Wenn ein Gewerkschaftsführer wie Claus Weselsky aber nicht mehr Willens ist, sich auf Kompromisse einzulassen, läuft etwas falsch.
Kommentar zum Bahn-StreikGDL-Chef Weselskys Starrsinn ist eine Zumutung
Es ist das gute Recht einer jeden Berufsgruppe, sich für angemessene Bezahlung und ordentliche Arbeitsbedingungen einzusetzen – auch mithilfe von Streik. Wenn ein Gewerkschaftsführer wie Claus Weselsky aber nicht mehr Willens ist, sich auf Kompromisse einzulassen, läuft etwas falsch. Stur auf Maximalforderungen zu beharren, wie es der GDL-Chef tut, führt die Sozialpartnerschaft ad absurdum.
Ein Schlichtungsvorschlag, die Wochenarbeitszeit von Schichtdienstlern schrittweise von 38 auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich zu senken, hat Weselsky nicht nur abgelehnt, sondern auch noch öffentlich ins falsche Licht gerückt. Dabei hätte der von der finanziell angeschlagenen Bahn zähneknirschend akzeptierte Kompromiss in diesen wirtschaftlich angespannten Zeiten ein schöner Erfolg sein können. So aber hat sich Weselsky verrannt.
Mit dazu beigetragen haben getroffene Vereinbarungen mit 28 kleineren Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden; die treten nämlich nur in Kraft, wenn es mit der Deutschen Bahn als Marktführerin zu einem eben solchen Abschluss kommt. Das dämpft die Kompromissbereitschaft.
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Tatsächlich wird es für den GDL-Chef immer schwieriger, im Tarifkonflikt mit der DB einzulenken, ohne sein Gesicht zu verlieren. Doch mit jedem Streiktag im Personen- und Güterverkehr bringt er mehr Bürger gegen seine Gewerkschaft auf.
Lenkt die Deutsche Bahn nicht ein, sollen in der nächsten Zeit sogar kurzfristig angesetzte Streiks jederzeit möglich sein; eine Vorwarnzeit von 48 Stunden wird es nach Weselskys Willen nicht mehr geben – und damit auch keine Notfahrpläne. Damit nimmt die GDL Millionen Menschen für die Interessen einer kleinen Gruppe in Geiselhaft und massive volkswirtschaftliche Schäden in Kauf.
Nicht zum ersten Mal drängt sich der Eindruck auf, dass die GDL unter dem Deckmantel der tariflichen Auseinandersetzung im Wettbewerb mit der deutlich größeren Eisenbahn- und VerkehrsGewerkschaft EVG zeigen will, wer die stärkere Interessenvertretung der Bahnbeschäftigten ist. Da wundert es nicht, dass Teile der Öffentlichkeit und Politik immer lauter über Einschränkungen beim Streikrecht in Bereichen öffentlicher Daseinsvorsorge und Infrastruktur nachdenken. Sollte es in Zukunft so weit kommen, trüge Claus Weselsky dafür Mitverantwortung. Was für eine Zumutung.