Nun ist es so weit: Die Austrittswelle aus der katholischen Kirche schlägt sich künftig in der Bilanz des Erzbistums Köln nieder. Die verbliebenen Mitglieder müssen enger rücken.
Erzbistum KölnSo wirken sich die Kirchenaustritte auf die Bilanz aus
Die goldenen Jahre der katholischen Kirche im Erzbistum Köln liegen in der Vergangenheit - auch finanziell. Zwar kann Gordon Sobbeck, Finanzdirektor und Ökonom des Erzbistums, das Jahr 2022 noch mit einem Plus von 30,2 Millionen Euro bei einer Bilanzsumme von rund 4,3 Milliarden Euro abschließen. Das war es dann aber auch. Für das laufende Jahr kann er die Talfahrt nicht mehr abfedern. Schon jetzt kann er mit Gewissheit prognostizieren: „Der Jahresabschluss 2023 wird ein Defizit ausweisen.“
2022 noch ein Plus an Kirchensteuer
Angekündigt wurde die finanzielle Delle im Hause des Kölner Erzbischofs Rainer Maria Kardinal Woelki schon lange. Doch durch glückliche Fügung konnte Sobbeck das Minus unter dem Bilanzstrich Jahr für Jahr abwenden. Mal kompensierte eine überraschend gute konjunkturelle Entwicklung die Kirchenaustritte (2020), mal war es ein Sondereffekt. In 2021 spülte ein Lohnsteuerausgleich unter den deutschen Bistümern Geld nach Köln. Selbst für 2022 kann Sobbeck noch gestiegene Einnahmen bei der Kirchensteuer verbuchen, ein Plus von 1,6 Prozent. Dabei sank die Zahl der Kirchenmitglieder, in 2021 um rund 41.000 und in 2022 um rund 51.000.
Bis Ende vergangenen Jahres schlugen die Austritte nicht mit voller Wucht in das Zahlenwerk des Ökonomen ein: In 2020 zahlte jeder katholische Christ im Erzbistum Köln 346,34 Euro an Kirchensteuer, 2021 waren es 369,12 Euro und 2022 nochmals ein Sprung auf 388,95 Euro. Eine Entwicklung, auf die Sobbeck nicht bauen kann. „Die Kirchenaustritte hinterlassen deutliche Spuren“, sagt der Finanzchef des Erzbistums. Und diese Spuren haben sich in 2023 bereits tief in den Weg der Kirche eingedrückt.
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Die Lage kippt
Mag ein Jahresüberschuss von 30,2 Millionen Euro für eine schwäbische Hausfrau ein dickes Plumeau sein, beim täglichen Bedarf des Erzbistums Köln ist es nicht mehr als eine dünne Zudecke. Zwei Millionen Euro fließen allein Tag für Tag in die Gemeinden, zur Caritas und in die Bildungseinrichtungen. Sobbeck: „Dieser Überschuss ist nicht mehr als drei Prozent unserer Erträge, das kann schnell kippen.“ Es kann nicht, es ist schon gekippt. Bis zum August 2023 verbucht der Ökonom bereits ein Minus bei der Steuereinnahme von 5,7 Prozent. Die schon lange anhaltende Austrittswelle der Kirche zieht nun die Ebbe in ihrer Kasse nach sich. Alleine dadurch sind die drei Prozent also schon weg. Ohne das die Inflation eingepreist wäre. „Ein Euro an Kirchensteuer aus dem Jahr 2022 ist zurzeit noch 84 Cent wert“, rechnet Sobbeck vor. Ganz zu schweigen von der Preisentwicklung in der Baubranche, der ein Bistum mit rund 4600 Gebäuden allein in den Gemeinden - davon rund 1200 Kirchen und Kapellen - nicht ausweichen kann.
Geld für Hochschule wird knapp
Und dann gibt es immer noch die Ausgaben, die in Sobbecks Haushaltsbuch zwar keinen eigenen Posten bilden, aber mit spitzem Stift an den Rand geschrieben sind. Allen voran die Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT). Für Woelkis Gegner eine erzkonservative Kaderschmiede, für seine Anhänger Brutkasten der reinen Lehre. Finanziert werden soll sie durch Spenden, doch der Jahresetat von rund drei Millionen Euro wurde bisher größtenteils aus dem sogenannten BB Sonderfonds genommen. Ein Kapitalstock, angelegt über Jahrzehnte durch Einzahlungen von Geistlichen. Die Hochschule hat nicht unwesentlich dazu beigetragen, diese Quelle auszutrocknen. Laut Sobbeck sind für 2024 noch 1,3 Millionen für die Hochschule abrufbar. Der Rest müsste also aus Spenden kommen. Welchen Füllstand der Spendentopf für die KHKT hat, diese Frage verweist der Ökonom an die Hochschule. Die lässt eine entsprechende Anfrage der Rundschau allerdings unbeantwortet. Sobbeck rechnet nicht damit, dass er sich 2024 mit KHKT beschäftigen muss. Sollte die Hochschulfinanzierung 2025 dauerhafte Aufgabe der Finanzverwaltung des Erzbistums werden, bräuchte es dafür aber einen Finanzierungsplan.
Viele Gebäude auf der Kippe
Die Konsequenz aus dieser Bilanz: „Wir müssen uns enger setzen“, sagt Sorbbeck. Und das ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn der Finanzchef nimmt nicht zuletzt den Gebäudebestand bei der Reduzierung der Kosten in den Blick. Bis Ende des Jahres sei eine Bestandsaufnahme fertiggestellt. Danach müsse kritisch hinterfragt werden: was ist erforderlich, was ist finanzierbar? Er rechnet mit einer Reduktion des Bestandes „von 20 bis 30 Prozent“. Dabei müssen die Einsparungen nicht nur die Mindereinnahmen auffangen, sondern auch noch Zusatzkosten auffangen. Die entstünden durch die hohen Klimaziele, die sich das Erzbistum setzt.