- Das weitere Verbot aller Großveranstaltungen trifft nicht nur die Weihnachtsmärkte.
- Der Druck auf die Arena wächst, eine große Sessionseröffnung ist nun ausgeschlossen.
Köln – 160 Konzerte hat Stefan Löcher auf Papier stehen. Leider nur auf dem Papier. Die Liste der aufs nächste Jahr verlegten Auftritte wird immer länger, manche Termine muss der Chef der Lanxess-Arena nun schon zum dritten Mal verschieben. Bis zum Ende des Jahres wird es keine Großkonzerte geben, das hat der Hallenmanager nach den Berliner Beschlüssen nun schriftlich. Allerdings bleibt ein Interpretationsspielraum, was überhaupt als Großveranstaltung zählt. Laschet nannte Konzerte mit 10.000 Besuchern und mehr. Neue Buchungen gibt es so gut wie gar nicht. Für die ganze Stadt ist der Schaden gewaltig: Die Halle zieht üblicherweise zwei Millionen Menschen pro Jahr an.
An die Verlängerung der Verbote hat sich Löcher schon gewöhnt. „Wir brauchen endlich eine Perspektive und eine Strategie“, sagt er. Zwar haben bislang rund 20 Konzerte nach dem Konzept „Arena Now“ (bis zu 2300 Besucher) stattgefunden, zehn weitere folgen bis Jahresende. Aber die dienen eher dazu, Musiker und Techniker sowie das kulturell ausgetrocknete Publikum bei Laune zu halten. „Es ist ein Verlustgeschäft“, sagt Löcher.
Kaum jemand glaubt an die Weihnachtsmärkte
Schon am Mittwoch ist der Weihnachtsmarkt auf dem Roncalliplatz am Dom abgesagt worden. Auch für die anderen großen Märkte sieht es düster aus. Zwar erklärte Kanzlerin Angela Merkel (CDU), es werde und müsse noch nicht über Weihnachtsmärkte und Karnevalsveranstaltungen entschieden werden. Und der Schaustellerbund zeigte sich erleichtert, dass Weihnachtsmärkte auf der Liste der Ministerpräsidentenkonferenz fehlen, die sich mit den Großveranstaltungen beschäftigte.
Doch kaum jemand glaubt, dass die großen Märkte in Köln unter Corona-Bedingungen noch stattfinden können, normalerweise locken sie Millionen Besucher an. Am heutigen Freitag treffen sich Stadt, Kölntourismus und die Betreiber für ein weiteres Gespräch. Das wolle man abwarten, sagte Rodney Ranz, Geschäftsführer der Heinzel GmbH, die den Weihnachtsmarkt auf dem Alter Markt und Heumarkt veranstaltet. Nach jetzigem Stand geht er davon aus, „dass die Corona-Schutzverordnung uns das Heft aus der Hand nehmen wird“. Entscheidend sei die Sicherheit der Besucher und Mitarbeiter. Eine Absage sei für viele Standbetreiber eine Katastrophe. „Mancher hat schon seit Monaten keine Aufträge mehr, nur noch Absagen.“
Sessioneröffnung gilt als ausgeschlossen
Auch die große Sessionseröffnung auf dem Heumarkt am 11.11. gilt nun als ausgeschlossen. Man werde nun die Alternativpläne finalisieren, teilte das Festkomitee mit. Die sehen eine Eröffnung am Ostermann-Brunnen in der Altstadt vor, sie soll im WDR-Fernsehen zu sehen sein. Die Frage ist auch, was die Stadt macht, vor allem am Elften im Elften. Fordert sie mögliche Besucher auf, nicht nach Köln zu kommen? Und wenn sie doch kommen, schickt sie die Gäste beispielsweise am Hauptbahnhof zurück? Geht das überhaupt so einfach?
Das Festkomitee sieht sich nicht in der Verantwortung: „Hier liegt es an der Stadt, klare Regeln zu definieren und Verbote durchzusetzen.“ Auch die Vorgaben für weitere Karnevalsveranstaltungen am 11.11. sind noch unklar.
„Die Köpfe im Rathaus rauchen“
Mit Blick auf Silvester stellen sich ähnliche Fragen. Wie kann die Stadt große Ansammlungen verhindern? Nach den massiven sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht 2015/2016 hatte die Stadt zuletzt ein Kulturprogramm angeboten. Mit Blick auf den Straßenkarneval 2021 ergeben sie ähnliche Herausforderungen. Am 11.11. und Weiberfastnacht organisierte sie an der Uni-Mensa an der Zülpicher Straße ein Bühnenprogramm. Bleibt es auch dieses Jahr dabei? „Da liegt die Messlatte sehr, sehr hoch“, sagte eine Stadtsprecherin. Noch sei das spekulativ, „aber die Köpfe im Rathaus rauchen“. Es ist nach derzeitigem Stand eher damit zu rechnen, dass es klare Aufforderungen geben wird, dass die Menschen an diesen Tagen nicht nach Köln fahren sollen.
Veranstaltern droht der Kollaps
Die Sessionseröffnung könnte zumindest in der Arena Corona-konform gefeiert werden. Wie berichtet, planen die Traditionsgesellschaften eine eigene Eröffnung am Elfen am Elften in der Deutzer Halle. Die Veranstaltung „Immer wieder kölsche Lieder“ mit vielen Kölner Bands steht weiter für den Samstag, 14. November, auf dem Kalender. Der Kartenverkauf läuft.
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Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat die Priorität klar auf Bildung für Kinder und Jugendliche gelegt. Doch damit steuert die ganze Veranstaltungswirtschaft immer mehr auf einen Kollaps zu, es gibt nur zwei Möglichkeiten sagt Arena-Chef Löcher: „Entweder wir bekommen einen Impfstoff, so dass es ab dem Frühjahr wieder Konzerte geben kann oder wir brauchen auf Dauer staatliche Förderung.“
Großkonzerte, das heißt mindestens mehrere tausende Besucher. Bis zu 7000 kann sich Löcher für die Spiele der Haie vorstellen. Für internationale Top-Musiker reicht auch das nicht, um die Kosten zu decken. Star-Tenor Placido Domingo etwa rückt im „Verschiebewahnsinn“ (Löcher) von einem Termin zum nächsten.
Die Auswirkungen für den 1. FC Köln und die Haie
7,2 Millionen Euro verliert Fußball-Bundesligist 1. FC Köln, weil er die ersten vier Heimspiele bis Ende Oktober vor leeren Rängen spielen muss. Das sagte FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle. Pro ausverkauftem Heimspiel kalkuliert der Verein mit Einnahmen von 1,8 Millionen Euro. „Es war in den vergangenen Wochen ja absehbar, dass wir vermutlich bis Ende Oktober auf Fans verzichten müssen, deshalb haben wir das in unserer Etat-Basisplanung berücksichtigt.“
Der Club hat Szenarien entworfen, wie er einen Teil der Zuschauer ins Rheinenergie-Stadion lassen kann, sobald das erlaubt ist. Eine Arbeitsgruppe der 16 Bundesländer will bis Ende Oktober Lösungen vorlegen.
20.000 Fans sind die Obergrenze für das Kölner Stadion, sagt Wehrle, das Fassungsvermögen beträgt im Normalfall 50 000 Zuschauer. „Unsere Konzepte sind von der Stadt als tragfähig eingestuft worden“, sagt der Geschäftsführer. „Wenn das Okay aus der Politik kommt, gehen wir davon aus, dass im November eine Teilöffnung wieder möglich ist.“ Allein im November und Dezember hat der Club vier Heimspiele, es geht also um viel Geld.
Drei Auswahlmöglichkeiten hatte der Club seinen 25 500 Dauerkarten-Besitzern aufgrund der unklaren Lage gelassen. Nummer eins: Die Karte ausnahmsweise ein Jahr pausieren lassen. Nummer zwei: Nur die Spiele zu bezahlen, die die Karteninhaber besuchen dürfen. Und Nummer drei: Die Karte auf jeden Fall voll zu bezahlen, um den Verein finanziell zu unterstützen. Am Dienstag endete die Frist zur Entscheidung. Laut Wehrle ist es für eine detaillierte Aussage zu früh, er geht aber davon aus, dass rund ein Drittel voll zahlt.
Von den 25.5000 Dauerkarten haben laut Wehrle rund 60 gekündigt, „das sind überraschend wenig“. Sonst seien es im Schnitt 100 bis 120. Insgesamt 14 000 Interessenten stehen auf der Warteliste.
Philipp Walter, Geschäftsführer des Eishockey-Clubs Kölner Haie, wollte sich am Donnerstag noch nicht konkret zu den Plänen der Ministerpräsidenten äußern, „dafür ist es noch zu früh“.
7000 Zuschauer kann sich Arena-Chef Stefan Löcher bei den Spielen der Haie vorstellen. Es gebe ein Konzept, das mit dem Gesundheitsamt abgestimmt werden könne. Demnach würden Karten personalisiert und die Arena in Zonen unterteilt, um sich kreuzende Besucherwege zu minimieren. Zum Konzept gehören auch Zugangszeiten, um für Entzerrung zu sorgen.
Die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) will ab Mitte November wieder starten. Die Haie würden in der Arena 26 Heimspiele plus mögliche Playoffs austragen. Ob das gelingt, ist aber offen. Walter sagte: „Wir fliegen auf Sicht.“ Eine Saison ohne Zuschauer würden vermutlich viele Clubs der Liga nicht überstehen. (mhe/mft)