Köln – Der Standort Köln wird federführend für die Entwicklung und Fertigung von E-Autos des Konzerns in Europa. Das haben Ford-Europa-Chef Stuart Rowley und Ford-Deutschland-Chef Gunnar Herrmann in einer virtuellen Pressekonferenz mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet am Mittwoch offiziell bekannt gegeben.
Wie haben die Mitarbeiter reagiert?
Mit einer Lichtschau wurde die Frühschicht empfangen. Der Slogan „Go Electric Go Köln“ hat ihr endgültig klar gemacht, dass die Domstadt Standort für die E-Auto-Fertigung von Ford in Europa wird, so wie diese Zeitung das bereits in der vergangenen Woche berichtet hatte. „Die Mitarbeitenden sind erleichtert“, sagte Ford-Betriebsratschef Martin Hennig. „Sie haben jetzt wieder eine Perspektive“, so Hennig weiter.Derzeit wird in Köln nur ein Modell gefertigt, der aktuelle Fiesta. Sein Verbrennungsmotor stößt um die 90 Gramm CO2 pro Kilometer aus. Das ist hart am EU-Grenzwert von derzeit etwa 95 Gramm. Verschärfungen beim Schadstoffausstoß könnten ihm da den Garaus machen, auch wenn Ford mit unterstützenden Mild-Hybrid-Elektromotoren versucht, den Verbrauch zu senken. Aber auch so hat es der Fiesta schwer. 1400 Fahrzeuge pro Tag könnten gebaut werden. Derzeit sind es keine 1000.
Der wichtige britische Markt schwächelt. Es gibt immer wieder Kurzarbeit. Da war ein Nachfolgemodell dringend nötig. Länger als bis Ende 2024 oder 2025 wird der Fiesta kaum gebaut werden.
Welche weiteren Reaktionen gibt es?
In ganz Köln ist Erleichterung zu spüren. „Dass Ford in Köln das erste vollelektrische europäische E-Auto designt und produziert, ist der Beginn eines neuen, zukunftsweisenden Kapitels in der fast 100-jährigen Geschichte, die Ford und Köln verbindet“, sagte Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker.„Die Zukunft der individuellen Automobilität wird wesentlich elektrisch sein, weil schon bald ökonomisch günstiger, technologisch effektiver und gesünder für Klima und Mensch“ so der Kölner DGB-Vorsitzende Witich Roßmann. Er begrüße es, dass Köln mit Ford dabei sei.Und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet nannte die Ankündigung von Ford „eine wichtige Entscheidung für den Autostandort NRW“. Freilich betonten Politiker und Gewerkschafter auch, wie wichtig es sei, die Lade-Infrastruktur für E-Autos auszubauen.
Wie viel Geld investiert Ford in Köln?
Eine Milliarde Dollar steckt der Ford-Konzern in den Umbau des Werks. Es ist die bislang größte Investition in Europa, wie das Unternehmen mitteilte. Sie ist Teil von Investitionen von 22 Milliarden Dollar des Konzerns bis zum Jahr 2025, die Ford-Chef Jim Farley zuletzt angekündigt hatte. Damit lässt sich der Konzern die Elektrifizierung doppelt so viel kosten wie ursprünglich geplant.
Die Restrukturierung, bei der in Deutschland 5400 Stellen gestrichen wurden, sei abgeschlossen, sagte Ford-Werke-Chef Herrmann. Jetzt sei Ford schlanker und könne in die Zukunft blicken.
Welches Elektro-Auto baut Ford in Köln?
Hier hat Ford die Katze immer noch nicht aus dem Sack gelassen. Es bleibt damit bei früheren Angaben, dass es ein Fahrzeug mit großzügigem Platzangebot werden soll. Ford nutzt die E-Auto-Plattform von Volkswagen, wie beide Autobauer in einer Kooperationsvereinbarung festgelegt hatten. Auf die stellt VW 27 Modelle bis 2022. Das sind Kompaktwagen, aber auch größere Fahrzeuge sowie sportliche Geländewagen. Die MEB genannte Plattform erlaubt bei kompakten Außenmaßen eines Focus ein Platzangebot wie in einem Mondeo.
Entwickelt jedenfalls wird das Fahrzeug in Köln-Merkenich. Und gebaut wird es ab 2023. Es könnte auch schon in dem Jahr auf die Straßen kommen.
Auch über ein zweites Modell denkt Ford nach, wie Rowley sagte. Das ist wohl bitter nötig. Derzeit hat Ford nur den Mustang Mach E als batterie-elektrisches Fahrzeug im Angebot. Andere Volumenhersteller haben zuletzt ein Modell nach dem anderen in die Schauräume gestellt. In Fords Marktsegment listet das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle drei Dutzend E-Autos auf, für die eine Prämie gezahlt werden kann. Es gibt dabei offenbar einen Trend zu kompakten oder sogar noch etwas größere Fahrzeugen. Bei kleineren Autos seien die Schwierigkeiten hoch, so der Autoexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach. Wer sich in dem Segment verkalkuliere, verliere gleich die ganze Gewinnmarge.
Sichert das E-Auto in Köln alle Jobs?
Schwer zu sagen. Der Bau von Elektroautos braucht etwa 15 Prozent Personal weniger, so Bratzel. In Köln hat Ford ein großes Werk, wo der Drei-Zylinder-Motor für Fiesta und Focus gefertigt wird. Ein Auslaufmodell, da Ford ab 2030 nur noch E-Autos baut. Auch gibt es hier ein Getriebewerk, was nicht mehr lange benötigt wird, auch wenn es Getriebe für leichte Nutzfahrzeuge baut, die später elektrifiziert werden. In beiden Werken arbeiten über 2000 Mitarbeitende, für die Ersatzarbeitsplätze etwa in der Komponentenfertigung gefunden werden müssten.
Und Ford nutzt Volkswagen-Technik. Damit sind auch die Jobs dafür bei VW. Zu einer möglichen eigenen E-Plattform ließ sich Ford gestern nichts entlocken. Dabei brauche Ford die dringend, so Autoexperte Bratzel. Nur so könne der Autobauer eigenes Profil zeigen und deutlich machen, wofür die Marke eigentlich stehe. „Ford müsse noch einiges draufsatteln“, so Autoexperte Bratzel. Die eigene Plattform für Europa müsse in der zweiten Hälfte der 20er Jahre her.