Der ekstatische Auftritt von Deichking begeisterte. Aus vielen Gründen.
Deichkind in der Kölner Lanxess ArenaWilder Ritt durch die rund 25-jährige Bandgeschichte
„Wollt ihr mit uns ans Limit geeeeh'n?“, schreien Deichkind nach knapp zwei Stunden der tanzenden Menge entgegen. Dann feuern die Hamburger Techno-Rapper ihre Schlussnummer „Limit“ ab. Und wieder vibriert der Boden der Lanxess Arena. Nur die Zugabe, der Krawallsong „Remmidemmi (Yippie Yippie Yeah)“, setzt noch eins drauf. Im Riesenschlauchboot surft nun ein Bandmitglied in Badehose über die händereckenden Fans und bewirft sie mit Schaumstoff-Schaum. Was für eine Party!
Deichkind-Shows sind Teamwork
Unentwegt schlüpft die Band in Ganzkörperkostüme. Nicht einfach zu erkennen, wer darunter überhaupt singt. Einzig verbliebendes Gründungsmitglied ist Philipp Grütering (50) alias „Kryptik Joe“. Mit Sebastian „Porky“ Dürre (47) und dem Münchner Roger Rekless (42) bildet er auch in Köln das wortgewaltige MC-Dreigestirn. Manchmal stehen auch sieben tanzende Sänger auf der Bühne, und am Ende baden 17 im johlenden Applaus.
Deichkind-Shows sind Teamwork. Für ihre aufwendige Gestaltung sorgt Henning Besser alias „La Perla“. Die aktuelle Tour „Kids in meinem Alter“ inszeniert er als wilden Ritt durch die rund 25-jährige Bandgeschichte. In bizarren Bilderwelten zaubert er eine Techno-Operette auf die Bühne, mal in grafischer Formensprache, dann als gekleckstes Actionpainting.
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Blinkende Pyramidenhüte –Markenzeichen der Band – sind immer dabei. Im neuen Song „Auch im Bentley wird geweint“ dient hingegen eine gigantische rote Luxushandtasche als Rodeo-Pferd.
Bei „Roll das Fass rein“ fährt dann ein Riesenfass durch die tosende Menge, fast wie ein Karnevalswagen. Obendrauf ein futuristisch gekleideter Fahnenschwenker. An anderer Stelle hopsen neun Leute auf Trampolinen. Ideen ohne Ende.
Satire auf rechtes Wutbürgertum
Bei der mitreißenden Anarcho-Show fallen die ironischen und sozialkritischen Texte fast schon unter den Tisch. Im aktuellen Song „Wutboy“ heißt es: „Ich will die Dinge wieder so haben, wie sie früher waren“. Geschimpft wird über die woke Gesellschaft, die „den ganzen Tag am gendern ist und vegane Sneaker“ trägt. Eine Satire auf das rechte Wutbürgertum. Denn mit den Lettern „FUCK AFD“ auf ihren über die Bühne sausenden Bürostühlen in „Bück dich hoch“ positionieren sich die Deichkinder politisch klar. Mehrfach plädieren sie am Abend für eine vielfältige und gewaltfreie Gesellschaft.
Vom letzten und achten Album „Neues vom Dauerzustand“ kommen nur wenige Songs. Die Fans warten eh auf Erfolgsnummern wie „Leider Geil“ oder „Bon Voyage“, die erste Hitsingle von 2000. Damals klangen die Hamburger noch mehr nach Hip-Hop. Erst nach und nach kreierten sie ihren eigenwilligen „Tech-Rap“. Er mixt fiepende Elektronik mit provokativem Sprechgesang, setzt fette Synthie-Bässen unter die stets knackigen Beats. Da solche Musik im Studio entsteht, spielt auch keine Liveband, gesungen wird zu Backingtracks. Manchmal fehlt nur eine Frauenstimme, die Deichkind in „Bon Voyage“ einst effektvoll einbaute. Aber egal. Der ekstatische Auftritt begeistert auch so, gerade weil alle danach gut platt sind.