Köln – Es ist eine Form der Verkehrswende – allerdings hin zum Schlechten. Corona schwächt den öffentlichen Personennahverkehr. Haben 2019 noch 256 Millionen Fahrgäste die Busse und Bahnen der Kölner Verkehrs-Betriebe genutzt, so waren es im 2020 nur noch 168 Millionen Fahrgäste. Schlimmer noch: Langsam aber sicher geht die Zahl der Stammkunden zurück. Bisher kündigten rund 13 000 Abo-Kunden bei den KVB. Da braucht es Gegenstrategien. Seit Beginn der Pandemie beraten sich die Verkehrsbetriebe im Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) im Zweiwochenrhythmus. Heute nun legen sie ihrer Verbandsversammlung ein Strategiepapier vor: Mit vier Punkten.
Sascha Triemer ist der Leiter der Abteilung Vertrieb und Tarif beim VRS. „Uns geht es wie allen“, sagt er. „Wir fahren in dieser unabsehbaren Lage auf Sicht.“ Jede neue Coronaverordnung habe zumeist auch die Verkehrsbetriebe wieder vor neue Tatsachen gestellt.
Pfadabhängigkeit
Roman Suthold, Verkehrsexperte des ADAC Nordrhein gibt zu bedenken: „Eine Änderung des Mobilitätsverhaltens ist schwer zu erreichen.“ Pendler seien in der Pandemie mit Vorliebe auf E-Mobilität umgestiegen.
Unternehmen hätten Mitarbeiter bei der Anschaffung eines E-Bike unterstützt. Die staatlichen Prämien hätten den Kauf eines E-Autos attraktiv gemacht. „Gerade mit dem Kauf eines Autos begibt man sich in eine gewisse Pfadabhängigkeit“, so Suthold.
Die Verkehrsbetriebe müssten große Anstrengungen unternehmen, solche ehemaligen Kunden zurückzugewinnen. (ngo)
„Man wirft uns oft Behäbigkeit vor, aber in der Pandemie haben wir uns wirklich häufig zusammengesetzt und reagiert“, so Triemer. Er geht davon aus, dass die Arbeitswelt nach Corona nicht mehr die selbe sein wird, wie vorher. Unter anderem Homeoffice werde sicherlich fester Bestandteil bleiben. „Dass wir darum nachbessern müssen, diese Ansicht teile ich“, sagt der Abteilungsleiter.
Ein Dankeschön für treue Kunden
Die Idee ist nicht neu. Bereits im vergangenen Sommer gab es eine „Sommerferienaktion“. „Selten haben wir auf ein Angebot, eine so positive Resonanz bekommen“, sagt Triemer. Darum nochmals: Alle Abokunden können vom 3. Juli bis zum 17. August auf ihrem Ticket einen Erwachsenen sowie drei Kinder von sechs bis 14 Jahren mitnehmen. Abos, die auf Tarifzonen begrenzt sind, gelten in diesem Zeitraum netzweit. Ein Familienfahrausweis in den Ferien soll so entstehen.
Ein Abo zum Reinschnuppern
Neukunden können eine Probezeit von drei Monaten nutzen. Wenn sie das Ticket nicht wollen, kann es einfach zurückgegeben werden. „Sind die drei Monate abgelaufen, wenden wir uns an den Kunden und fragen, ob er ins Regelabo übergehen will“, so Triemer. Doch wann das Schnupperabo kommt, ist noch offen. Triemer: „Wir befinden uns zurzeit in einer Phase der Pandemie, in der wir keine Anreize zu mehr Kontakten durch Bus- und Bahnfahrten geben sollen.“
Das Abo darf wieder ruhen
Das Angebot, das im Frühjahr 2020 fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit unterbreitet wurde, kehrt zurück: Das Aboticket kann für einen selbst festgesetzten Zeitraum ruhen. „Damals war das eine Kulanzregelung. Das war nirgends nachzulesen. Jetzt nehmen wir das richtig in die Tarifbestimmungen auf“, erklärt Triemer. Das Ticket wird in der Ruhephase an die KVB geschickt. Nach dem festgelegten Zeitraum bekommt der Kunde es zurück. Verlängerung der Ruhephase ist möglich.
Der Chef zahlt mit
Bisher zahlen für ein Jobticket alle Mitarbeiter eines Betriebs anteilig, egal wie viele es nutzen. Das neue Angebot: Nur die Nutzer zahlen und die Firmenleitung bezuschusst das Jobticket mit einem Beitrag.