Köln – Die einrichtungsbezogene Impfpflicht hat bisher kaum Auswirkungen auf ungeimpfte Personen in Pflegeeinrichtungen. 372 Einrichtungen hatten insgesamt über 3500 Ungeimpfte an das Gesundheitsamt gemeldet, im schlimmsten Fall drohten diesen Personen Tätigkeits- und Betretungsverbote der Einrichtungen oder Bußgelder (siehe Infobox). Bis heute hat das Gesundheitsamt keine Sanktionen verhängt. Das teilte die Stadt auf Anfrage mit. Träger von Kölner Pflegeeinrichtungen wie die Sozial-Betriebe Köln, die Diakonie Michaelshoven oder der Caritasverband Köln bestätigten das.
Knapp 2000 offene Fälle
Warum Sanktionen bisher ausblieben, hat unterschiedliche Gründe. Der erste und erfreulichste: Von 1562 Fällen, die das Gesundheitsamt in einer eigenen Fachabteilung mit sechseinhalb Vollzeitkräften bereits abgeschlossen hat, haben 1494 Personen einen Impfnachweis nachgereicht. Beim Rest bestanden Zweifel an der Echtheit des Impfnachweises, die aber ausgeräumt werden konnten. „Insgesamt hat die Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht in Köln also dazu geführt, dass sich die Zahl der Geimpften unter den Beschäftigten in diesem Bereich nochmal erhöht hat“, sagt Gesundheitsdezernent Harald Rau. Das sei eine gute Entwicklung.
Andere, die sich partout nicht impfen lassen wollten, haben ihren Job in der Pflege gekündigt. Teilweise schon, bevor sie ans Gesundheitsamt gemeldet wurden. Zum Beispiel beim Caritasverband Köln. „Seit 1. Januar gab es in Verbindung mit der einrichtungsbezogenen Impflicht 28 Abwanderungen“, sagt Detlef Silvers, Leiter des Geschäftsfelds Alter und Pflege beim Caritasverband. Ein kleiner Teil der Gesamtbelegschaft sei das zwar. In einer Branche, in der jeder zählt, habe das dennoch Auswirkungen. Weil noch nicht alle Stellen nachbesetzt sind, musste der ambulante Pflegedienst 70 Kunden kündigen. Sechs ungeimpfte Mitarbeiter sind weiterhin im Dienst.
Bis zum 15. März 2022 mussten Mitarbeiter in Krankenhäusern, Tageskliniken, Pflegeheimen und Arztpraxen ihrem Arbeitgeber eine Bescheinigung über eine vollständige Impfung oder eine maximal 90 Tage zurückliegende Genesung vorlegen.
Bis zum 31. März mussten die Einrichtungen dann das Gesundheitsamt über Mitarbeiter informieren, die keinen genannten Nachweis erbracht haben oder bei denen Zweifel an der Echtheit des Nachweises bestanden.
Anschließend begann das Gesundheitsamt, die Meldungen zu prüfen. Die Richtlinien besagen: Das Gesundheitsamt fordert Personen ohne Nachweis dann auf, einen solchen nachzureichen. Passiert dies nicht, kann ein Bußgeld von bis zu 2500 Euro verhängt werden.
Wird innerhalb einer angemessenen Frist kein Nachweis vorgelegt, kann das Gesundheitsamt auch Betretungsverbote verhängen. Über arbeitsrechtliche Konsequenzen kann dann der Arbeitgeber selbst entscheiden. (sim)
Was ist der Grund dafür? Die Stadt sagt: Unter den abgeschlossenen Fällen gibt es keine Ungeimpften mehr. Knapp 2000 Fälle sind allerdings noch nicht abgeschlossen. Darunter dürften sich auch noch Ungeimpfte befinden. Bei der Masse der Fälle könne das durchaus sein, heißt es von der Stadt. Wenn diese sich auch nach einer Anhörung nicht doch noch zu einer Impfung bewegen ließen, werde das Gesundheitsamt „sehr wahrscheinlich“ auch Bußgelder und Betretungsverbote verhängen. In einem Fall habe das Amt dies geplant, aber der Mitarbeiter habe eigenständig gekündigt.
Detlef Silvers vom Caritasverband vermutet, das Gesundheitsamt werde die Fälle aussitzen. Auch weil es davor zurückschrecke, sich möglichen Rechtsverfahren auszusetzen. Silvers sagt: „Wir als Träger fühlen uns durchs Gesundheitsamt im Stich gelassen.“ Die Träger seien gedrängt gewesen, die Impfpflicht konsequent umzusetzen und Ungeimpfte an das Gesundheitsamt zu melden. Nun aber gebe es von der Behörde keine Sanktionen. Er hätte sich gewünscht, das Amt hätte Betretungsverbote ausgesprochen.
Spielraum bei Entscheidungen
Warum es noch nicht dazu kommt, dürfte auch mit einem Passus in den Richtlinien der einrichtungsbezogenen Impfpflicht zusammenhängen. Dort heißt es: Bei der Entscheidung über Tätigkeits- und Betretungsverbote sind „sowohl personenbezogene Aspekte (zum Beispiel die Art der Tätigkeit) als auch konkrete Situationen in der Einrichtung oder dem Unternehmen zu berücksichtigen“. Mit anderen Worten: Das Gesundheitsamt hat einen Ermessensspielraum. Hat eine ungeimpfte Person etwa keinen Patientenkontakt, könnte das ein solcher personenbezogener Aspekt sein.
In anderen Teilen des Landes nutzen die Behörden bereits den einrichtungsbezogenen Ermessensspielraum. Der Landkreis Mittelsachsen begründet etwa: Betretungsverbote würden die Versorgungssicherheit gefährden. In Köln sei die Versorgungssicherheit aus Sicht der Träger durch Betretungsverbote kein Problem.