Das 37-jährige Opfer war wohl ein Bauernopfer. Sein Bruder hatte die Familie der Angreifer beleidigt.
Lynchmob von HöhenbergKölner Staatsanwaltschaft beantragt erneut lebenslängliche Haftstrafen
Auch im zweiten Prozess um den sogenannten „Lynchmob von Höhenberg“ gegen zwei Angeklagte (56 und 24) hat die Staatsanwaltschaft am Mittwoch lebenslängliche Haftstrafen beantragt. Beide Angeklagte seien des gemeinschaftlichen heimtückischen Mordes aus niedrigen Beweggründen schuldig. Bei beiden Angeklagten sei zudem die besondere Schwere der Schuld festzustellen. Sollte dies tatsächlich so geschehen, dann könnten die beiden Angeklagten nicht nach 15 Jahren Haft auf Bewährung entlassen werden.
Bereits Anfang der Woche hatte die Anklage in einem Parallelverfahren ebenfalls auf lebenslange Haft und die besondere Schwere der Schuld plädiert. Anlass für die hohen Strafforderungen ist ein Verbrechen, dass einem den Atem stocken lässt: Im März 2022 schlagen rund 30 Täter – mutmaßlich alle Mitglieder einer Roma-Großfamilie – in Höhenberg einen Mann (37) brutal zusammen. Dabei kommen auch ein Hammer und ein Messer zum Einsatz.
Der Vater von zwei jungen Töchtern wird so erheblich verletzt, dass er wenige Tage später in einem Krankenhaus verstirbt. Der Grund für die Gewaltorgie: Der Bruder des 37-Jährigen hatte in der Nacht zuvor per Facebook-Livestream rund fünf Stunden lang Beleidigungen und Drohungen der übelsten Sorte über die Familie ausgekübelt. Dabei hatte der Mann auch die Toten der Familie beleidigt, was „in der Roma-Kultur besonders verwerflich“ sei, so der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Da der Beleidiger sich in Serbien aufhielt, hätten sich die Täter als Bauernopfer den 37-Jährigen gegriffen, so der Staatsanwalt. Wichtigstes Beweismittel ist ein Video, das die Tat zeigt.
Verteidigung fordert Freispruch
Wie im Parallelverfahren haben auch der 56- und der 24-Jährige selbst keine Hand an das Opfer gelegt. Das sieht auch der Staatsanwalt so. Dennoch seien die Angeklagten als Mittäter eines Mordes schuldig zu sprechen. Denn beide hätten von dem Racheplan gewusst und ihn gebilligt.
Pantea Farahzadi, Verteidigerin des 24-Jährigen, kann nur „von der Staatsanwaltschaft konstruierte Tatbeiträge“ erkennen. Objektive Beweise für einen Racheakt? Fehlanzeige, meint Farahzadi. Statt mitzumachen, habe ihr Mandant als einziger am Tatort versucht, einen Täter abzuhalten. Das Resümee der Verteidigerin: „Die Hauptverhandlung hat nichts, aber auch gar nichts erbracht, was die Schuld meines Mandanten beweist.“ Sie plädierte auf Freispruch.
Auch Ingmar Rosentreter, Verteidiger des 56-Jährigen, verlangt einen Freispruch. Unerträglich fand Rosentreter, dass seinem Mandanten von der Kammer „ein Lebenslang mit besonderer Schwere der Schuld reingeknallt“ werden könnte, während der Haftbefehl gegen einen anderen, flüchtigen Verdächtigen aufgehoben wurde.