AboAbonnieren

Interview mit Kölns Generalvikar„Es darf keine Diskriminierung geben“

Lesezeit 4 Minuten
Der Kölner Generalvikar Guido Assmann.

Der Kölner Generalvikar Guido Assmann.

Generalvikar Guido Assmann spricht im Rundschau-Interview über umstrittene Segnungsgottesdienste für homosexuelle Menschen.

Wie geht die katholische Kirche mit Paaren in homosexuellen Beziehungen um? Raimund Neuß sprach mit dem Kölner Generalvikar Guido Assmann vor dem für heute Abend geplanten Segnungsgottesdienst.

Erste Frage an den Seelsorger Guido Assmann: Der Münchner Kardinal Reinhard Marx ist gefragt worden, ob er ein homosexuelles Paar segnen würde. Seine Antwort: Warum nicht? Wie würden Sie antworten?

Wenn Menschen mich um meinen Segen bitten, würde ich auch den einzelnen Menschen segnen. Das kann und sollte jeder Priester tun: den einzelnen Menschen segnen. Ihm zuzusagen: Du bist ein von Gott geliebter Mensch, so wie Du bist, und ich bin bei Dir.

Den einzelnen segnen – oder auch das Paar, die Beziehung?

Marx wurde meines Wissens nach gefragt, ob er Paare segne? Er hat geantwortet, er werde Menschen segnen. So antworte ich auch.

Am Mittwochabend wollen sich bei einem Gottesdienst in Köln viele Menschen, auch viele Paare segnen lassen. Was halten Sie davon?

Wenn Menschen mit Gott in Berührung kommen und gemeinsam Gottesdienst feiern wollen, beten und singen wollen, ist das etwas Wunderbares. Ich gehe davon aus, dass das auch an diesem Abend so geschehen wird.

In Mettmann gab es Auseinandersetzungen um die Segnung eines homosexuellen Paares. Müssen sich Mitarbeitende des Erzbistums, die solche Segnungshandlungen vornehmen, auf Sanktionen einstellen?

Es ist doch viel wichtiger, welchen Wunsch die Menschen haben, die zu einem solchen Gottesdienst kommen. Was möchten sie erleben? Doch wohl: Gottesdienst feiern – an einem sicher ungewöhnlichen Ort. Das ist viel wichtiger als das Fokussieren auf rechtliche Formulierungen und darauf, was einem Einzelnen dann passiert.

Im Fall Mettmann hat der zuständige Pfarrer Ihre Intervention aber sogar als Abmahnung verstanden. Das kommt nicht wieder vor?

Wir schauen hier auf eine Situation zurück, die nicht dadurch besser wird, dass wir sie wiederholen. Viel wichtiger ist, auf die Menschen zu schauen, die zum Gottesdienst kommen. Ob zum Segnungsgottesdienst oder zu einer Andacht bei der anstehenden Dreikönigswallfahrt – sie gehören zur Gemeinde Christi, und ihnen die Liebe Gottes zuzusprechen ist die Aufgabe des Seelsorgers.

Nur heiraten dürfen homosexuelle Paare nicht, das wird gerade bei dem Segnungsgottesdienst wieder deutlich.

Ich kann gut verstehen, wie diese Menschen darum ringen, ihre Beziehung auch in der Gemeinschaft der Kirche leben zu können. Auch unser Erzbischof sieht dieses Ringen, das nehme ich immer wieder wahr. Wir haben aber viele pastorale Möglichkeiten, miteinander ins Gespräch zu kommen und miteinander Gottesdienst zu feiern. Sicher hatte die Kirche hier zuletzt Defizite. Es wäre aber zu kurz gegriffen, das auf Segenshandlungen allein zu fokussieren.

Aber so lange die kirchliche Lehre bleibt, wie sie ist, wie soll so ein Gespräch laufen?

Es ist zentral, dass sich jeder als von Gott geliebter Mensch erfahren kann und dass es in unserer Kirche keinerlei Diskriminierung geben darf. Jeder muss sich in unsere Gemeinden einbringen dürfen, unabhängig von seiner Orientierung. Das sollte selbstverständlich sein, ist es vielleicht noch nicht überall. Wo Diskriminierungen vorkommen, müssen wir die Stimme dagegen erheben. Und wir müssen überhaupt das Gespräch führen, miteinander und nicht übereinander. Über das Thema ist viel zu lange geschwiegen worden.

Was wünschen Sie sich für Mittwochabend?

Mein Wunsch ist es, dass ein Gottesdienst gefeiert wird, in dem wirklich Gott in der Mitte steht. Dass Gottesdienst also nicht als Protest gegen irgendetwas verstanden wird. Dann würde Gottesdienst verzweckt. Außerdem wünsche ich mir, dass wir weiterhin ins Gespräch kommen können hinsichtlich der Lebensformen, der Gewissensentscheidung des einzelnen. Dass Fronten sich nicht verhärten, sondern wir im Gespräch bleiben über Liebe, Ehe, Partnerschaft, Weitergabe des Lebens, auch Brüche im Leben. Mag sein, dass wir an einem Punkt feststellen, wir sind hier nicht einig – aber wir sind als Christen gemeinsam unterwegs, es bilden sich keine Fronten. So sollen wir auch in der großen Weltkirche Einheit und Frieden bewahren.

Aber was wird aus dem Zusammenleben ohne Fronten, wenn Rom wieder mal wie im Fall Mettmann interveniert?

Ich kann bei jeder Art von Konflikten nur transparent mit den Betroffenen sprechen und gemeinsam mit ihnen Lösungen suchen.

Also nicht einfach Druck aus Rom weitergeben?

Ich persönlich habe bisher keinen Druck wahrgenommen.