Im Dezember erzeugten Landwirte mit Tausenden Traktoren in Berlin viel Aufmerksamkeit. Kommende Woche wollen sie weiter protestieren. Die Internetaufrufe zu einem vermeintlichen Generalstreik führen aber in die Irre.
Rundschau-DebatteWie groß wird der Bauernprotest?
Der Bauernverband trägt seinen Frust über die Bundesregierung seit der Vorweihnachtszeit auf die Straße. Ab Montag wollen die Landwirte nun mit einer bundesweiten Aktionswoche auf ihre Lage aufmerksam machen. Verbandspräsident Joachim Rukwied fordert die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP zur Rücknahme von Einsparplänen beim Agrardiesel und der Kfz-Steuer auf. Die am Donnerstag verkündeten Nachbesserungen seitens des Bundes hält er für unzureichend. Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) will sich kommende Woche den Protesten anschließen.
In den sozialen Netzwerken hat die geplante Aktionswoche bereits für viel Aufregung gesorgt. Ein Generalstreik, von dem in den Netzwerken die Rede ist, ist in Deutschland rechtlich aber so gut wie unmöglich. Sowohl im Bauernverband als auch im BGL sind Arbeitgeber organisiert – sie können zu einem Protest aufrufen, ein rechtlich geschützter Streik ist das dann aber nicht.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zur anstehenden Aktionswoche:
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Was genau plant der Bauernverband für die kommenden Tage?
Als Reaktion auf die Sparpläne der Bundesregierung hat der Verband zu einer sogenannten Aktionswoche ab dem 8. Januar aufgerufen. Sie soll am 15. Januar in einer Großdemonstration in Berlin gipfeln. Was genau an den einzelnen Tagen passieren wird, ist bisher im Detail offen. Für Montag sind etwa Kundgebungen und Sternfahrten angekündigt.
Die Bundesregierung wollte den Landwirten Steuervergünstigungen beim Agrardiesel und der Kraftfahrzeugsteuer streichen, um Löcher im Haushalt zu stopfen. Am Donnerstag kündigte sie an, die geplanten Kürzungen der Subventionen teilweise wieder zurückzunehmen. Die Kfz-Steuerbefreiung soll demnach bleiben. Die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel werde nicht in einem Schritt vollzogen, hieß es. Besänftigen ließen sich die Landwirte davon nicht. „Dies kann nur ein erster Schritt sein“, betonte Rukwied. „Unsere Position bleibt unverändert: Beide Kürzungsvorschläge müssen vom Tisch.“ An der Aktionswoche halte der Verband fest.
Bereits vor Weihnachten demonstrierten Landwirte gegen die Pläne, teilweise kam es dabei zu Behinderungen des Verkehrs. Bei einem großen Protest am 18. Dezember in Berlin kamen nach Verbandsangaben mehr als 3000 Trecker in die Hauptstadt, die Polizei sprach von 1700 Traktoren.
Und welche Protestpläne haben die Spediteure?
Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung fordert Entlastungen bei der Maut und beim Diesel-Kraftstoff und mehr Geld für Straßen, Brücken und Parkplätze. Der Verband will sich daher den Aktionen der Bauern anschließen. „Wir beginnen die Aktionswoche am 8. Januar mit Demonstrationen in den Landeshauptstädten“, hieß es. Auch hier fehlen bisher genauere Details.
Welche Auswirkungen sind durch die Aktionswoche zu erwarten?
Das ist noch schwierig abzuschätzen – ein großes Chaos auf den Straßen ist aber bisher nicht absehbar. Voraussichtlich wird es vereinzelt und regional zu Beeinträchtigungen kommen, vor allem Demonstrationen mit Traktoren erzeugen in der Regel allein wegen der Größe der Gefährte viel Aufmerksamkeit und tendenziell auch Staus. Es ist auch möglich, dass die Landwirte mit den Traktoren vereinzelt Straßen blockieren werden. Große Auswirkungen für den Alltag der meisten Menschen in Deutschland sind aber nicht zu erwarten.
Welche Rolle spielt dabei die Lokführergewerkschaft GDL?
Die GDL steckt aktuell in schwierigen Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn und wird absehbar in den nächsten Tagen zu einem längeren Streik auf der Schiene aufrufen. Mit den Plänen von Bauern und Spediteuren hat das aber nichts zu tun, es gibt lediglich eine zufällige zeitliche Überschneidung. Auch die Ziele der Organisationen sind völlig unterschiedlich: Der GDL geht es um mehr Geld für gut 10000 DB-Beschäftigte, nicht um Kritik an der Ampel-Regierung. Ob Aktionen der Bauern zeitgleich zu einem GDL-Streik für Chaos im Verkehr sorgen, ist ebenfalls völlig offen und hängt von den genauen Plänen der beiden Organisationen ab.
Ist ein Generalstreik in Deutschland überhaupt möglich?
Nein, Generalstreiks sind bei uns so gut wie ausgeschlossen und der Begriff für die anstehenden Ereignisse fehl am Platz. Das Streikrecht ist in der Bundesrepublik ein hohes Gut. Entscheidend ist dabei aber, dass sich der Streik auf den Abschluss eines Tarifvertrags bezieht, nicht auf politische Ziele oder Ideen.
„Die Rechtsprechung in Deutschland sagt klar, dass für politische Ziele Streiks nicht möglich sind. Auch Generalstreiks für politische Ziele sind ausgeschlossen“, sagt Ernesto Klengel vom Hugo-Sinzheimer-Institut für Arbeits- und Sozialrecht. Bei Streiks für Tarifverträge sind die Teilnehmer rechtlich geschützt, ein solcher Arbeitskampf darf beispielsweise nicht als Kündigungsgrund angeführt werden. Bei Demonstrationen während der Arbeitszeit gilt dieser Schutz nicht. Wer also kommende Woche die Arbeit niederlegt, um sich mit den Bauern gegen die Politik der Bundesregierung zu solidarisieren, riskiert Konsequenzen.
„Man kann, auch als Unternehmerverband, natürlich zu Demonstrationen aufrufen. Rechtlich ist das aber eine ganz andere Ebene als ein Streik“, erklärt Klengel. „Ein unrechtmäßiger Streik oder Generalstreik könnte für die Verbände Schadenersatzforderungen zur Folge haben. Deswegen distanzieren sie sich wahrscheinlich gerade von dem Begriff.“ (dpa)