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Unterwegs in und um BonnSechs sehenswerte Orte der einstigen Bonner Republik

Lesezeit 9 Minuten
Park_Villa_Hammerschmidt

Bonn – Es war einmal. So fangen in Bonn viele Geschichten an. Das markante, eckige Hochhaus direkt am Rhein mitten im ehemaligen Regierungsviertel, war einmal der Büroturm für die Abgeordneten, der „Lange Eugen“, nach seinem Bauherrn Bundestagspräsident Eugen Gerstenmeier benannt, der selbst eher ein kurzer Mensch war.

Langer_Eugen

Der Turm war bei seiner Eröffnung 1969 mit 31 Stockwerken einmal das höchste Haus Bonns und ist jetzt nur noch zweiter Sieger. Schauen Sie sich das Gebäude genau an. Sie sehen gute Architektur, denn der legendäre Egon Eiermann, Schöpfer unter anderem der Berliner Gedächtniskirche hat es entworfen. Wir werden es jetzt einmal umrunden. Aber beginnen wir dort, wo alles angefangen hat in Bonn: Am Museum Alexander Koenig.

Naturkundemuseum mit packender Geschichte

Reichsinstitut steht über der Tür des monumentalen Baus der Gründerzeit. Biber und Krokodile in Sandstein schauen grimmig von der Fassade. Hier trat am 1. September 1948 der Parlamentarische Rat zusammen, um das Grundgesetz zu beraten und zu beschließen. Kurz darauf war Bonn Hauptstadt der Bundesrepublik und blieb es für rund 50 Jahre. Das Haus ist heute eines der führenden deutschen Forschungseinrichtungen für Biodiversität und ein Naturkundemuseum. Wer Zeit hat, sollte sich dort einmal in der Ausstellung umschauen.

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Ein Rundgang durch das ehemalige Regierungsviertel ist mehr als eine Reise in die Vergangenheit, denn der Wegzug der Regierung hat hier keine Brache hinterlassen. Die Büros sind belegt, die Straßen belebt, die Wirtschaft floriert, auch wenn es sicher deutlich beschaulicher zugeht als vor dem Sommer 2000 als Bundestag und Kanzleramt ihre Arbeit am Rhein beendeten und nach Berlin zogen.

Villa am Rhein

Gleich gegenüber dem Museum führt die Kaiser-Friedrich-Straße direkt zum Rhein. Im Büro der Bundespräsidenten gleich rechts an der Straße residiert heute das Bundeskartellamt. Am Ende der Straße steht eine gewaltige Villa. Der Bonner Oberbürgermeister Spiritus hat sie erbaut, sein Nachbar in der Villa Hammerschmidt war besagter Herr Koenig, ein vermögender privater Naturforscher. Sein Vater hatte in Russland ein Vermögen im Zuckergeschäft gemacht. Der Sohn sammelte Käfer. Die Villa liegt in einem schönen großen Park am Rhein und ist der zweite Amtssitz des Bundespräsidenten. Wenn der Chef im Hause ist, weht seine Fahne über dem Haus.

Park_Villa_Hammerschmidt

Von der Rheinpromenade, auf der es rechter Hand weitergeht, ist die weiße Villa gut zu sehen. Gleich daneben und nur durch eine Mauer getrennt liegt der Garten des Palais Schaumburg, das Bundeskanzleramt von Adenauer bis Schmidt. Ludwig Erhard baute 1964 einen sehr coolen, aber leider nur schwer bewohnbaren Bungalow als Dienstwohnung für die Kanzler in den Park, später folgte das neue Kanzleramt. Helmut Schmidt verglich es despektierlich mit einer rheinischen Sparkasse. Ganz falsch lag er damit nicht.

Im Bundeshaus wurde Grundgesetz beschlossen

Am Rhein entlang folgt das Bundeshaus, wo 1948 und 49 das Grundgesetz verhandelt und beschlossen wurde, die Bonner Pädagogische Akademie im Bauhausstil von 1933. Hier residierten bis 2000 Bundesrat und Bundestag. Gleich darauf folgt der gläserne Bau des Plenarsaals. Als er fertig wurde, war Bonn schon nicht mehr Hauptstadt. Der Reichstag in Berlin ist auch architektonisch sein Nachfolger. Neben dem alten Wasserwerk – hier fielen die Beschlüsse zur Deutschen Einheit, weil der neue Plenarsaal noch im Bau war – steht ein nagelneues Hochhaus und macht dem Abgeordnetenhochhaus Konkurrenz. Hier residieren die Vereinten Nationen und das Klimasekretariat. Der Klimaschutz für den ganzen Erdball wird in Bonn gemacht.

Stahlskulptur_rot

Der Fußweg gleich hinter dem Zaun führt fort vom Rhein und hinauf zur Deutschen Welle, die von Bonn aus in alle Welt sendet. Unter dem Gebäude hindurch geht es auf die Heinrich-Brüning-Straße und weiter zum Tulpenfeld, jener merkwürdigen Bürostadt, die Mitte der 1960er Jahre ein Versicherungskonzern baute, weil der Bund in Bonn nicht mehr investieren wollte. Das Provisorium sollte ein Provisorium bleiben. Auf Stelzen gleich hinter dem ersten Gebäude ragt der Glaskasten-Saal der Bundespressekonferenz in den Bonner Himmel. Die berühmte, oft gefilmte Palisandenwand ist gut zu erkennen. Die alten Schlachten sind geschlagen. Hier geschieht heute nichts mehr, der Saal ist meist gesperrt – der Brandschutz ist strenger geworden.

Legendärer Kiosk verkaufte Zeitungen an Politiker

Von hier geht es zur Heussallee, nach rechts, vorbei an der ehemaligen Landesvertretung von Rheinland-Pfalz, die fast nur aus Quadraten besteht und heute von der Uni genutzt wird. Gleich links steht seit ein paar Monaten endlich das Bundesbüdchen wieder. Ein Bäcker verkauft Brötchen und Zeitungen. Die Mitarbeiter der UN schauen vorbei und holen sich ihr Mittagessen. Früher stand das Büdchen gleich gegenüber dem Bundestag und neben dem Kanzleramt um die Ecke, und beinahe jeder Politiker kam irgendwann des Wegs, um sich ein Würstchen zu gönnen oder Zeitungen zu kaufen. Mehr als zehn Jahre war der legendäre Kiosk eingelagert, weil er dem Neubau des Kongresszentrums weichen musste. Jetzt hat er einen neuen Platz. Die Legende ist zurück im Bundesviertel.

Bundesbuedchen

Auf dem Platz der Vereinten Nationen, der sich gleich dahinter öffnet, ist die Vorderseite des Plenarsaals und das Bundeshaus zu sehen. Wer jemals in Berlin war, mag die Größendimensionen der Gebäude einmal in den Vergleich nehmen. Im ehemaligen Bundestag finden Konferenzen statt, im Bundesrat gibt es eine kleine Ausstellung zum Grundgesetz. In den Büros arbeiten diverse Verbände und Unternehmen. Gegenüber ist ganz neu das Bonner Kongress-Zentrum entstanden. Vor allem die Vereinten Nationen nutzen das Gebäude. Menschen von allen Kontinenten, in bunter Kleidung und mit vielen Sprachen sind hier unterwegs. Bonn ist international geblieben.

Palais Schaumburg als Kanzleramt

Zwischen Parkhaus und Zaun des Kanzleramts geht es auf einem Fußweg weiter. Henry Moores Large Two Forms glänzen immer noch auf dem Rasen, auch wenn kaum noch jemand die Skulptur als Hintergrund für seinen Nachrichtentext nutzt. An der Adenauerallee rechts ist bald jene Stelle erreicht, wo einst Gerhard Schröder am Zaun gerüttelt haben soll, weil er dringend ins Kanzleramt wollte. Der Vorgang ist leicht erklärt, denn gegenüber stand einst ein Gasthaus, in dem die Sozis gerne mal einen hoben.

Ein etwas schartiger Adenauer-Kopf erinnert an den ersten Kanzler, gleich dahinter das Palais Schaumburg – einst Villa einer Kaisertochter mit großem Garten, dann Kanzleramt. Für eine Villa ist sie ziemlich groß, für ein Kanzleramt eher bescheiden. Weiter vorbei am Tor der Villa Hammerschmidt, die in Blumenbeeten hinter einer kleinen Brunnenfontäne etwas entrückt und einsam in der Sonne liegt. Ein Gärtner schneidet eine Hecke. Sonst ist es still. Dann kommt auch schon wieder das Museum Koenig.

Fünf sehenswerte Orte der Bonner Republik

Regierungsbunker Ahrweiler, Bad Neuenahr-Ahrweiler

Erinnerungen an den Kalten Krieg und seine Auswüchse. Von 1962 bis 1971 baute die Bundesregierung in zwei stillgelegten Eisenbahntunneln im Ahrtal einen Bunker, der Sicherheit selbst vor Atombomben bieten sollte. Hier wäre in einer 17,3 Kilometer langen Anlage die politische Führung der Bundesrepublik sichergestellt worden, wenn das Land angegriffen worden wäre. So gibt es neben vielen technischen Details – alles noch ohne nennenswerte Computertechnik – alles, was eine einfach Regierungszentrale braucht: Von einem Fernsehstudio über ein Wohn- und Schlafzimmer für den Bundespräsidenten und den Kanzler, Büros, Fernmeldeanlagen, Entgiftung. Alles ist für einen Notbetrieb tief unter der Erde vorbereitet. Gewaltige Bunkertore schließen das unterirdische Bauwerk ab. 200 Meter der ehemaligen Anlage sind erhalten und können nach Voranmeldung besucht werden. Schöne Wanderwege in der Umgebung und die hübsche Altstadt von Ahrweiler sind nah.

Am Silberberg, Ahrweiler, Anmeldung unter Tel. 02641 911 70 53; www.regbu.de

Adenauer-Haus Rhöndorf, Bad Honnef

Es ist sicher nicht nur ein Gerücht, dass sich die Regierung der jungen Bundesrepublik sehr überraschend in Bonn ansiedelte, weil ihr erster Kanzler und machtvoller CDU-Vorsitzende, Konrad Adenauer, seit Mitte der 30er Jahre im nahen Rhöndorf lebte. Dort hatte er Naziherrschaft und Krieg überstanden und stieg mit über 70 Jahren wieder in die Politik ein. Sein Haus ist mit der originalen Möblierung als Gedenkstätte erhalten. Eine sehenswerte Ausstellung erinnert an die Anfänge der Politik am Rhein und das Leben des ersten Bundeskanzlers. Besonders schön ist der Garten, den Adenauer selbst anlegte, in dem er Boccia spielte, Rosen züchtete und seine Memoiren schrieb. Reizvoll ist Bad Honnef am Rhein, auch für einen kurzen Abstecher geeignet.

Konrad-Adenauer-Straße 8A, 53604 Bad Honnef, Tel. 02224 921234; www.adenauerhaus.de

Hotel Petersberg, Königswinter

Das Hotel gibt es schon seit über 100 Jahren. Die Kölner Familie Mühlens hat es in der heutigen äußeren Form erbauen lassen. 1938 residierte dort der britische Premierminister Neville Chamberlain, als er mit Adolf Hitler – er war im Rheinhotel Dresen in Bad Godesberg abgestiegen – über die Zukunft der Tschechoslowakei verhandelte. Nach 1949 zogen die drei westalliierten Militärgouverneure hier ein, um mit Blick auf Rhein und Bonn als Hohe Kommissare das Werden und Wachsen der jungen Bundesrepublik zu beaufsichtigen. Auf dem legendären Teppich nahm Adenauer das Besatzungsstatut entgegen und demonstrierte das Selbstbewusstsein der jungen Republik. Später residierten hier Staatsgäste wie Leonid Breschnew, die Queen oder Bill Clinton. Ein Besuch lohnt sich auch wegen der grandiosen Aussicht, die sich aus dem Biergarten genießen lässt. Die Zufahrt ist mautpflichtig. Neuerdings erinnert eine kleine Ausstellung im ehemaligen Wachhäuschen an die Geschichte des Hauses und an seine Gäste.

Petersberg, 53639 Königswinter; Tel. 02223 740; www.steigenberger.com

Schlösser Augustusburg und Falkenlust, Brühl

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Zwischen Bonn und Köln liegen die Brühler Barockschlösser in ihren wunderbaren Gärten. Weltkulturerbe, immerhin. Hier empfing die Bundesregierung gerne ihre Gäste, weil der Rahmen weit repräsentativer war als im eher biederen und kleinstädtischen Bonn. Kurfürst Clemens August I. aus dem Hause Wittelsbach ließ die Schlösser bauen. Das Treppenhaus entstand 1740 bis 1746 und ist ein Hauptwerk des Baumeisters Balthasar Neumann. Von März bis November – heizen war schwierig und Staatsgäste haben es gerne warm – empfing hier der Bundespräsident, im Winter wechselte er in die Godesberger Redoute. Die war auch schön und leichter zu heizen. Falkenlust diente dem Bundespräsidenten als Ausweichquartier, wenn seine Villa Hammerschmidt gerade mal wieder saniert werden musste.

Max-Ernst-Allee, 50321 Brühl; Tel: 02232 44000; www.schlossbruehl.de

Willy-Brandt-Forum, Unkel

Willy Brandts letztes Wohnhaus lag im beschaulichen Unkel am Rhein. In diesen Ort hat er sich 1979 mit seiner späteren dritten Frau aus dem Bonner Betrieb zurückgezogen, dort ist er auch 1992 in seinem Wohnhaus Auf dem Rheinbüchel verstorben. In einem ehemaligen Bankgebäude erinnert das Willy-Brandt-Forum an den Kanzler der Ostpolitik, Friedensnobelpreisträger, Unterstützer vieler Freiheitsbewegungen und prägenden Politiker der Bundesrepublik. Das private Arbeitszimmer Brandts ist im Original zu besichtigen. Die Rheinpromenade lädt zum Spaziergang ein.

Willy-Brandt-Platz 5 53572 Unkel/Rhein; Tel. 02224 7799303; www.willy-brandt-forum.com

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