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Update

Nach Entführung
Streit um Drogen eskaliert in Köln – Verbindungen zur „Mocro Mafia“ vermutet

Lesezeit 3 Minuten
Polizisten sperrten den Eibenweg in Rodenkirchen ab.

Polizisten sperrten den Eibenweg in Rodenkirchen ab.

Der Auslöser des Streits soll eine nicht bezahlte Drogenlieferung sein. Acht Haftbefehle sind bereits vollstreckt worden.

Ein geplatzter Drogendeal über rund 1,3 Millionen Euro hat in Köln und dem Ruhrgebiet zu einem gewaltsamen Streit zwei Drogenbanden geführt. Wie aus Ermittlerkreisen zu erfahren war, soll die berüchtigte „Mocro-Mafia“aus den Niederlanden in den vergangenen Tagen Sprengsätze in mehreren Städten in NRW gezündet und zwei Menschen entführt haben. Explosionen in Köln, Engelskirchen und Duisburg Ende Juni und Anfang Juli sollen damit in Zusammenhang stehen.

Geiseln in Kölner Wohnhaus schwer misshandelt

„Mocro“ ist ein umgangssprachlicher Ausdruck für Marokko, Angehörige der Mafia sind Marokkaner und Personen aus den niederländischen Antillen, aber auch niederländische Staatsbürger. Ein Spezialeinsatzkommando (SEK) hatte am Freitag in einem Wohngebiet im Kölner Stadtteil Rodenkirchen eine Frau und einen Mann aus der Gewalt von Entführern befreit. Sie waren aus Bochum nach Köln entführt worden. Die Geiseln wurden nach der Entführung in dem Wohnhaus schwer misshandelt und mussten notärztlich versorgt werden. Ein dem Fall betrauter Beamter sprach von „massiven Verletzungen“, ohne weitere Details zu nennen.

Die bei Geiselbefreiung festgenommenen sechs Tatverdächtigen im Alter zwischen 22 und 29 Jahren befinden sich nach Polizeiangaben seit dem Wochenende in Untersuchungshaft. Gegen fünf Beschuldigte besteht der Verdacht der gemeinschaftlichen Geiselnahme und der gefährlichen Körperverletzung. Der sechste Tatverdächtige steht im Verdacht, Beihilfe zur Geiselnahme geleistet zu haben und gegen das Waffengesetz verstoßen zu haben. Später wurde in Engelskirchen noch ein siebter Tatverdächtiger festgenommen. Auch er soll an der Geiselnahme beteiligt gewesen sein. Staatsanwaltschaft und Polizei gehen davon aus, dass die Tathintergründe „im Bereich des organisierten Drogenhandels liegen“. Sowohl die Geiseln und auch die Festgenommenen sind den Ermittlern aus Drogengeschäften bekannt.

Der jetzige Hausinhaber in Rodenkirchen hatte das Gebäude vor zwei Jahren erworben: „Wir haben das Haus aufwendig saniert und dann online inseriert, um es zu vermieten“, sagte der Inhaber der Immobilie der „Bild“-Zeitung. Unter den Interessenten seien ein Mann und eine Frau gewesen, „die absolut seriös wirkten“ und die das Haus seit dem 1. Juli gemietet hätten. „Jetzt wurde vieles, was wir saniert haben, nach nur wenigen Tagen wieder zerstört.“

Nach derzeitigem Ermittlungsstand gehe es um eine gewaltsame Auseinandersetzung zwischen zwei Tätergruppen nach einem Drogengeschäft, bei dem Drogen mit Millionenwert unterschlagen worden sein sollen. Wegen der Forderungen zur Rückgabe des mutmaßlich unterschlagenen Rauschgiftes soll die Mafia Sprengsätze gezündet haben, hieß es von der Polizei. Hinweise auf einen politischen Hintergrund gebe es dagegen nicht, so Polizei und Staatsanwaltschaft weiter. Mit einer über vierzigköpfigen Sonderkommission hatte die Polizei in den vergangenen Tagen an der Aufarbeitung des Falles gearbeitet.

Mocro-Mafia-Boss zu lebenslanger Haft verurteilt

Der Kopf der „Mocro-Mafia“, der 46-jährige Ridouan Taghi, und weitere Mitglieder der Bande waren nach einem mehrjährigen Mammutprozess in den Niederlanden im Februar und Juni dieses Jahres zu lebenslanger Haft beziehungsweise langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Das Drogenkartell ist in mehrere Auftragsmorde, Mordversuche sowie Drogendelikte im großen Stil verwickelt. Es soll laut den niederländischen Ermittlern ihren Kokainhandel in Milliardenhöhe hauptsächlich über niederländische und belgische Häfen durchführen.

Tatort Rodenkirchen: Der Eingangsbereich wurde durch den Zugriff der Spezialkräfte beschädigt.

Tatort Rodenkirchen: Der Eingangsbereich wurde durch den Zugriff der Spezialkräfte beschädigt.

Im Juli 2021 wurde der investigative Kriminalreporter Peter R. de Vries im Zentrum von Amsterdam durch mehrere Schüsse ermordet. De Vries war eine Vertrauensperson eines Kronzeugen im Prozess gegen das Drogenkartell um Taghi.

Etwas mehr als ein Jahr nach dem Attentat auf de Vries geriet laut Angaben der Ermittler auch die niederländische Kronprinzessin Amalia ins Visier der Mocro-Clans. Vermutlich, so die Polizei, um den damals bereits in Untersuchungshaft befindlichen Boss Taghi und weitere Bandenmitglieder freizupressen. Auch außerhalb der Niederlande hatte die „Mocro-Mafia“ in den vergangenen Jahren für Schlagzeilen gesorgt.