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Interview

„Das andere Gespräch“
Kölns Baudezernent trainierte Tennisstars

Lesezeit 6 Minuten
Seit zehn Jahren steht er nicht mehr auf dem Tennisplatz: Kölns Baudezernent Markus Greitemann

Seit zehn Jahren steht er nicht mehr auf dem Tennisplatz: Kölns Baudezernent Markus Greitemann

Kölns Baudezernent Markus Greitemann spricht in unserer Serie „Das andere Gespräch“ über seine Vergangenheit als Leistungssportler und Trainer.

Fürs Foto betritt Markus Greitemann den Aschenplatz des Tennis Club Olympia in Nippes. Er zieht die Füße durch den roten Sand und seufzt hörbar.

Warum spielen Sie kein Tennis mehr?

Das (zeigt auf sein linkes Knie) macht nach einem Kreuzbandriss nicht mehr mit. Zuletzt habe ich vor zehn Jahren gespielt, aber mir tut es immer noch jedes Mal weh, wenn ich auf dem Tennisplatz stehe. Ich vermisse es.

Erinnern Sie sich noch an Ihr allererstes Mal mit dem Schläger in der Hand?

Daran kann ich mich nicht so richtig erinnern, das muss mit vielleicht sieben Jahren gewesen sein. Noch früher war das Skifahren, ich stand schon als Zweijähriger auf Skiern. Meine Eltern hatten es kurz vorher gelernt und ich wollte auch unbedingt auf den Brettern stehen.

Sie kommen aus dem Sauerland. Sind Sie dort Ski gefahren?

Da musste man nach Winterberg. Oder direkt ins Allgäu. Als ich zehn war, wurde im Attendorner Turnverein eine Skiabteilung gegründet und ich wurde gefragt, ob ich bei der Kreismeisterschaft mitfahren möchte. Ich bin sofort zweifacher Kreismeister geworden. Und dann ging es von da aus weiter zur Westdeutschen Meisterschaft nach Willingen. Da bin ich im Riesenslalom Dritter geworden. Dann war ich relativ schnell in der Förderung.

War Slalom Ihre Disziplin?

Zu Beginn ja. Als Jugendlicher ab 1976 wurde ich dann Abfahrtsläufer. Das war meine Begabung: geradeaus zu fahren, schneller zu fahren, zielorientiert, ergebnisorientiert, risikoorientiert, mit schnellen Entscheidungen. Das war meine Welt.

Im Winter waren Sie also Skifahren und im Sommer standen Sie auf dem Tennisplatz?

Während der Schulzeit wurde ich zwischen Oktober und April oft von der Schule freigestellt. Manchmal hatten wir während der Skirennen auch Lehrer im Team. Im Sommer habe ich schwerpunktmäßig Tennis gespielt.

Ihre Jugend bestand also hauptsächlich aus Sport?

Ja. Ich glaube, das erste Pils habe ich mit 18 getrunken.

Was war Ihr größter sportlicher Erfolg?

Ich war mehrfacher westdeutscher Jugendmeister. Im Abfahrtslauf und im Riesenslalom. Bei den Deutschen Meisterschaften war ich mal im Abfahrtslauf unter den ersten 30, und das als Flachländer… Und ich durfte mal ein Europacup-Rennen fahren. Zwar unter ferner liefen, aber das war schon großartig. Das ist die Vorstufe zum Weltcup-Rennen. Im Tennis habe ich in meinem Heimatverein und beim TC Rot-Weiß Hagen gespielt. Bei den Herren in der Bezirksliga, bei den Jungsenioren in der Westfalenliga.

Waren Sie ein sehr ehrgeiziger Sportler?

Ja. Ich war und bin erfolgsorientiert. Im Skifahren war ich relativ talentiert, im Tennis auch, aber weniger erfolgreich. Das war dann eher reine Kopfsache, wenn der Erfolg sich nicht einstellte.

Markus Greitemann verbrachte seine Jugend auf dem Tennisplatz und auf der Skipiste.

Mit 20 wurden Sie selbst Trainer für beide Sportarten.

Ich hatte einen schweren Sturz in Garmisch-Partenkirchen. Ich bin mit über 100 km/h aus der Zielkurve geflogen, einige Zähne waren weg, die Zunge durchgebissen und Prellungen am ganzen Körper. Das war der Moment für mich, darüber nachzudenken, mit den Skirennen aufzuhören. Ich habe mein Architekturstudium vorangetrieben und dann beim Skiverband meine Trainerscheine gemacht und nachfolgend die Damenmannschaft des Westdeutschen Skiverbands trainiert. 1980 kam dann vom Westfälischen Tennisverband das Angebot, dort als Konditionstrainer anzufangen.

Mussten Sie sich jemals zwischen Tennis und Ski entscheiden?

Ich habe mich im Leistungssport zum Skifahren bekannt. Da habe ich Tennis zurückgestellt, wenn es darauf ankam. Als Trainer habe ich mich für das Konditionstraining entschieden: Ich glaube, ich war der erste Konditionstrainer im Westfälischen Tennisverband überhaupt. 1985 habe ich als Skitrainer aufgehört. Die zeitliche Belastung neben dem Studium wurde einfach zu hoch. Das war es sowieso schon: Tagsüber habe ich gearbeitet, abends habe ich von 17 bis 21 Uhr im Leistungszentrum in Kamen trainiert, an den Wochenenden standen dann Turniere an und meine Urlaube bestanden aus Trainingslehrgängen. Ich habe seitdem in meinem Leben selten unter 60 Stunden in der Woche gearbeitet, eher regelmäßig mehr, weil ich in jeder Phase das Glück hatte, mein Hobby zum Beruf machen zu können. Dieses Privileg habe ich heute noch.

Wen haben Sie damals trainiert?

Spieler wie Jens Wöhrmann, Karsten Braasch, Michael Schmidtmann oder den jetzigen Daviscup-Chef Michael Kohlmann. Bei einem Lehrgang mit Jugendlichen zwischen 14 und 18 war damals auch eine Anke Huber dabei. Dann bin ich zu Rot-Weiß Hagen gewechselt und habe die Herrenmannschaft für die Bundesliga fit gemacht. Der größte Erfolg mit der Mannschaft war die Deutsche Vizemeisterschaft.

Wie kann man sich so ein Konditionstraining im Tennis vorstellen?

Das findet vornehmlich in der Halle, im Wald oder im Kraftraum statt, viel Lauftraining, viel Training für die Beweglichkeit zur Verletzungsprophylaxe. Wir waren auf Lehrgängen im ehemaligen Jugoslawien, auf Mallorca oder in Oberstdorf. Das war dann wirklich hartes Konditionstraining. Ich war bekannt als der ‚Schleifer von Kamen‘.

Was haben Sie dort gelernt?

Sehr vieles, vor allem in so jungen Jahren. Ich habe gelernt, zu führen, vor allem ergebnis- und leistungsorientiert. Ich habe viel davon mit in mein Berufsleben genommen.

Zum Beispiel?

Ich finde raus, was für Stärken und Schwächen die Menschen haben, mit denen ich zusammenarbeite. Dann sehe ich es als meine Aufgabe, deren Potenziale herauszuholen, die Stärken zu stärken und die Schwächen ein bisschen zu beseitigen. Fehler erkennen, lernen diese anzunehmen und dann bereit sein, sich zu verbessern, das ist eine der wichtigsten Aufgaben als Coach oder Führungskraft, dies zu vermitteln.

Boris Becker war 17, als er 1985 das erste Mal Wimbledon gewonnen hat. Sie waren damals 25.

Das hat dem Tennis damals natürlich einen unheimlichen Push gegeben, auch den Jugendlichen. Seitdem hat sich Tennis aber sehr verändert. Es ist athletischer und viel schneller geworden.

Was präferieren Sie: Rasen oder Asche?

Asche. Am besten war ich allerdings in der Halle auf dem Hartplatz. Ich war läuferisch sehr gut und hatte einen guten Aufschlag. Bei den Profis schaue ich gerne die French Open, da sieht man auf dem Sandplatz die technischen Feinheiten. Aber eigentlich gucke ich gerne Tennismatches auf jedem Belag, wenn ich überhaupt die Zeit habe – lieber als Fußball. Jetzt ist Wimbledon angesagt und manchmal nachts die US Open oder die Australian Open.

Wer ist Ihr Lieblingsspieler?

Mein Lieblingsspieler war tatsächlich John McEnroe. Weil der so emotional ist. Ich war auf dem Tennisplatz auch sehr emotional. Das merkt man heute in meiner Rolle als Baudezernent nicht mehr so. Da wundern sich viele, dass ich immer analytisch vorgehe und kontrolliert bin. Aber auf dem Tennisplatz oder auf der Skipiste war ich nicht besonders verträglich. Wenn mir Schiedsrichterentscheidungen nicht passten oder ich mit meiner eigenen Leistung nicht zufrieden war, kamen auch mal verbale Ausbrüche. Verlieren war nicht meine Welt, das musste ich im Sport lernen und profitiere heute noch davon.

Welchen Sport betreiben Sie heute noch?

Ich gehe regelmäßig joggen. Aber ich bin jetzt 64 und merke die Knochen. Ich kann aber immer noch besser Skifahren als geradeaus laufen. Das verlernt man einfach nicht.


Zur Person

Markus Greitemann wurde 1960 in Attendorn im Sauerland geboren. Er studierte in Berlin und Dortmund Architektur. Im Anschluss war er in verschiedenen Unternehmen tätig, etwa als Projektleiter eines Landschaftsarchitekturbüros und bei einem international agierenden Heizungs- und Sanitärtechnikunternehmen als Betriebsleiter und Kopf des Gebäudemanagements in Personalunion.

2010 wurde Markus Greitemann Dezernent des Gebäude- und Liegenschaftsmanagements der Universität zu Köln. Seit 2018 ist er Baudezernent der Stadt Köln.

Greitemann hat eine erwachsene Tochter. Mit seiner Frau lebt er in Sürth.