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Interview mit Comedian Maria Clara Groppler„Ich habe mich in Köln verliebt“

Lesezeit 7 Minuten

Sieht ungefährlich aus – kann aber ganz schön direkt sein: Maria Clara Groppler.

  1. Maria Clara Groppler begann bereits als 17-Jährige mit der Stand-up-Comedy.
  2. Zudem ist sie regelmäßig in eigenen Sketch-Formaten zu sehen, die in Zusammenarbeit mit anderen Comedians entstehen.

Am Alter Markt, gegenüber unserem Café, steht eine Hochzeitsgesellschaft. Sämtliche Männer tragen Narrenkappen. Daraus ergibt sich die erste Frage an Maria Clara Groppler.Warum sind Sie von Berlin nach Köln gezogen?Ursprünglich zum Studieren, ich habe ein Semester Online-Redaktion an der TH gemacht. Aber vor allem wegen der Comedyszene. Nach meinem Auftritt bei NightWash 2018 war mir klar, hier gibt es das Publikum, hier kann man groß werden und auch Geld mit Comedy verdienen.

Haben sich Ihre Erwartungen an Köln bislang erfüllt?

Erwartungen können enttäuscht werden, deshalb gehe ich lieber ganz offen an Sachen heran. Umso positiver wurde ich hier überrascht. Meiner Mama habe ich schon gesagt, tut mir leid, ich komme nicht mehr zurück, weil ich mich in Köln verliebt habe.

Zur Person

Maria Clara Groppler wurde 1999 in Kleinmachnow bei Berlin geboren. 2018 machte sie ihr Abitur, hatte jedoch bereits zuvor, als 17-Jährige, mit Stand-up-Comedy begonnen.

Zum Sprungbrett wurde ihr Auftritt in der Kölner Comedy-Reihe NightWash im November 2018. Beim dortigen Talent Award belegte sie den 2. Platz und steht seitdem deutschlandweit auf der Bühne. Ebenso folgten Auftritte in Radio und Fernsehen. Wie sie an verschiedensten Sketch-Formaten teilnimmt, so organisiert sie auch eigene. In Köln, wo sie seit 2019 lebt, geht regelmäßig die „Killer Comedy“-Show über die Bühne. Ihr erstes abendfüllendes Programm legte sie 2020 mit „Jungfrau“ vor. Coronabedingt wurden allerdings dieses Jahr viele Termine abgesagt.

Maria Clara Groppler wohnt in der Kölner Innenstadt.

Nächster Auftritt: 13.September, 16 Uhr, Killer Comedy, diesmal im Sion Sommerkino im Rheinauhafen, Harry-Blum-Platz 1.

www.mariaclaragroppler.de

Wie manifestiert sich diese Liebe?

Durch die tollen Freunde, die ich hier getroffen habe. Und durch diese nette Art der Kölner. In Berlin wirken die Bäcker so, als hätten sie überhaupt keine Lust auf Menschen. In Köln geht es viel herzlicher zu, da kommt man direkt ins Gespräch. Außerdem gefällt mir, dass das hier eine Großstadt mit Dorf-Feeling ist.

Alle Portraits über Sie betonen, dass Sie gern Tabus brechen und es in Ihren Sketchen oft um Sex geht.

In Deutschland ist das Reden über Sex tabuisierter als in den USA. Würde man nicht denken, aber die Comedians dort sind in der Hinsicht viel direkter. Umso mehr Aufsehen erregt es, wenn da wie in meinem Fall eine Frau drüber spricht. Und hinzu kommt eben auch noch mein Äußeres − mich halten alle für die Süße und Liebe, von der man sowas nicht erwartet.

Was ist der Unterschied zwischen Comedy und Kabarett?

Kabarett geht oft in die Richtung: Ja, die CDU ist blöd und Horst Seehofer und Angela Merkel auch. Stand-up-Comedy ist vielleicht weniger direkt politisch, aber dafür gesellschaftskritischer. Bei uns geht es oft um Ungerechtigkeit.

Nehmen Sie allein die vielen Comedians mit Migrationshintergrund, die auf lustige Art über ihre Erfahrungen in Deutschland reden.

Als Ostdeutsche haben Sie hier auch einen Migrationshintergrund.

Und ich bin zu einem Viertel vietnamesisch, mein Opa ist aus Vietnam eingewandert.

Wie enttabuisiert man Sex?

Ich rede ja nicht plump darüber. Zum Beispiel kritisiere ich, dass Frauen noch immer die Anti-Baby-Pille mit allen Nebenwirkungen nehmen, während die Forschung zur Männerpille genau wegen der Nebenwirkungen eingestellt wurde. Sowas nervt mich, und dasselbe gilt für den Umgang mit Dickpics.

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Also mit unverlangt zugesandten Penisfotos.

Das machen Männer anonym im Internet. Indem man es auf der Bühne publik macht, wird es immerhin zum Thema und problematisiert.

Was lernt man als weibliche Comedian über Männer?

Ich will nicht pauschalisieren, es gibt auch tolle Männer. Aber die sexuelle Belästigung, die ich erfahre, ist schon massiv. Das geht von den erwähnten Fotos bis zu extrem sexistischen und Hasskommentaren.

Sie sind gerade mal 21. Wie schaffen Sie es, da drüber zu stehen?

Na ja, das war vor allem am Anfang nicht einfach und hat mich auch traurig gemacht. Inzwischen lese ich solche Kommentare gar nicht mehr. Oder ich nutze sie für die Bühne, indem ich Hasstexte vorlese, lustig kommentiere und auf diese Art zurückdisse. Im übrigen pushen solche Meldungen auch meinen Algorithmus, und ich werde dadurch bekannter. (lacht)

Ihnen sei nichts peinlich, sagen Sie. Stimmt aber nicht, oder?

Mir sind schon Sachen peinlich. Ich habe zum Beispiel mal ins Bett gepinkelt, als mein Freund neben mir lag – also jetzt Ex-Freund. Das war schon peinlich, aber ich habe dann einfach so getan, als hätte ich Wasser umgekippt. Spätestens jetzt weiß er, dass es kein Wasser war, weil ich die Geschichte auf der Bühne erzähle. (lacht)

Vergessen Sie manchmal Ihren Text?

Ja, gestern noch. Aber dann sage ich das dem Publikum ganz offen und setze neu an. Meistens kommt das sogar ziemlich lustig rüber, und das zeigt auch, dass man menschlich ist und Fehler macht.

Konnten Sie schon als Kind gut Witze erzählen, oder waren Sie eher das schüchterne Entlein aus der letzten Reihe?

Ich war schon immer sehr offen und gerne albern. Ich habe auch früh mit Theater angefangen.

Welche Rolle war die erste?

Mit fünf Jahren, ich war ein Hund. Dafür trug ich ein lustiges Kostüm und musste an einen Stuhl pinkeln.

Dann sind wir ja wieder beim Thema.

Stimmt. (lacht) Die Leute haben sich schlappgelacht und ich fand den Moment unglaublich cool. Das wollte ich öfter erleben.

In Ihrer Heimatstadt Kleinmachnow haben Kurt Weill und Lotte Lenya gelebt.

Kenne ich nicht, obwohl meine Oma dort im Heimatverein ist. Aber Horst Mahler, der RAF-Anwalt und Neonazi, hat da auch gewohnt, und Bushido hat ein Haus bei uns.

Warum liegt Kleinmachnow nicht bei Großmachnow, sondern über 30 km entfernt?

Keine Ahnung. Aber Kleinmachnow ist auch größer als Großmachnow. (lacht)

Ihr erstes abendfüllendes Programm heißt „Jungfrau“. Wie schwer war der Sprung vom kurzen Sketchauftritt zur eigenen Show?

So ein Programm zu entwickeln, ist schon nicht leicht. Mir gefällt, dass man ausführlich werden kann. Die Zuschauer lernen mich als Person kennen, weil ich viel aus meinem Leben auf lustige Weise preisgebe.

Wie erarbeiten Sie sich die Lustigkeit eines Beitrags?

Neue Gags probiere ich zum Beispiel bei meiner Kölner Stand-Up-Veranstaltungsreihe „Killer Comedy“ aus, die regelmäßig im „Hillebrands“ stattfindet. Jenseits dessen stehe ich rund fünf Mal pro Woche auf der Bühne, und was nicht funktioniert, kommt raus. Schließlich versucht man ja, möglichst viele Gags möglichst nahe aneinander zu setzen.

Wie trimmen Sie sich auf lustig, wenn Sie eigentlich schlecht gelaunt sind?

Das kommt von selbst, sogar nach richtigen Misttagen. Kurz vor dem Auftritt kickt das Adrenalin, und dann läuft es.

Stand-up machen Sie, seit Sie 17 sind. Haben Sie auch etwas Anständiges gelernt?

Das Studium habe ich ja abgebrochen, weil die Karriere hier in Köln dann richtig losging. Selbst meine Mutter fordert nicht mehr, dass ich zur Uni gehe, seit sie mein Konto kennt. (lacht)

Was würden Sie in Zukunft gern lernen?

Ich würde mehr schauspielern. Und ich möchte irgendwann Gesangsunterricht nehmen. Carolin Kebekus finde ich da total super, weil die eben alles kann.

Wie lange muss Corona noch andauern, bis Sie putzen gehen?

Ich hab was gespart, und ich lebe nicht besonders verschwenderisch. Durch Instagram, meinen Podcast und die große Verbreitung bekomme ich inzwischen auch kleine Werbeaufträge, das geht gerade los.

Nun ein paar hochpolitische Fragen: Sind Sie für oder gegen Atomkraft?

Eigentlich dagegen. Aber im Vergleich zu Kohle ist Atomkraft viel umweltfreundlicher, was den CO2-Ausstoß angeht. Deshalb finde ich das schwierig zu beantworten.

Bio oder vegan?

Bio sowieso, aber ich lebe auch vegan.

Reissdorf oder Gaffel?

Gaffel.

1. FC Köln oder Hertha BSC beziehungsweise FC Kleinmachnow?

(lacht) Für Fußball interessiere ich mich überhaupt nicht. Ich mache nur Yoga.

Wer sind Sie in zehn Jahren?

Dann habe ich ein bis zwei Kinder und lebe mit meinem Mann in oder bei Köln. Ich habe Soloauftritte in Hallen zwischen mindestens 500 und 1000 Leuten und vielleicht eine eigene Fernsehshow. Auf jeden Fall werde ich das Leben genießen und glücklich sein.