umlagerungsraum an der Notaufnahme in Merheim, in dem Patienten für den Transport vorbereitet werden, seien gut 80 Prozent der Einsatzkräfte ehrenamtlich tätig, erklärt Feuerwehrsprecher Laschet.

Bei den Transporten helfen Einsatzkräfte aus ganz NRW.

Bei den Transporten helfen Einsatzkräfte aus ganz NRW.

Können alle Patienten verlegt werden?

Nein. Es gibt Patienten, bei denen der Transport ein zu hohes medizinisches Risiko bedeuten würde. „Das sind Patienten mit schweren Brandverletzungen, für die jede Bewegung schwierig ist. Oder Patienten, die an ganz viele Maschinen angeschlossen sind“, erklärte Daniel Dellmann, kaufmännischer Geschäftsführer der Kliniken.

Das Safehouse auf dem Gelände der Kliniken in Merheim.

Das Safehouse auf dem Gelände der Kliniken in Merheim.

Was passiert mit diesen Patienten?

Für diese Intensivpatienten haben die Kliniken in Absprache mit allen Behörden ein sogenanntes Safehouse eingerichtet. Holzpaneele schützen dort Fenster und Fassaden zum einen vor der Druckwelle, vor allem aber vor möglicherweise herumfliegenden Schrapnell- und Metallteilen. Patienten kommen ohnehin nur in der Mitte des Gebäudes unter. Gegen eine mögliche Druckwelle bei der Detonation sollen vor allem mit Wasser gefüllte Container schützen. Innerhalb des Safehouses, das etwa 300 Meter von der Fundstelle des Sprengkörpers steht, ist Platz für bis zu 70 Patienten. Mit Personal werden sich dort bis zu 150 Personen aufhalten.

Wie läuft die Evakuierung der Wohnhäuser ab?

Das Ordnungsamt startet den ersten von zwei Klingelrundgängen für die Evakuierung am Freitag um 9.30 Uhr. In einem Radius von 500 Metern sind in Merheim und Neubrück rund 5400 Haushalte mit insgesamt über 10.000 Menschen betroffen. „Wir haben diesen historischen Einsatz seit Wochen geplant und sind auf den Punkt genau vorbereitet“, sagt Ordnungsamts-Chef Ralf Mayer. Das Ordnungsamt ist mit 300 Kräften im Einsatz. Dazu kommen viele ehrenamtliche Helfer. Für in der Mobilität eingeschränkte Anwohner stehen Transportmöglichkeiten zur Verfügung. Die Motivationslage der Einsatzkräfte laut Mayer: „riesig“.

Der finale Radius

Der finale Radius

Wo können betroffene Anwohner unterkommen?

Die Stadt hat in der Aula der Gesamtschule Holweide (Burgwiesenstraße 125) eine Anlaufstelle für Anwohnende des Gefahrenbereichs eingerichtet. Sie öffnet am Freitag ab 9.30 Uhr. Die Stadt setzt Pendelbusse ein, die Betroffene dorthin fahren. Die Busse starten an der KVB-Haltestelle Ludwig-Quidde-Platz und halten an den KVB-Haltestellen Straßburger Platz und Europaring.

Wann soll der Einsatz abgeschlossen sein?

„Wenn alles nach Plan verläuft, gehen wir davon aus, dass die Bombe am Freitag um die Mittagszeit entschärft werden kann“, sagt Mayer. Danach können alle Anwohnenden zurück in ihre Wohnungen und der Rücktransport der Patienten in die drei Krankenhäuser beginnt. Das Ziel des Ordnungsamtes sei es, den Einsatz am Freitag noch im Hellen zu beenden.

Die Stadt beantwortet auf ihrer Webseite alle wichtigen Fragen zur Evakuierungsmaßnahme in einem FAQ.