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Allein im Hochschul-DschungelWie Kölner Studierende unter der Corona-Situation leiden

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Die Universität zu Köln

Überquert man den Albertus-Magnus-Platz fällt vor allem eins auf: Es ist niemand da. Niemand sitzt quatschend auf dem Mäuerchen vorm Universitätsgebäude, trinkt Kaffee vor der Bibliothek oder verzehrt das leckere Bananenbrot aus der Philosophikum-Cafeteria. Wie im Berufsleben hat die Pandemie auch Studierende in die eigenen vier Wände zurückgedrängt.

„Es ist für mich nicht so richtig greifbar, dass ich tatsächlich studiere“, erzählt Elias Scholz im Gespräch. Der 21-Jährige ist Erstsemester an der Uni Köln, normalerweise eine aufregende Lebensphase voller neuer Freiheiten. Doch nicht zu Corona-Zeiten: Für Elias gibt es statt ereignisreicher Ersti-Wochen und Mensaessen bloß zahlreiche Stunden vor dem Laptop und die stetig gleichbleibende Wand in seinem Schlafzimmer. Er ist für sein Sonderpädagogik-Studium extra nach Köln gezogen, ursprünglich kommt er aus einer Gemeinde in der Nähe von Ravensburg.

Wenig Infos und viele ungeklärte Fragen

Den Uni-Start unter Corona-Bedingungen beschreibt der 21-Jährige als „eher holprig“. Viele Informationen seien schwer zu finden gewesen und einige Fragen blieben lange ungeklärt. „Am Anfang habe ich außerdem sehr viel vor mir hergeschoben, weil ich mir meine Aufgaben und Seminare selbst einteilen kann.“ Inzwischen läuft das besser: Elias erstellt sich abends einen Zeitplan, damit er genau weiß, welche Lerninhalte er am nächsten Tag schaffen möchte. Außerdem geht er regelmäßig joggen oder meditiert, um mehr Struktur in seinen Alltag zu bringen.

Tipps und Hilfen

Durch Hilfsangebote versucht die Uni Köln, den Schwierigkeiten eines Digitalstudiums entgegenzuwirken. So gibt es beispielsweise Erklärvideos auf der Internetseite für Erstsemester oder Online-Sprechstunden der Zentralen Studienberatung. Ab April 2021 ist außerdem ein „Ersti-Cafe“ über Zoom geplant, wo sich Studierende austauschen und neue Kontakte knüpfen können.

Verschiedene Fachschaften haben außerdem probiert, die traditionelle „Ersti-Woche“ durch eine digitale Version mit Online-Spieleabenden und Frage-Runden zu ersetzten. Auch im sportlichen Bereich gibt es Möglichkeiten der Zerstreuung: Uni- und Hochschulsport bieten verschiedene Fitness- und Bewegungskurse über Zoom oder YouTube an. (row)

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Letztlich sei das alles aber eher eine Notlösung. „Mir fehlt einfach die Struktur, zum Beispiel, dass ich regelmäßig in die Uni gehen muss“, so der 21-Jährige.

Meret Kaarz ist ebenfalls neu in der Stadt. Die 23-jährige Psychologie-Studentin ist im Herbst 2020 für ihren Master von Maastricht nach Köln gezogen. Mit dem digitalen Unterricht kommt sie ganz gut zurecht, dafür fehlt ihr aber das vertraute Umfeld aus Freunden. Ein paar ihrer neuen Kommilitonen habe sie zwar schon getroffen, einmal auch durch Zufall. „Ich wurde von einem Mädchen angeschrieben, mit dem ich ein Seminar zusammen habe“, erzählt sie lachend. „Die hatte mich beim Spazierengehen in meiner Nachbarschaft erkannt. Danach sind wir ein paar Mal zusammen rausgegangen.“ Das sei auf jeden Fall besser als nichts und dennoch ist es eine andere Art des Kennenlernens: Meret vermisst Hochschulsport, lange Abende im Park oder ausgelassene Partys in heruntergekommenen Kellerclubs – eben die Momente, die eine Freundschaft in der frühen Phase zusammenschweißen.

63 Prozent der Studierenden mit Problemen

Meret und Elias sind mit ihren Ansichten nicht alleine. Einer Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) zufolge fällt 62 Prozent der befragten Studierenden die Tagesstrukturierung während der Pandemie eher schwerer als sonst. Auch der soziale Aspekt ist ein Problem: Mehr als vier Fünftel der Befragten gaben an, dass der Kontakt zu anderen Studierenden tendenziell schwieriger geworden sei.

Im März hatten die beiden Prüfungsphase, keine ihrer Klausuren fand im Präsenzformat statt. „Bei der einen Prüfung musste ich mich zwar zu Kontrolle selbst mit dem Handy filmen“, so Meret. Bei vielen anderen Prüfungen durften aber Unterrichtsmaterialien genutzt werden. Inhaltlich fühlten sich die beiden ganz gut vorbereitet, das Lernmaterial sei in den meisten Fällen verständlich vermittelt worden. „Trotzdem bin ich mir nicht sicher, wie viel ich tatsächlich aus dem Digitalsemester mitnehme“, resümiert Elias. „Mir fällt das eigenständige Lernen einfach schwer, ich bin nicht der selbststrukturierte Typ.“

Endlich die Kommilitonen kennenlernen

Er freut sich auch darauf, die Hörsäle der Uni bald auch mal von innen zu sehen, die Kölner Clublandschaft zu erkunden und endlich seine Kommilitonen kennenzulernen. Wann genau das wieder möglich sein wird, ist offen.

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Die Uni Köln plant das kommende Semester, das in dieser Woche beginnt, erneut als Hybrid-Semester mit der Option, jederzeit auf rein digitalen Unterricht umzusteigen. Für die Studierenden bedeutet das zusätzliche psychologische Belastungen und Unsicherheit: Laut der Umfrage des DZHW gehen viele von ihnen davon aus, dass die Pandemie ihre Studienzeit verlängern wird. Auch finanzielle Probleme kommen dazu, denn Nebenjobs wie kellnern fallen derzeit häufig weg. Gerade dieser Punkt führt laut der Studie auch zu einem erhöhten Risiko des Studienabbruchs. Für ganz konkrete Folgen fehlen aktuell allerdings noch die entsprechenden Zahlen.