- Andreas Pinkwart war am Donnerstag auf Einladung des Astronauten Alexander Gerst zu Gast im European Astronaut Center (EAC).
- Auf dem Gelände des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt soll bis Ende 2020 700 Quadratmeter nachgebauter Mondboden entstehen.
- Beeindruckt zeigt sich der NRW-Wirtschaftsminister von der Aufbruchstimmung in der Esa.
Köln – „Da sind wir jetzt ja schon ein ganzes Stück gelaufen“, sagt Andreas Pinkwart und freut sich wie ein Schuljunge. Die Referentin des nordrhein-westfälischen Wirtschafts- und Innovationsministers verzieht leicht genervt die Augenbrauen. Sie weiß: Pinkwart hat mit seiner 3-D-Brille auf der Nase kaum drei Trippelschritte durch den kargen Raum im European Astronaut Center (EAC) auf dem Gelände des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Köln-Wahn gemacht. Aber der erste Schritt auf dem Mond ist eben auch für einen Politiker mühsam.
Und als Pinkwart mit den beiden Joysticks einen virtuellen Mondbrocken in die virtuelle dünne Mondatmosphäre wirbelt, bringt er die ganze Simulation zum Absturz.
Pinkwart auf Einladung von Gerst in Köln-Wahn
Astronaut Alexander Gerst, das wohl bekannteste Gesicht der deutschen Weltraumforschung, hatte Pinkwart bei einem Telefongespräch zu einem Besuch ins Trainingszentrum aller europäischen Astronauten eingeladen. Mit viel Hintergrundwissen führt Gerst den Landespolitiker am Donnerstag durch seine Arbeitsstelle.
Pinkwart staunt über das zehn Meter tiefe Tauchbecken zur Simulation der Schwerelosigkeit. Er darf ziemlich exklusiv in die Trainingskopie des europäischen Raumlabors Columbus auf der Raumstation ISS einsteigen, in dem alle ISS-Astronauten für ihre Missionen üben. Und er spaziert mit virtueller Technik über den Mond.
700 Quadratmeter Mondboden soll entstehen
Für die europäische Weltraumagentur Esa ist der Besuch ein guter Anlass, für ihre künftigen Aktivitäten zu werben. Auf dem Gelände in Wahn solle bis Ende 2020 in einer neuen Halle ein 700 Quadratmeter großes Stück Mondboden aus dem Basaltsteinen der Gegend entstehen, berichtet Guillaume Weerts, stellvertretender Leiter des EAC.
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Dort können – weltweit einmalig – die Beleuchtung und mittels Kran die verringerte Schwerkraft simuliert werden. „Das ist ein echtes Sparprogramm“, sagt Weerts, „was wir hier trainieren, müssen wir auf dem Mond nicht mehr lernen.“ „Ich freue mich, dass die Esa den Mond nach NRW holt“, schmunzelt Pinkwart. Für die heimische Wirtschaft biete die Weltraumforschung in Köln großes Potenzial.
Experimente im All helfen, Probleme am Boden zu lösen
Aus Sicht von Geophysiker Gerst soll es nicht bei Simulationen bleiben. Bis 2024 wollen die Amerikaner zurück zum Mond. Begeistert zeigt der Astronaut ein Modell des Landevehikels für die Mondmission, das technisch aus dem europäischen RTV-Modul zum automatischen Andocken an der ISS entwickelt wurde. Gerst macht deutlich, dass er die drei Tage lange Reise zum Mond – zunächst wohl zu einer kleineren Station im Mond-Orbit – nicht scheuen würde.
Dabei zeigt sich der Astronaut ansonsten ganz irdischen Problemen zugewandt. Immer wieder berichtet er, wie Experimente im All helfen, Probleme am Boden zu lösen. So können etwa Tumorzellen in Schwerelosigkeit im Experiment in dreidimensionalen Kugeln wachsen, in der Petrischale im Labor aber nur flächig.
Pinkwart beeindruckt von Aufbruchsstimmung
„Wirkstoffe verteilen sich dreidimensional aber ganz anders als horizontal“, erläutert Gerst. Bei Therapien gegen Parkinson oder Alzheimer sei das ebenfalls entscheidend. Gerst zeigt auch eine Kopie des Schmelzofens, den er selbst vor Jahren auf der ISS angeschlossen hat. Das Gerät schließt Legierungen im Vakuum berührungsfrei auf.
So lassen sich Materialeigenschaften untersuchen. Die Installation war fast gescheitert, weil sich ein Bolzen verklemmt hatte. Damit beim Absägen keine Späne in die Sauerstoffversorgung der ISS gelangten, schmierte Gerst Rasierschaum auf die Bolzenkante.
Ob es Andreas Pinkwart auch auf den Mond zieht, bleibt nach zwei Stunden offen. Beeindruckt zeigt er sich von der Aufbruchstimmung in der Esa. 50 Jahre nach der Mondlandung sei der nächste große Schritt in der Weltraum-Erkundung fällig, gibt er Gerst recht. Der verschweigt angesichts von 40 Grad draußen auch nicht die praktischen Vorzüge eines Weltraumaufenthalts: „Auf der ISS können wir die Temperatur regeln. Meist stellen wir auf angenehme 21 Grad.“