In „Faszination Heimat: Das Leben vor der Haustür“ schauen wir uns in der Natur vor der Haustür um. Diesen Monat: Heimische Flugakrobaten.
Faszination HeimatDer Kreis Euskirchen ist das Zuhause zahlreicher Libellenarten
Es ist ein heißer Tag an den Juntersdorfer Teichen. Die Sonne scheint, die Grillen zirpen, und Dr. Burkhard Grebe steht am Ufer eines Teiches und schaut gebannt durch sein Fernglas. Der 63-Jährige hat ein spezielles Hobby: Er beobachtet Libellen.
Als er vor etwa 30 Jahren ins Rheinland gezogen sei, habe er sein neues Zuhause und die Landschaft besser kennenlernen wollen, berichtet er über die Anfänge seines Hobbys. „Mich haben Libellen fasziniert.“ Die Insekten seien wahre Flugkünstler, und man könne sie sehr gut mit dem Fernglas beobachten.
Libellen haben ungewöhnliches Paarungsverhalten
„Da!“ Grebe deutet auf ein paar dünne Grashalme dicht am Ufer. Dort sitzt ein Gabel-Azurjungfern-Paar, das gerade das für Libellen typische Paarungsrad bildet. Bei den kleinen Azurjungfern sieht diese akrobatische Paarungshaltung aus wie ein kleines Herz.
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Das Paarungsverhalten der Libellen sei einzigartig, sagt Grebe. Die Samenübergabe finde am Hinterteil des Weibchens und relativ weit vorne am Oberkörper des Männchens statt. „Das ist völlig anders als bei anderen Insekten“, sagt Grebe. Nach wie vor werde daran geforscht, warum sich bei den Libellen dieses Paarungsverhalten entwickelt habe.
Nach erfolgreicher Paarung legen die Weibchen die Eier ins Wasser oder an ufernahen Pflanzen ab. Denn: Libellen verbringen den größten Teil ihres Lebens als Larve unter Wasser. Etwa ein Jahr dauere die Entwicklungszeit, sagt Grebe. Dann schlüpfen die Libellen. Ihre Flugzeit betrage dann meist nur einen Monat, so der Experte.
Frisch geschlüpft seien Libellen noch eher farblos und die Flügel noch milchig. Es dauere ein paar Tage, bis die Insekten voll ausgefärbt seien. Dann aber schillern sie. Viele Libellen an den Juntersdorfer Teichen sind blau oder grünlich gefärbt, doch es gibt auch schwarze und rote.
Mehr als 50 Libellenarten schon in Juntersdorf gesehen
In Deutschland gebe es etwa 80 Libellenarten, sagt Grebe. „Und hier in Juntersdorf sind immerhin schon 50 gesehen worden.“ Anders als bei anderen Insekten sei es den Libellenpopulationen in den vergangenen 50 Jahren kontinuierlich immer besser gegangen, sagt Grebe. Das liege vor allem daran, dass die Gewässer sauberer geworden seien und naturnaher angelegt werden.
Libellen mögen es warm und trocken, bei Regen sitzen sie auf Bäumen oder Gräsern. Die immer heißeren und trockeneren Sommer machen ihnen daher nicht so viel aus. Dennoch gibt es Dinge, die dem Libellen-Experten Sorgen machen: Die viele Trockenheit schade den Gewässern. Einer der Juntersdorfer Teiche drohe bereits trockenzufallen. Und: Libellen fressen kleine Insekten wie Mücken. Schreite das Insektensterben weiter voran, gehe auch ihnen irgendwann die Nahrung aus, so Grebe.
Zülpicher Experte findet Libellen faszinierend
Er stapft durch das hohe Gras entlang der Teiche, schaut immer wieder durch sein Fernglas und deutet auf etwas Schwirrendes in der Nähe: Plattbauch, Blutrote Heidelibelle, Spitzenfleck, Königslibelle, Becherjungfer, Feuerlibelle – wer genau hinguckt, kann viele unterschiedliche Libellen erkennen.
Manche davon sitzen auf dünnen Zweigen nahe am Wasser und beobachten die Umgebung, andere flitzen über die Wasseroberfläche. Das Besondere am Flug der Libellen sei, dass sie vier Flügel haben, die sie alle einzeln ansteuern können, erklärt Grebe.
Jede Libelle könne dabei jeden ihrer Flügel entweder von oben nach unten bewegen oder nach vorne drehen. Dadurch können sie abrupt die Richtung ändern oder in der Luft stehen bleiben und erreichen laut Grebe Geschwindigkeiten bis zu 30 km/h. Ein Flugverhalten, das es schwierig macht, die Insekten lange mit den Augen zu verfolgen.
Juntersdorfer Teiche sind gut zugänglich
Die Juntersdorfer Teiche seien ein idealer Ort für die Libellen-Beobachtung, sagt Grebe. Sie liegen allerdings im Naturschutzgebiet Neffelbachaue und sind nicht öffentlich zugänglich. Es gebe aber noch mehr Stellen im Kreis, an denen sich Libellen beobachten ließen, beispielsweise am Neffelsee oder am Zülpicher See, berichtet der Experte.
Grundsätzlich lohne es sich, draußen die Augen offenzuhalten: „Nicht nur an Teichen und Tümpeln gibt es Libellen, sondern auch an Bächen.“ Auch in etwas weniger sonnigen und kälteren Teilen des Kreises. Die Quelljungfer beispielsweise liebe beschattete Bäche und sei daher eher in der Eifel zu finden.
Am Neffelbach nahe der Juntersdorfer Teiche schwirren Gebänderte Prachtlibelle und Blauflügel-Prachtlibelle umher. Letztere sei die häufigste Libelle an Fließgewässern, sagt Grebe. Die Männchen sind dunkelblau-schillernd gefärbt.
Wie so oft in der Natur sehen die Weibchen nicht ganz so prachtvoll aus: Sie haben eine grünliche oder bräunliche Färbung. Grebe ist der Auffassung, dass die Weibchen trotzdem das bessere Los gezogen haben. Wer unauffällig ist, wird schließlich nicht so schnell gesehen. Und im Fall einer Libelle kann das ein längeres Leben bedeuten.
Libellen-Exkursion im August
Na, neugierig geworden? Burkhard Grebe bietet über den Naturschutzbund Euskirchen am ersten Sonntag im August eine naturkundliche Exkursion in die Schavener Heide an. „Wenn die Heide blüht, fliegen bei gutem Wetter zahlreiche Libellen an Teichen, Tümpeln und an den Wegrändern“, heißt es in der Ankündigung.
Die Führung geht von 14 bis 16 Uhr, Treffpunkt ist der Parkplatz Schavener Heide.