Udo Lielischkies verbrachte Teile seiner Jugend in Mechernich. In Euskirchen berichtete er über seine Zeit als ARD-Korrespondent in Moskau.
Udo Lielischkies im ForumEx-Korrespondent sprach in Euskirchen über Putins Russland
Boris Jelzin war zurückgetreten und hatte einen kleinen, blässlichen Mann zum amtierenden Präsidenten ernannt, zu seinem Nachfolger also. Wer war dieser Wladimir Putin? Diese Frage stellten sich viele Beobachter – auch die ARD-Fernsehjournalisten Thomas Roth und Udo Lielischkies, als sie in Moskau die Lage analysierten.
Für Roth war die Sache klar: „Udo, das ist der Untergang, damit ist der KGB wieder an der Macht. Das wird schrecklich enden“, sagte er zu seinem Kollegen. Lielischkies hielt dagegen: „Nein, der Kerl säuft nicht, der ist strukturiert und fleißig, ein bisschen technokratisch, das tut diesem chaotischen Land vielleicht doch ganz gut.“
Das Forum St. Matthias in Euskirchen war voll besetzt
So gab Udo Lielischkies aus der Erinnerung seinen Dialog mit Roth aus dem Jahr 2000 wieder, als er jetzt in Euskirchen zu Gast war. „Wer damals recht hatte, das wissen wir heute natürlich“, sagte er, fügte aber auch hinzu, dass er bei weitem nicht der Einzige gewesen sei, der Putin zu dieser Zeit eine Chance geben wollte.
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Putin stand im Mittelpunkt des Abends mit dem ehemaligen Leiter des ARD-Studios Moskau im voll besetzten Forum St. Matthias. Eingeladen hatte ihn der Bezirk Euskirchen des Philologenverbands NRW. Vor rund 60 Zuhörerinnen und Zuhörern ließ Lielischkies, der 1965 als Zwölfjähriger mit seiner Familie von Köln nach Kommern-Süd gezogen war und sein Abitur in Mechernich machte, den Aufstieg des heutigen Präsidenten Revue passieren.
Lielischkies beschrieb den jungen Putin als schmächtiges Kerlchen
Putin, 1952 in eine arme Familie geboren, sei ein schmächtiges Kerlchen gewesen. Schon früh trainierte er in Kampfsportclubs – „ein Milieu mit Vaterfiguren, die ihn stark beeindruckten“. Bereits als Neuntklässler, so Lielischkies, habe er sich beim Geheimdienst KGB beworben, aufgenommen wurde er mit 23.
„Noch immer war er ein schwachbrüstiges Bürschchen, doch er hatte ein irres Talent, sich in Leute hineinzuversetzen und sie für sich zu gewinnen“, sagte der Journalist und Autor über Putin, den er auch als detailversessen und intelligent beschrieb.
Das Euskirchener Publikum hörte Passagen aus dem Buch des Journalisten
Jelzin machte Putin zum Chef des mächtigen Inland-Geheimdienstes, später dann zum Ministerpräsident. Im zweiten Tschetschenienkrieg habe Putin, der „zuerst überhaupt nicht populär“ war, bei der Bevölkerung als knallharter Kriegsherr an Profil gewonnen.
Die russischen Truppen hätten keine Rücksicht auf Zivilisten genommen. „Es war ein Kulturschock, diese brutale Armee zu erleben“, sagte Lielischkies, als er im Forum Ausschnitte aus seiner Fernsehreportage über den Krieg in Tschetschenien zeigte. Lielischkies las auch Passagen aus seinem Buch „Im Schatten des Kreml“ vor. Die meiste Zeit jedoch teilte er sein beeindruckendes Wissen über Russland in freier Rede mit seinem Publikum.
Im kurzen Leseteil ging es in der Hauptsache um die Datscha – den „Fixpunkt der russischen Großfamilie“, so Lielischkies, der auch erzählte, wie er seine Ehefrau Katia kennenlernte: Er hatte die Russin, damals Studentin, als Lehrerin engagiert, um die Sprache des Landes zu lernen, in dem er von 1999 bis 2005 und dann wieder von 2012 bis 2018 arbeitete.
Nicht zuletzt beantwortete der Journalist Fragen aus dem Publikum, beispielsweise nach dem Krieg in der Ukraine. „Wie der Krieg ausgeht, weiß kein Mensch“, sagte Lielischkies. Das hänge „auch ganz stark von uns Europäern ab“, betonte er und warf Frankreich, Italien, Spanien und Portugal vor, die Ukraine nicht stark genug zu unterstützen. Wladimir Putin jedenfalls sei „wild entschlossen, den Krieg am Laufen zu halten, denn für ihn bedeutet er auch Machtsicherung“.