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Folgen der CoronakriseKVB auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft

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Wohin steuert die KVB? Ein internes Papier gibt Aufschluss.

Köln – Die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) fahren einer ungewissen Zukunft entgegen. Der Ausbruch der Corona-Pandemie hat alles auf den Kopf gestellt. Vorher war klar, der Öffentliche Personennahverkehr muss und wird zunehmen. Jetzt ist ungewiss, wann die KVB jemals wieder das Fahrgastaufkommen von vor der Pandemie erreichen wird. Der Rundschau liegen Unterlagen vor, in denen der Betrieb Probleme benennt, Szenarien aufmacht und Strategien sucht. Wir stellen die sechs wichtigsten Punkte vor.

Besorgniserregende Verluste

40 Millionen Euro – so groß soll nach Berechnungen der KVB der zusätzliche Verlust durch Corona für das Jahr 2020 sein. Ursprünglich geplant war eine Unterdeckung von rund 110 Millionen Euro, die durch den städtischen Haushalt ausgeglichen werden muss. Nun wächst das Defizit also auf 150 Millionen Euro. Für die laufende Bilanz gibt es einen Hoffnungsschimmer. Nicht zuletzt auf Betreiben der KVB im Verband Deutscher Verkehrsunternehmen übernehmen Bund und Land rund 90 Prozent der Corona-Verluste. Ob es aber im kommenden Jahr noch Hilfen von Bund und Land für die Verkehrs-Betriebe geben wird, kann keiner sagen. Sicher ist aber: Die KVB wird noch lange mit den Folgen von Corona zu kämpfen haben.

Der lange Weg zurück zu alter Stärke

Die Lage hat sich schon etwas entspannt. Immerhin ist die Zahl der Fahrgäste von 40 Prozent im April auf nunmehr 50 bis 60 Prozent des Aufkommens vor Corona angestiegen. Doch wann kann die 100-Prozent-Marke wieder erreicht werden? Selbst bei dem positivsten Szenario, bei dem sich keine zweite Welle einstellt und die Pandemie stetig abklingt, rechnet der Verkehrs-Betrieb nicht vor Mitte 2022 mit einer Rückkehr zu alten Verhältnissen. Mit einem zweitem Lockdown würde es demnach bis Ende 2022 dauern. Aber auch das scheint noch sehr optimistisch gerechnet: Laut einer Prognose von Verkehrsverbünden braucht es zehn Jahre, um die alte Stärke wieder zu erreichen.

Sorge um Verlust der Abo-Kunden

Der Verkauf der Bartickets, also der Fahrscheine, die einzeln am Schalter oder per App gekauft werden, ist durch Corona dramatisch eingebrochen (siehe Grafik). Besser sieht es auf den ersten Blick bei den Abo-Tickets aus: Laut des KVB-Papiers lassen nur wenige Abonnenten ihr Monats- oder Jobticket ruhen oder kündigen es gar. Aber sie nutzen es deutlich weniger. Wurde vor Corona mit dem Dauerticket an vier bis fünf Tagen in der Woche gefahren, sinkt der Wert klar auf ein bis zwei Tage ab. Die Frage, die sich die KVB dabei stellt: Wie lange macht der Kunde das mit, bis er dann doch eine Kündigung in Betracht zieht?

Nachdenken über neue Tarifstrukturen

Eine Überlegung, die bei der KVB angestellt wird, um Abo-Kunden trotz der Entwicklung halten zu können: Die Tarifstruktur ändern. So könnte beispielsweise ein Monats- oder Jobticket zu deutlich günstigeren Konditionen nur für bestimmte Wochentage angeboten werden. Sorgenvoll ist der Blick auf die Berufspendler. Virologische Untersuchungen besagen, dass die Ansteckungsgefahr bei einer Bahn- oder Busfahrt von bis zu zehn Minuten eher gering ist. Jedoch: Die zahlreichen Pendler aus dem Umland halten sich deutlich länger in den Fahrzeugen auf.

Keine Sparmaßnahmen beim Angebot

Trotz der düsteren Aussichten und trotz manch eines leeren Busses und manch einer gering gefüllten Bahn gibt die KVB das Versprechen ab, dass Angebot vorerst nicht auszudünnen. Der Öffentliche Personennahverkehr soll Motor der Verkehrswende bleiben. Das Papier, das der Rundschau vorliegt, wurde an diesem Mittwoch dem Aufsichtsrat vorgestellt. In den Reihen der „Betriebswächter“ regt sich dennoch die Sorge, wie lange die KVB das durchhalten kann, wenn die Zahlen auf Jahre hinaus nicht wieder das Vor-Corona-Niveau erreichen.

Brief an die Schulträger

Noch immer ist vollkommen offen, wie der Schulstart in rund zwei Wochen verlaufen soll. Ein Horrorszenario für die KVB: Tausende Schüler stürmen wie einst nahezu gleichzeitig in die Busse und Bahnen. Der Betrieb hat deshalb den zuständigen Behörden einen alten Plan vor neuem Hintergrund vorgelegt. Versetzte Zeiten für die erste Stunde an 17 Kölner Schulen sollten einst Kapazitätsengpässe mindern und könnten nun Superspreader-Zustände verhindern.