Seit mehr als 50 Jahren macht die Band Truck Stop Countrymusik mit deutschen Texten. Jetzt gastierten die Musiker in Euskirchen.
Countrymusik im StadttheaterTruck Stop begeistert in Euskirchen die Fans
Nach wildem Westen sah es erstmal nicht aus. Die Cowboyhüte waren wahlweise unter Weihnachtsmann- oder Tannenbaum-Mützen verschwunden. Zudem saßen die Musiker brav in einer Reihe auf Stühlen. Fast sah es aus, als müsse man sich Sorgen um ihre Kondition machen: Schließlich sind einige Mitglieder von Truck Stop ältere Herren, in Würde ergraut wie der Großteil ihres Publikums. Doch die Sorge war unbegründet, sie können es noch richtig krachen lassen.
Und sie nehmen sich selbst nicht so schrecklich ernst, machen Scherze über die grauen Haare und die Alterswehwehchen. Vor 51 Jahren hat sich die Countryband gegründet, und tatsächlich ist mit Wolfgang „Teddy“ Ibing noch ein Mitglied aus der Anfangszeit dabei. Angefangen hat Truck Stop mit Songs auf Englisch, aber längst sind die deutschen Texte zum Markenzeichen geworden.
Aus Rentier Rudolph wird Erwin, der dicke Schneemann
Nach der Jubiläumstournee im vergangenen Jahr sind die Musiker jetzt weihnachtlich unterwegs, aber nur im ersten Teil des Programms. Da musste das Publikum – die Reihen im Parkett waren eher spärlich gefüllt – erstmal mit „Alle Jahre wieder“ seine gesanglichen Fähigkeiten unter Beweis stellen.
Das klassische Country-Instrumentarium sorgte dafür, dass man sich bald wie am Lagerfeuer in der winterlichen Prairie fühlte. Klassiker wie „Santa Claus is coming to town“ hat Truck Stop eingedeutscht, aus dem rotnasigen Rentier Rudolph ist Erwin, der dicke Schneemann geworden. Cowboyromantik samt Stabreim bot die „Weiße Weihnacht im Wilden Westen“.
Viele trugen Cowboyhüte und Westernstiefel
Wer keine Westernstiefel anhatte, konnte sich während der Umbaupause im Foyer fast schon verloren fühlen. Cowboyhüte in allen Variationen gab es da zu sehen, sogar mit bunten Lichterketten geschmückt, karierte Hemden sowieso.
Wilhelm Tewes und Silke Bräkelmann hatten Lederjacke und -weste mit Fransen aus dem Schrank geholt. In seiner westfälischen Heimat habe er Truck Stop einst zum ersten Mal live erlebt, erzählt Tewes. Dazu muss man wissen, dass er immerhin seit 1974 in Euskirchen wohnt, es muss also schon etwas länger her sein. Er habe noch die alten Vinyl-Platten der Band im Schrank. Die Musik sei zeitlos und einfach immer wieder gut, finden die beiden.
Euskirchener Konzertbesucher zurück in die Jugend katapultiert
Zurück auf der Bühne bieten die Countrymusiker plötzlich ein ganz anderes Bild. Die Mützen sind ebenso verschwunden wie die Stühle, fast könnte man eine Verjüngungskur vermuten. Die lässt die Band dann auch dem Publikum zuteil werden: Spätestens als sie „Ich möcht' so gern Dave Dudley hör'n“ anstimmt, katapultiert das die Zuhörer zurück in die eigene Jugend. Oder wenigstens in die Zeit als junger Erwachsener.
Wohl keiner im Stadttheater weiß nicht, wie es weiter geht: Ich möcht' so gern Dave Dudley hör'n, Hank Snow und Charley Pride. Und schon ist man in Gedanken im Käfer auf der Autobahn unterwegs und im Herzen wieder jung. Der wilde, wilde Westen fängt gleich hinter Hamburg an – das tat er 1980, und zum Glück tut er das offenbar immer noch. Das Publikum stimmte nicht nur ein, sondern übernahm einfach komplett den Gesang.
Erstaunlich viele Männer sangen kräftig mit, textsicher und melodietreu. Kein Wunder, dass das so gut klappte, die Fans hatten ja fast 45 Jahre Zeit gehabt zu üben. Die Band – neben Urgestein „Teddy“ Ibing sind das Frontmann Andreas Cisek, Knut Bewersdorff, David Rick, Tim Reese und Uwe Frenzel – gab auf die letzten Meter richtig Gas. Take it easy, altes Haus, der A7-Blues: da bebte die Bühne.
Die Männer und Frauen im Parkett waren längst aufgestanden. Die Hutkrempen wippten, die Cowboystiefel stampften, die Fransen flogen. Natürlich kam Truck Stopp nicht ohne Zugabe von der Bühne. Truck Stop habe noch nie zuvor in Euskirchen gespielt, sagte Andreas Cisek. Es muss ja nicht das letzte Mal gewesen sein. Nächstes Jahr ist die Band wieder auf Tour.