Im Kölner Norden hakt es im ÖPNV an vielen Stellen. Bezirksvertreter beantragten daher einen Runden Tisch. Im Interview sprechen sie über die Gründe.
Kölner NordenÖPNV in Chorweiler – Ein Runder Tisch soll’s richten
Den Antrag auf einen Runden Tisch haben ihre Fraktionen gemeinsam gestellt – warum?
Daniel Kastenholz (CDU): Wir haben eben das gleiche Interesse bei diesem Thema, das brennt allen unter den Nägeln.
Inan Gökpinar (SPD): Die Idee kam tatsächlich aus der Seniorenvertretung. Wenn wir auf die vergangenen Jahre zurückblicken, haben wir schon oft gemeinsam Anträge gestellt, wenn es um den gesamten Bezirk ging.
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Wolfgang Kleinjans (Grüne): Beim Thema ÖPNV versuchen wir am gleichen Strang zu ziehen, weil die Probleme ja nicht kleiner werden. Nicht nur die S-Bahn, auch immer mehr Busse fallen aus, das war früher nicht so.
Runder Tisch zur Verbesserung des ÖPNV in Chorweiler
Wer soll beteiligt sein und welcher Zielsetzung soll der Runde Tisch dienen?
Kastenholz: Wir wollen nicht nur die Verwaltung und die KVB an den Tisch bringen, sondern auch die DB Regio und die go.Rheinland. Die S-Bahnlinien sind für den Bezirk sehr wichtig und eben da haben wir diese extremen Ausfallquoten. Es geht nicht darum, Schuldige zu finden, sondern wir wollen vorwärtskommen. Natürlich wissen wir: Mehr zu fordern ist schwierig, gerade zurzeit, aber wenn wir die vorhandenen Strukturen besser organisieren könnten, wäre das ein großer Schritt. Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit, das wäre das Ziel.
Gökpinar: Der Mobilitätsdezernent Ascan Egerer spielt ebenfalls eine zentrale Rolle, da er auch im Aufsichtsrat der KVB sitzt. Wir müssen unsere jeweiligen Fraktionen im Rat unter Druck setzen.
Unter Verspätungen und Ausfällen im ÖPNV leidet ja das ganze Stadtgebiet. Worin bestehen die spezifischen Probleme in Chorweiler?
Kleinjans: Unsere Situation ist nicht vergleichbar mit der in der Innenstadt. Dort geht man zu Fuß, wenn eine Linie ausfällt, oder fährt mit dem Fahrrad – das ist hier aber nicht möglich, die Wege sind wesentlich weiter. Von Chorweiler bis Worringen, das zieht sich. Es fehlen auch die Querverbindungen zwischen den Stadtteilen, die Buslinien laufen alle am zentralen Bahnhof Chorweiler zusammen.
Lilo Heinrich (parteilos): Die Rheindörfer etwa sind noch weiter abgeschnitten, wenn man kein Fahrzeug hat, kommt man dort gar nicht weg. Das kann es nicht sein, es ist ein Stück Lebensqualität, das da verloren geht.
ÖPNV-Probleme: Auswirkungen auf den Kölner Norden
Wie wirkt sich das konkret auf die Menschen im Norden aus?
Gökpinar: Ich weiß von drei Escher Familien, die ihre Kinder während des Köln-Marathons anfeuern wollten. Von Esch bis in die Innenstadt haben sie geschlagene zwei Stunden und zehn Minuten gebraucht. In der Zeit bin ich mit dem Auto locker in Mainz.
Kleinjans: Kindern sagt man, wenn der Bus nicht fährt, fährst du eben mit dem Fahrrad zur Schule. Wenn ich aber in Esch wohne und zum Gymnasium in Pesch will, fahre ich über unbeleuchtete Strecken. Das gibt es in der Innenstadt nicht.
Klaus Hebert-Okon (Linke): Viele Berufstätige richten sich schon auf die Unzuverlässigkeit ein und fahren ein, zwei Bahnen früher los, denn sie könnten ja zu spät kommen. Auf der Arbeitgeberseite gibt es kein Verständnis dafür, die reagieren dann mit Abmahnungen. Das ist natürlich gerade für Familien eine schwere Situation, die Kinder in die Kita bringen müssen. Wenn Bus und Bahn so unzuverlässig sind, haut das nicht hin.
Kleinjans: Wir haben im Bezirk kein Krankenhaus, ebenfalls kein Geheimnis ist der Mangel an Fachärzten in unserem Bezirk. Medizinische Einrichtungen sind für die meisten nur mit Bus und Bahn zu erreichen.
Kastenholz: Im Endeffekt sitzt der ÖPNV an der Wurzel aller Probleme. Wir haben gerade über das Straßenbaumkonzept gesprochen, durch das viel Parkraum wegfallen würde – warum ist das ein Problem? Weil die Leute ihre Pkw nicht abschaffen können. Mittelfristig brauchen wir aufgrund von Kreuzfeld und den übrigen Neubaugebieten dringend einen dichter ausgebauten ÖPNV, sonst wird es nichts mit der Klimaneutralität.
Auf welches Echo stoßen Sie mit ihren Bemühungen um den ÖPNV?
Kastenholz: 2021 haben wir aus eigener Initiative einen Entwurf geliefert, wie man die Buslinien im Bezirk neu organisieren könnte. Da wurde uns schlicht gesagt, die Nutzerzahlen seien zu niedrig – aber wenn die Leute sich nicht auf den Bus verlassen können, nutzen sie ihn eben auch nicht.
Gökpinar: Unsere Beschlüsse werden ignoriert, sowohl vom Aufsichtsrat der KVB, als auch vom Stadtrat. Manchmal hat man das Gefühl, dass die Verwaltungsvertreter unseren Stadtbezirk und seine Stadtteile nicht kennen und sich nie damit auseinandergesetzt haben.
Kleinjans: Beim Bürgerhaushalt haben wir Geld in die Hand genommen und gesagt: Bitte analysiert mal, wie man die Linie 12 verlängern kann. Davon haben wir nie wieder etwas gehört. Aber wir müssen dranbleiben, wir müssen die Entscheider zu uns in den Bezirk holen, damit sie selbst einmal die Erfahrung machen, drei Stunden Verspätung zu haben.
Gökpinar: Darum suchen wir den Schulterschluss, auch mit anderen Institutionen, wie der Seniorenvertretung. Ich würde es auch begrüßen, wenn die Bürger ein Zeichen setzen würden, wie im vergangenen Jahr, als es um den Zustand der Schulen ging.
Heinrich: Wenn wir etwas erreichen wollen, müssen wir das gemeinsam tun, als Einzelkämpfer richtet man nichts aus.