Konzerne wie Meta, Netflix und Google erleiden deutliche Kursverluste. Wir fassen zusammen, was Anleger jetzt wissen sollten.
Google, Meta und Co.Warum Tech-Aktien an der Börse abstürzen
Die Zeitenwende kommt ebenso plötzlich wie brutal: US-Tech-Konzerne wie Amazon, Google, Netflix oder der Facebook-Konzern Meta bescherten ihren Aktionären jahrelang unglaubliche Gewinne. Doch nun scheint der Boom an der Börse gebrochen. Wie lässt sich dieser dramatische Absturz erklären?
„Entgegen manchen Markthoffnungen der vergangenen Dekade können sich auch die großen digitalen Plattformen nicht mehr völlig von den Schwierigkeiten abkoppeln, mit denen derzeit viele andere Branchen zu kämpfen haben“, sagt Tobias Rommel, Fondsmanager des Vermögensverwalters DWS, hinsichtlich US-Technologie-Unternehmen auf Anfrage. Heißt: Das gesamtwirtschaftliche Umfeld setzt den Technologiekonzernen stark zu – konkret die Gemengelage aus hoher Inflation, einem starken Dollar, steigenden Leitzinsen und einer möglicherweise aufziehenden Rezession.
Zinserhöhung als Expansionsbremse
Gerade Zinserhöhungen spüren die Internetkonzerne, da sie ihr Umsatz- und Gewinnwachstum in der Regel durch geliehenes Geld finanzieren. Steigende Zinsen verteuern ihre Fremdkapitalkosten und bremsen somit die Expansion. Ein starker Dollar wiederum verteuert den Verkauf der amerikanischen Produkte im Rest der Welt. „Weiterhin belasten Lieferengpässe aufgrund geopolitischer Ereignisse die Produktionsketten der Unternehmen“, ergänzt Christoph Witzke, Leiter CIO-Office bei Deka Investment.
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Hinzu kommt, dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten bei den Werbebudgets der Unternehmen gekürzt wird. Entsprechend verzeichnen Unternehmen wie Google und Meta Rückgänge bei den Anzeigeneinnahmen.
Gewinnrückgänge für viele Tech-Firmen
Die Folge: Viele Tech-Unternehmen mussten krachende Gewinnrückgänge eingestehen. „Ohne nun auf einzelne Geschäftsmodelle einzugehen, zeigt sich auch bei den großen Tech-Unternehmen, dass sich das berichtete Umsatzwachstum deutlich abschwächt, während die Kosten steigen“, sagt DWS-Fondsmanager Rommel. „Die Gewinnspannen sind damit niedriger als bisher erwartet, was dann eben durchaus zu Kurseinbrüchen führen kann.“ Dies auch deswegen, da Technologiewerte ohnehin ein schleichendes Risiko mit sich tragen, sagt Witzke von Deka Investment. „Fallen zum Beispiel Umsatzwachstum oder Nutzerwachstum schwächer als prognostiziert aus, reagieren Wachstums-Aktien meist sehr sensibel mit starken Kursrückgängen.“
Bis zum großen Comeback könnte es noch dauern: „Solange die Zinsen weiterhin steigen und auf einem hohen Niveau verharren, wird es für ,Big Tech„ schwierig, das rasante Wachstum der Vergangenheit aufrechtzuerhalten, sagt Witzke. Aufgrund der Rezessionszeichen für die kommenden Monate rechnet der Experte im ersten Halbjahr 2023 mit Rücksetzern an den Kapitalmärkten. „Wir sind skeptisch, was die Margenerwartung des Marktes für 2023 angeht“, sagt auch Rommel. Stattdessen hält er einen Margenrückgang für möglich.
Wenn Wachstumswerte schrumpfen, lohnt sich für Anleger der Blick auf ihr Gegenstück: die Substanzwerte, im Englischen auch Value-Werte genannt. Im Gegensatz zu Wachstumsunternehmen, deren Bewertungen auf dem erwarteten Gewinnwachstum fußen, ziehen die Value-Aktien ihren Wert aus bereits existierenden Gewinnen. Sie haben ein deutlich geringeres, aber verlässliches Gewinnwachstum.
Festverzinsliche Wertpapiere attraktiver
„In Zeiten von steigenden Zinsen, geopolitischen Risiken und steigender Rezessionsgefahr erscheint eine höhere Gewichtung von Value-Titeln sinnvoll“, sagt Witzke von Deka Investment. „Aufgrund ihres meist krisenresistenten Geschäftsmodells und ihrer soliden Bilanzqualität unterliegen Value-Aktien geringeren Schwankungen im Vergleich zum Gesamtmarkt.“
Zugleich bedeuten Zinserhöhungen, dass nun festverzinsliche Wertpapiere im Vergleich zu Aktien zunehmend attraktiver werden. „Der Anlagehorizont erweitert sich, und insofern sollten Anleger neben Aktien auch Anleihen mehr Aufmerksamkeit widmen“, rät Witzke.
Dennoch ergäben sich auf den deutlich reduzierten Bewertungsniveaus für Anleger auch Chancen für einen schrittweisen Einstieg, „auch bei Technologietiteln“, so der Finanzexperte.