Er gilt als einer der bedeutendsten Demonstrationen in Europa: Am Sonntag fand zum 33. Mal der Kölner CSD statt.
Der Kölner CSDPolitische Botschaften und Riesenparty - 1,2 Millionen Menschen feiern
Das Make-up scheint wasserfest. Die farbenprächtig geschminkten Menschen, die in der Parade mitgehen, sehen perfekt aus. Trotz enormer Luftfeuchtigkeit und sogar einem kurzen Schauer. Hunderttausende Zuschauerinnen und Zuschauer säumen am Sonntag den Weg der Parade zum Christopher Street Day (CSD). Stundenlang zieht der bunte Zug mit Fußgruppen und Festwagen durch die Stadt. „Einfach toll“, sagen Claudia und Heidi, zwei Kölnerinnen in den Sechzigern.
Für Claudia und Heidi ist der Kölner CSD ebenso wie für Bärbel Bas (SPD), Präsidentin des Deutschen Bundestags, eine Premiere. Erstmals eröffnete sie die bedeutende deutsche Demo für die Rechte queerer Menschen. „Ich freue mich, dabei zu sein“, sagt Bas kurz bevor sich die Demonstrationsparade um 11.30 Uhr auf der Deutzer Brücke in Bewegung setzt.
Politische Botschaften
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„Gesellschaftlicher Respekt für queere Menschen ist kein Selbstläufer“, hatte Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Vorfeld unterstrichen. Neben der OB sprachen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), Jens Pielhau vom Vorstand des Vereins Cologne Pride, der Queer-Beauftragte der Bundesregierung Sven Lehmann (Grüne), NRW-Kulturministerin Ina Brandes (CDU) und wie schon oft Kultur-Staatsministerin Claudia Roth (Grüne) zur Eröffnung. Ebenfalls erstmals bei der Eröffnung dabei: Philipp Türoff, Geschäftsführer des 1. FC Köln. „Der FC ist genauso bunt wie diese Stadt und die ganze Welt”, sagte Türoff.
Wiederholt gingen die Politikerinnen und Politiker auf die aktuelle Situation ein. „Im Moment gibt es Faschisten, die ein Rollback wollen, deshalb ist es wichtig, dass es die Demo gibt“, sagte Bas. „Menschenrechte sind unteilbar und LGBTIQ* sind Menschen“, sagte Roth und rief kämpferisch: „Ihr kriegt uns nicht stumm!“
Lehmann unterstrich, dass eine Änderung von Artikel 3, Absatz drei im Grundgesetz notwendig sei. Damit würde der explizite Schutz queerer Menschen im Grundgesetz verankert. „Es gibt immer mehr Übergriffe auf queere Menschen“, unterstrich auch Lauterbach. Er sagte: „Die Demo war nie wichtiger als heute. Wenn queere Rechte fallen, fallen alle Rechte.“
Eine riesengroße Party
Auch wenn die Parade mit bunten Paradiesvögeln, lauter Musik, Tanz und vielen lächelnden Gesichtern ganz klar einen Partyaspekt hat, lassen immer wieder auch die Menschen am Wegesrand anklingen, wie wichtig ihnen die eigentliche Botschaft ist. Sie lautete auch in diesem Jahr „Für Menschenrechte. Viele. Gemeinsam. Stark!“
„Wir sind hier auch, um unseren Respekt für die zu zeigen, die viele Rechte von Queeren mühsam erkämpft haben“, sagen zwei Frauen Mitte 20, die aus Mönchengladbach angereist sind. Drei junge Syrer, von denen einer sich noch eher unsicher in schwarzen Netzstrümpfen bewegt, stehen am Rand der Demo am Heumarkt und kommen aus dem Staunen nicht mehr raus. „Das ist unglaublich. Und unglaublich toll“, sagt einer von ihnen.
Eine sechsköpfige Gruppe von Frauen um 30 die sticht durch ihre schwarzen T-Shirts und die zurückhaltende Aufmachung aus der bunten Menge des Publikums. „Wir sind extra aus Frankfurt nach Köln gekommen. So vielfältig wie hier ist der CSD sonst nirgendwo“, sagt Isabelle, eine der Frauen. Auf den T-Shirts der Gruppe der Aufdruck „Liebe klärt!“. „Liebe klärt einfach alles“, erläutert Isabelle.
Sie und ihre Mädels haben am Samstagabend gar nicht erst versucht, zum Tokio-Hotel-Konzert auf den Heumarkt zu kommen. „Wir waren die Nacht über in der Boize Bar. Die ist einmalig. So was gibt es in Frankfurt nicht“, sagt Isabelle. Trotzdem freut auch sie sich, als die Kaulitz-Brüder auf dem Wagen des Regenbogenteams an der jubelnden Menge vorbeifahren. Im ausgeschnittenen Glitzerteil und mit beseeltem Blick wirft Bill Kaulitz der jubelnden Menge Kusshände zu.