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Cold Cases KölnErmittler prüfen alte Fälle – Wer hat 16-jährige Seckin getötet?

Lesezeit 4 Minuten
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Am einem Feldrand an der Wahnheider Straße in Poll wurde die ermordete 16-Jährige Seckin Caglar entdeckt. 

Köln – „Cold Case. Kein Opfer ist je vergessen“, heißt eine amerikanische Krimiserie. Der Satz gilt auch für die Mordermittler im Kölner Polizeipräsidium. Derzeit wühlen sich die Beamten durch Aktenberge und gehen ungeklärten Mordfällen nach. Seit 1970 gibt es genau 195 ungeklärte Verbrechen in Köln und dem Umland, die nun von Ermittlern des Düsseldorfer Landeskriminalamt noch einmal angeschaut werden. Nach einer Analyse wird entschieden, ob ein Fall noch einmal aufgerollt wird.

Ermittler der Spurensicherung untersuchten den Fundort der Leiche akribisch.

Fall um Seckin Caglar wird neu untersucht

Ein Verbrechen, dass sich die Fahnder noch einmal anschauen, ist der Fall der ermordeten 16-jährigen Seckin Caglar. Das Mädchen war am 17. Oktober 1991 tot am Feldrand in Poll aufgefunden worden. Der Täter hatte sie nahe der KVB-Haltestelle „Poll-Autobahn“ in ein Gebüsch gezerrt und vergewaltigt. Danach erwürgte der Angreifer sein Opfer. Der Fall hatte Entsetzen ausgelöst und bewegte die Mordkommission noch immer.

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Wurde Opfer Opfer eines Gewaltverbrechens: Seckin Caglar 

Die Hoffnung der Ermittler: dass es durch moderne DNA-Analysen noch gelingt, den Täter zu finden. Möglicherweise helfe auch die Berichterstattung in den Medien, den Täter zu finden. Möglicherweise will der Mörder endlich sein Gewissen erleichtern, heißt es seitens der Polizei. Auch Zeugenangaben seien weiter wichtig: „Vielleicht traut sich jemand nach den ganzen Jahren zu reden“, sagt der langjährige Mordermittler Markus Weber. Der 59-Jährige leitet die Aufarbeitung der „kalten“ Mordfälle und sammelt mit einer Kollegin gerade die Akten zusammen, um sie dem Landeskriminalamt zu überreichen.

Der Weg von der Arbeit endete tragisch

Die ermordete 16-Jährige hatte am 16. Oktober 1991 um 18.40 Uhr ihre Arbeitsstelle an der Siegburger Straße verlassen und wurde danach vermisst. Üblicherweise fuhr die junge Türkin mit der Linie 7 von der Station „Salmstraße“ bis „Poll-Autobahn“ um von dort zur Wohnung der Eltern zu gehen. Doch dort kam die 16-Jährige nicht an. „Sie ist einem Sexualverbrechen zum Opfer gefallen“, betont Ermittler Weber. In den vergangenen Jahren habe es immer wieder polizeiliche Ermittlungen in dem Fall gegeben – aber ohne Erfolg. Weber nennt es „Überprüfungsaktionen“. So wurden DNA-Spuren nochmals in Datenbanken eingespeist – aber auch hier: kein Treffer. Dennoch geben die Ermittler nach den vielen Jahren nicht auf: „Es gibt erfolgversprechende Spuren“, verrät Weber, ohne Details zu nennen.

Diese Zeugin soll Wissen über den Mörder haben.

Doch schon damals hofften die Beamten auf einen Durchbruch bei ihren Recherchen. Sieben Jahre nach dem Sexualmord verfolgte die Kripo eine wichtige Spur. Der Polizei lag ein Foto einer Zeugin vor, die unmittelbar nach dem Verbrechen anonyme Schreiben unter der Wohnungstür der Familie Caglar durchgeschoben hatte, in denen sie erklärte, den Mörder von Seckin zu kennen. In den Briefen gab sie an, sie habe große Angst und traute sich nicht, zu Polizei zu gehen. Doch obwohl ein Foto der Frau veröffentlicht wurde, gab keinen entscheidenden Hinweis.

Ein weiterer möglicher Fall für die „Cold Case“-Ermittler ist der Mord an einem Kölner Taxifahrer im Dezember 1999: Es sollte die letzte Fahrt in dieser Nacht für Hüseyin Karakas werden. Am Deutzer Bahnhof stiegen um 1.10 Uhr zwei Fahrgäste in das Taxi des 56-jährigen Türken ein - mehr als zwei Stunden später wurde die Leiche des Taxifahrers an der Severinsbrücke entdeckt. Bis heute ist der Mörder nicht gefasst.

Alt-Ermittler

Kölner Mordermittler steigen in diesen Tagen sprichwörtlich tief in den Keller und holen verstaubte Akten und Asservate ans Tageslicht. Hintergrund der aufwendigen Aktion ist ein ehrgeiziges Vorhaben, von Innenminister Herbert Reul (CDU). Demnach sollen 28 pensionierte Alt-Ermittler eingestellt werden, die sich mit den „Cold Cases“-Fällen befassen. „Wir suchen Leute mit einer noch immer guten Spürnase, die Lust haben, jeden Stein noch einmal umzudrehen“, hatte Reul gesagt. Wer in Köln wiedereinsteigt, ist noch offen.

Als Cold-Case-Ermittlungen werden neue polizeiliche Ermittlungen in einem bisher ungeklärten Kriminalfall bezeichnet. Weil sich die Kriminaltechnik ständig weiterentwickelt, beispielsweise die DNA-Analyse, können „kalte“ Mordfälle mitunter auch nach Jahrzehnten noch aufgeklärt werden. Für Morddelikte gilt keine Verjährungsfrist. (ta)

Die Ermittler der Sonderkommission „Taxi“ vernahmen in den ersten Monaten nach dem Mord 184 Zeugen, überprüften 108 Spuren und Hinweise. Die Kriminalfall füllt zehn Aktenordner mit rund 3700 Seiten. Doch aller Aufwand brachte die Polizei nicht entscheidend weiter. Ein Fall, der die Ermittler bis heute zermürbt. Doch die Beamten wollen die Waffen nicht strecken. „Alle ungeklärten Mordfälle werden in regelmäßigen Abständen neu bearbeitet“, sagte schon damals ein Polizeisprecher

Ein Kölner (38) hatte in der Nacht zum 19. Dezember 1999 die grausige Entdeckung gemacht: Gegen 3.20 Uhr war der Mann nach einer Weihnachtsfeier zu Fuß in Deutz auf dem Heimweg. Als er an dem halbdunklen Parkplatz unterhalb der Severinsbrücke vorbeikam, entdeckte er dort das beigefarbene Mercedes-Taxi mit eingeschalteten Standlicht. Hinter dem Steuer der Taxifahrer lag Hüseyin Karakas – mit einer stark blutenden Wunde. Schwer verletzt kam das Opfer ins Krankenhaus. Sein Leben konnten die Ärzte nicht retten. Der Mörder hatte dem Opfer in den Hinterkopf geschossen.