50 Jahre „Tatort“Sieben Kölner Geheimnisse zum Jubiläum der Krimi-Reihe
Lesezeit 5 Minuten
Köln – Bei der echten Polizei hätte es längst eine heftige Rangelei um Zuständigkeiten und Kompetenzen gegeben. Ganz offiziell ist Köln natürlich das Gebiet der Kommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Alfred Schenk (Dietmar Bär), Mordkommission. Wenn Schenk gemächlich in seinem Cadillac Eldorado über die Severinsbrücke gleitet und die Kamera über die Kranhäuser und den Rheinauhafen schwenkt, dann ist das fernsehtechnisches Revierverhalten. Doch in Köln ermitteln schon seit Jahren diverse andere Tatort-Teams, sogar Schimanski jagte hier Verbrecher. Zum Tatort-Jubiläum decken wir sieben Geheimnisse auf:
Das Wohnhaus der beiden Ermittler aus Münster
Mindestens einmal im Jahr beziehen Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Rechtsmediziner Prof. Dr. Dr. Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) die Erdgeschosswohnungen eines Mehrfamilienhauses in der Siebengebirgsallee in Klettenberg. Thiel links, Boerne rechts. Offiziell leben beide in Münster, aber das Fernsehen nimmt es nicht so genau mit Ortsgrenzen. An den Drehtagen stehen natürlich Autos mit Kennzeichen aus Münster vor der Tür, aber wer genau aufpasst, kann in den Tatorten aus Münster mitunter die bunten Lichter des Biergartens aus dem Petersberger Hof entdecken, der sich etwa 100 Meter vom Haus entfernt befindet. Früher wohnten Kommissar und Rechtsmediziner übrigens in einem Haus am Leipziger Platz in Nippes.
Drei Ermittler-Teams, ein Produktionsgelände
Die Kommissare aus Köln, Münster und Dortmund arbeiten in Wirklichkeit Tür an Tür. In den WDR-Studios in Bocklemünd sind die Kommissariate aufgebaut worden. Hier käbbelt sich der rücksichtslos-derbe Peter Faber (Jörg Hartmann) mit seiner Kollegin Martina Bönisch (Anna Schudt), nebenan steht der Schreibtisch von Thiel. Aus Kostengründen werde so viel wie möglich in Köln gedreht, heißt es beim WDR. Manchmal ist Köln aber auch woanders. Zum Beispiel in Düsseldorf. Für die Folge „Weiter, immer weiter“ (2019) wurde das Kölner Hotel Qvest im Gereonsviertel kurzerhand nach Düsseldorf verlegt. Die lokal aufbrausende Empörung konterte die Produktionsfirma mit dem Hinweis, außerhalb der Stadt wisse das kaum jemand.
Schon das Ruhrpott-Original Horst Schimanski fluchte und ermittelte sich quer durch Köln. In „Asyl“ (2002) diente die Europaschule Zollstock als Drehort. Für die Folge „Tod in der Siedlung“ (2007) wurde an der Haltestelle Weißhausstraße gedreht, irgendwann fuhr sogar die Linie 18 durchs Bild. Schimanski wohnte im Film sogar mal in einem Haus an der Hochbahn in Nippes, offiziell war er natürlich mit dem Pott verheiratet. Ansonsten spielten Bus und Bahn zumindest in den Kölner Tatorten nie eine entscheidende Rolle, sehr zum Leidwesen des einstigen Chefs der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB), Jürgen Fenske, der diesen Umstand einmal öffentlich beklagte. Ruhig gestellt wurde er mit einer Komparsenrolle – an der legendären „Wurstbraterei“ durfte er 2014 den Kommissaren Ballauf und Schenk die letzte Bratwurst wegessen. Nach der sechsten Bratwurst war der Regisseur zufrieden. Die Szene war endlich im Kasten.
Die Wurstbude steht nun im Freilichtmuseum
Offiziell gibt es den Tatort aus Köln seit 1997, die erste Folge hieß passend „Willkommen in Köln“. Nicht nur die Kommissare wurden Kult, auch die „Wurstbraterei“, die im Film meist am Deutzer Rheinufer stand und zum Versammlungsort nach erfolgreich gelösten Verbrechen wurde. Inzwischen steht der 1954 gebaute Imbisswagen im Freilichtmuseum Kommern. Ein letztes Mal soll die Wurstbude kommendes Jahr beim Tatort „Brennen sollst du“ zu sehen sein.
Köln und Münster mit traumhaften Quoten
„Tatort ist wie Bundesliga. Jeder hat seine Fans und seinen Stil“, hat Klaus J. Behrendt einmal festgestellt. Und der Kölner Tatort hat trotz seines eher biederen Charmes eine Menge Fans. Die beiden Kölner Folgen, die dieses Jahr ausgestrahlt wurden, landeten in der Zuschauergunst auf den Plätzen zwei und drei aller bisher im Jubiläumsjahr ausgestrahlten Tatorte. Jeweils knapp elf Millionen Menschen schalteten ein. Nur der Münsteraner Tatort „Limbus“ war mit 12,9 Millionen Zuschauern noch erfolgreicher.
Und ähnlich wie in der Fußball-Bundesliga wird hier auch manchmal provoziert und gestichelt. Als der komatöse Professor Boerne die graue Vorhölle betrat, liefen dort in einem Fernseher der Kölner Rosenmontagszug und kölsche Karnevalsmusik. Kölle und Hölle liegen manchmal nah beieinander. Kölsch spricht zwar keiner der Kölner Kommissare, dafür durften sie im Jahr 2000 mit WDR-Intendant Fritz Pleitgen mal auf einem Wagen im Rosenmontagszug mitfahren. „Wir sind in der glücklichen Lage, dass der Tatort aus Köln in der Regel tatsächlich auch zu fast 100 Prozent direkt in Köln produziert wird“, sagt Dietmar Bär, der in Köln seinen Zweitwohnsitz hat.
Klaus J. Behrendt ermittelte zuvor in Düsseldorf
Manche Dinge wären im Fußball allerdings nur schwer vorstellbar. Etwa ein Wechsel von Düsseldorf nach Köln. Für Klaus J. Behrendt bedeutete genau dies jedoch einen Karrieresprung. In acht Folgen jagte er Anfang der 1990er Jahre Mörder in Düsseldorf, dann wurde er Mordermittler in Köln. Von Beginn an dabei ist in Köln auch Joe Bausch, der den Gerichtsmediziner spielt. Im wahren Leben war der Schauspieler und studierte Mediziner bis zu seiner Pensionierung vor zwei Jahren Gefängnisarzt in der Justizvollzugsanstalt Werl.
Oldtimer als Dienstwagen sind kein Zufall
Skandalfrei blieb in 50 Jahren Fernsehgeschichte auch der Tatort nicht. In 13 Schimanski-Filmen soll die Produktionsfirma an Schleichwerbung Geld verdient haben, mehrfach waren Getränkedosen von „Red Bull“ zu sehen. Der WDR griff durch.
Seitdem sind auch die Autos der Kommissare mindestens drei Jahre alt. Freddy Schenk bezieht seine Dienstwagen laut Drehbuch aus dem Fundus sichergestellter Fahrzeuge, die einst zwielichtigen Gestalten gehörten. Am liebsten cruist er im Ami-Schlitten durch Köln.
In all den Jahren musste er dabei noch nie in einem Wohngebiet in Nippes rückwärts einparken. Wird höchste Zeit.