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AnalyseWas einer Stadt wie Köln große Turniere überhaupt bringen

Lesezeit 4 Minuten
Das Wintermärchen 2007: Die deutschen Handballer um Trainer Heiner Brandt (l.) werden in Köln Weltmeister.

Das Wintermärchen 2007: Die deutschen Handballer um Trainer Heiner Brandt (l.) werden in Köln Weltmeister.

Profitieren Städte von großen Sportturnieren oder dem Label Sportstadt? — Eine Analyse zum Abschluss unserer Sportserie aus Köln.

Tokio ist die Nummer eins. Zum ersten Mal. New York, zuletzt immer ein Kandidat für die Spitzenposition, ist auf Rang fünf abgerutscht, London und Los Angeles belegen die Ränge zwei und drei. Das in der Schweiz beheimatete Kommunikationsunternehmen BCW Sports erstellt seit Jahren ein Ranking der bedeutendsten Sportstädte der Welt. München (Rang elf) und Berlin (Rang 17) sind die einzigen deutschen Vertreter unter den Top-50. „Es geht um Wahrnehmung. Was denken die Leute? Unsere Welt der Kommunikation ist darauf ausgelegt, wie Menschen etwas wahrnehmen. Und wie man diese Wahrnehmung ändern kann“, sagt Lars Haue-Pedersen, Geschäftsführer des Unternehmens.

DBB wertet Erfolg und Einfluss aus

Im Konzert der Weltstädte spielt Köln sportlich eher in der zweiten Liga. National ist das anders. Als sich die deutschen Basketballer im September bei der Europameisterschaft in einen Rausch spielte, bot Köln den stimmungsvollen Rahmen für die sportlichen Höchstleistungen. „Die Basketball-EM war unfassbar stark. Wir haben weltweit rund eine Milliarde TV-Kontakte erzielt“, freut sich Stefan Löcher, Geschäftsführer der Lanxess-Arena. Aber wie profitiert eine Stadt davon? Profitiert sie überhaupt? Genau dies ist Inhalt einer Untersuchung des Deutschen Basketball-Bundes (DBB), die Ergebnisse sollen in Kürze offiziell vorgestellt werden, Stefan Löcher hat bereits eine Vorahnung und sagt nur ein Wort: „Mega.“

Die Herausforder- ungen werden größer, andere Städte haben den Faktor Sport erkannt, dessen müssen wir uns bewusst sein.
Stefan Löcher, Lanxess-Arena

Kurz vor Weihnachten werden dieses Jahr die Gruppen für die Fußball-Europameisterschaft 2024 ausgelost - Köln ist einer von zehn Austragungsorten, fünf Begegnungen werden hier gespielt. „Bei solchen Turnieren ist die Imagewirkung wichtiger als die wirtschaftliche Auswirkung. Katar war für uns sozusagen eine Steilvorlage. Jetzt kann wieder Fußballbegeisterung entstehen. Wir werden uns als wunderbare Gastgeber präsentieren“, ist sich Kölntourismus-Chef Jürgen Amann sicher. Doch natürlich geht es auch ums Geld.

Wie die Hotellerie profitiert

Sportveranstaltungen lassen sich direkt an Übernachtungszahlen in Kölner Hotels ablesen. Bei der Basketball-EM nächtigten rund 3000 Fans aus Litauen in Köln, selbst beim Final-4 der besten europäischen Handball-Teams verzeichnete Köln im Juni rund 13 000 ausländische Fans, die mindestens einmal in der Stadt übernachtet haben. Für kommenden Sommer wünscht sich der EM-Beauftragte Hans Stommel Köln als „Zentrum der Fans“, sozusagen als nationales Epizentrum der Fußballbegeisterung.

Nicht nur Köln nennt sich gerne Sportstadt, auch München, Hamburg und Berlin werben mit diesem Label. Warum auch nicht, der Begriff ist nicht geschützt, ebensogerne lässt sich Köln als Karnevalshochburg feiern. Längst stehen in Deutschland nicht mehr die großen internationalen Sportereignisse im Mittelpunkt. Nach der gescheiterten Bewerbung für die Olympischen Spiele 2024 hat sich Hamburg die Taktik geändert und sich für eine „Active City Strategie“ entschieden, stellt Sportökonom Henning Vöpel, Direktor des Centrums für Europäische Politik, fest. Stadtentwicklung werde an der Lebensqualität gemessen, dies finde auch international Beachtung. Nebenbei lohne sich der sportliche Ehrgeiz auch finanziell. Laut Vöpel erzeugt der Wirtschaftsfaktor Sport in Hamburg mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr an Wertschöpfung.

Köln muss auf der Hut sein, um den Anschluss zu halten

Und Köln? Die Stadt hat nicht nur viele Grünflächen, die Platz für Sport und Bewegung bieten, sondern auch ein Stadion und die größte Multifunktionshalle des Landes. Gerade erst konnten die Arena-Verantwortlichen das Final-4-Turnier der besten deutschen Handball-Teams nach Köln holen und Hamburg ausstechen. Dafür hatte Köln bei der Bewerbung um die Eishockey-WM 2027 das Nachsehen. Gespielt wird nun in Mannheim und Düsseldorf. „Die Herausforderungen werden größer, andere Städte haben den Faktor Sport erkannt, dessen müssen wir uns bewusst sein. In Zukunft müssen wir hellwach sein, ansonsten verlieren wir an Bedeutung“, mahnt Arena-Chef Stefan Löcher.

Dreimal wurde in jüngerer Vergangenheit die Eishockey-WM in Köln ausgetragen, die deutschen Handballer holten 2007 in Köln den Weltmeistertitel - die Musik zu dieser Sportromanze hatten die Höhner mit „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ komponiert. Wer sich dieser Tage in der ARD-Mediathek die Dokumentation zur „Tour de France“ anschaut, entdeckt Bilder vom Tourstart 1965. In Köln. Das Peloton rollt über den Rhein, im Jahr 2002 machte der Giro d'Italia Station in Köln. Und bereits 1928 nahmen rund 300.000 Menschen beim Deutschen Turnfest in Köln teil. Das Sommermärchen 2006 wurde auch in Köln gespielt, das Jahr 2024 wird zunächst mit Spielen der Handball-EM in Köln eröffnet.

Hat die Lanxess-Arena durch Sportveranstaltungen schon mal Verlust gemacht? „Nein, bislang nicht. Wir gehen finanziell ins Risiko, um solche Turniere nach Köln zu holen. Aber wir haben uns als Sportarena eine Marke aufgebaut, auch die Stadt macht bei Großveranstaltungen einen guten Job“, lobt Löcher.