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Demo „Freiheit für Öcalan“ in Köln10.000 Teilnehmende und Großeinsatz der Polizei

Lesezeit 3 Minuten
Auf der Deutzer Werfe sammelten sich die Teilnehmenden vor der friedlich verlaufenden Demonstration.

Auf der Deutzer Werfe sammelten sich die Teilnehmenden vor der friedlich verlaufenden Demonstration.

Die befürchtete Konflikte blieben aus. Demo-Teilnehmende kamen aus ganz Deutschland und den Nachbarländern.

Knapp 10 000 Kurdinnen und Kurden demonstrierten am Samstagnachmittag in der Kölner Innenstadt für die Freilassung des in der Türkei seit 25 Jahren inhaftierten Gründers der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Abdullah Öcalan, und weiterer Angehöriger der PKK. Wie bereits bei einer Demonstration im Februar dieses Jahres forderten sie „Freiheit für Öcalan“ und eine friedliche Lösung der „Kurdischen Frage“. Symbole der PKK durften dabei nicht gezeigt werden: Von der EU wird die PKK als terroristische Vereinigung eingestuft.

Schon ab 10 Uhr machten viele Tausende Kurdinnen und Kurden, die aus ganz Deutschland und Europa angereist waren, auf der Deutzer Werft mit einem Fahnenmeer und den kurdischen Farben gelb, rot und grün auf sich aufmerksam. Der Verein „Kongress der kurdischen demokratischen Gesellschaft in Europa“, der der in Deutschland verbotenen PKK nahesteht, hatte zum Protest aufgerufen.

Severinsbrücke geriet in Schwingung

Während der Demonstration kam es zu Verkehrsbeeinträchtigungen in der Innenstadt, zwischenzeitlich waren die Severinsbrücke vollständig und die Deutzer Brücke in Fahrtrichtung linksrheinisch gesperrt. Der Protestzug lief über die Severinsbrücke zum Heumarkt – die Brücke wurde dabei durch die große Zahl der Menschen in Schwingungen versetzt. Dadurch kam es zu zwei internistischen Notfällen, die von Rettungskräften versorgt wurden.

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Insgesamt verliefen die Kundgebung auf der Deutzer Werft und der Demonstrationszug friedlich, die geltenden Auflagen wurden bis auf wenige Ausnahmen eingehalten, so eine Polizeisprecherin. Zweimal wurde der Zug kurz gestoppt, weil der Verdacht auf das Mitführen von Bannern und Fahnen mit verbotenen Symbolen bestand. Mehrere Hundertschaften der Polizei waren im Einsatz, weil man im Vorfeld erhebliche Auseinandersetzungen zwischen den Demonstrierenden und Gegendemonstranten befürchtet hatte. Diese blieben jedoch aus.

In den Farben Kurdistans nahm diese Frau an der Demo teil.

In den Farben Kurdistans nahm diese Frau an der Demo teil.

Intention der Demo war nicht nur die Freilassung Öcalans, sondern auch vieler weiterer inhaftierter PKK-Vertreter. Derzeit zeigen sich Kurdinnen und Kurden in ganz Europa hoffnungsvoll: In der Türkei bewegen sich seit Oktober türkische und kurdische Politiker schrittweise aufeinander zu. Türkische Regierungsvertreter reichten Politikern der kurdischen DEM-Partei zuletzt die Hand und verkündeten, PKK-Führer Abdullah Öcalan könnte unter Auflagen freigelassen werden, falls er die Auflösung der kurdischen Arbeiterpartei PKK ankündigen würde. Anschließend empfing Öcalan erstmals seit fast vier Jahren Besuch von seiner Familie. Der 76-Jährige sitzt seit 1999 in einem türkischen Hochsicherheitsgefängnis in Isolationshaft.

Deutschland und Europa sollten eine Lösung finden, die alle Völker des mittleren Ostens vereint.
Sila (18), Demo-Teilnehmerin

Trotz der Annäherung hat die türkische Regierung Anfang November drei Bürgermeister im mehrheitlich kurdisch geprägten Südosten des Landes durch Zwangsverwalter ersetzt. Die Bürgermeister gehören der prokurdischen Oppositionspartei DEM an, die Ende März dieses Jahres in dutzenden Kommunalwahlen die Mehrheit der Stimmen erhalten hatte.

Nicht alle Demonstrationsteilnehmer stellten ausschließlich politische Ziele in den Vordergrund. Sila (18) aus Köln betonte, dass Köln als kurdisches Zentrum in Deutschland eine große Bedeutung habe. „Hier kann uns niemand trennen. Wir wollen unsere Stimme für die Bewahrung der kurdischen Kultur erheben. Deutschland und Europa sollten eine Lösung finden, die alle Völker des mittleren Ostens vereint“, sagte die 18-Jährige.


Verbot der PKK

Die 1978 gegründete Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) fordert die Einrichtung eines unabhängigen Kurdenstaates in den mehrheitlich von Kurden bewohnten Gebieten der Türkei. Die Kurden sind eine eigenständige Volksgruppe, deren Sprache und Kultur sich von der türkischen unterscheidet.

Zur Durchsetzung dieses Ziels rief PKK-Gründer Öcalan 1984 zum bewaffneten Kampf auf, der eine Spirale von Gewalt und Gegengewalt auslöste, so ein Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Die PKK versuche ihre Ziele nach wie vor mithilfe von schweren Gewalttaten, einschließlich der Tötung von Menschen, zu erreichen.

Angesichts der Todesstrafe, die ihm nach seiner Inhaftierung 1999 drohte, reduzierte Öcalan die Forderung auf kulturelle Autonomie und lokale Selbstverwaltung der Kurden auf dem türkischen Staatsgebiet .