Köln/Bonn – Auch in der Corona-Zeit beklagten sich die Anwohner des Flughafens Köln/Bonn über Fluglärm. In der Pandemie starteten und landeten statt 12,4 Millionen Passagiere im Jahr 2019 nur noch 3,1 Millionen Passagiere im Jahr 2020 in der Wahner Heide. Im abgelaufenen Jahr waren es dann wieder 4,25 Millionen. „Entsprechend leiser ist es am Flughafen aber nicht geworden“, sagt Wolfgang Hoffmann, Vize-Vorsitzender der Lärmschutzgemeinschaft Flughafen Köln/Bonn.
Zum einen sank die Zahl der Flüge nicht in gleichem Maße wie die Zahl der Fluggäste (siehe Grafik). Die Flüge nahmen 2021 im Vergleich zu 2019 um 36,4 Prozent ab, bei einem Passagierminus von gut 65 Prozent. Die Zahl der Nachtflüge zwischen 22 und 6 Uhr sank im Vergleich zu 2019 im abgelaufenen Jahr sogar nur um 6,2 Prozent von 44 043 auf 41 316.
Nachtflug ist gleich Frachtflug – das ist zu einfach. Vor der Pandemie war gut jeder dritte Nachtflug ein Passagierflug, so Hoffmann. Es kommen andererseits auch große Frachtmaschinen wie die laute MD 11 vor 22 Uhr zum Flughafen, werden hier ent- und beladen und starten dann wieder nach sechs Uhr am Morgen, zwei Flüge am Tag also. Hoffmann setzt neben dem Aus für laute Maschinen darauf, dass der Passagierflug aus der Nacht verschwindet. Er will mit dem neuen NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) ins Gespräch kommen, nachdem zuletzt nur noch die Fachabteilungen im Ministerium auf Anfragen und Anregungen der Lärmgegner reagiert hätten.
Immerhin soll es nach dem Koalitionsvertrag der schwarz-grünen Landesregierung an den Flughäfen im Land leiser werden – vor allem in der Nacht. Als Instrumente werden die konsequente Einhaltung der Regelungen genannt, moderne technische An- und Abflugverfahren, um Lärm- und auch Luftschadstoffemissionen weiter zu verringern, eine Anreizsetzung für den Einsatz lärm- und emissionsärmerer Flugzeuge über die Start- und Landeentgelte sowie passiver Schallschutz.
Passagierplus im Sommer in Köln/Bonn
In den NRW-Ferien hat der Flughafen rund 1,6 Millionen Fluggäste begrüßt. Das seien rund 80 Prozent des Vorkrisenniveaus und ein Plus um 55 Prozent im Vergleich zum vergangenen Sommer, so der Flughafen. Spitzentag war mit 40 000 Passagieren der 31. Juli. Probleme im Betrieb bedauerte der Airport. Wartezeiten vor der Passagierkontrolle seien aber deutlich reduziert worden.
875 Flüge sind in Köln/Bonn zwischen Mitte Mai und Mitte Juli ausgefallen. 1073 waren es in Düsseldorf, insgesamt 2121 in NRW, so die Landesregierung. In Köln/Bonn waren davon geschätzt 140 000 Fluggäste betroffen. (raz/dpa)
„Unser Ziel ist, dass am Flughafen Köln/Bonn der Passagiernachtflug merklich reduziert wird“, haben CDU und Grüne in NRW verabredet. Das Ziel bekräftigen beide Parteien auf Anfrage. „Mit Blick auf den Flughafen Köln/Bonn streben wir eine merkliche Reduzierung des Nachtflugs von Passagierflugzeugen an“, heißt es in einer Stellungnahme der CDU. Hierzu werde das zuständige Ministerium Gespräche mit dem Flughafen führen. Terminiert sind diese Gespräche noch nicht.
„Die Region Köln/Bonn ist durch Fluglärm seit vielen Jahren stark belastet. Die Landesregierung hat es sich zum Ziel gesetzt, diese Belastung zu reduzieren“, bekräftigt der grüne Umwelt- und Verkehrsminister Oliver Krischer. „Wir freuen uns, dass der Flughafen dieses Ziel teilt, und werden hierüber bald in Gespräche eintreten“, sagt er. Die Landesregierung werde ihre Möglichkeiten nutzen, um zu einer Verbesserung der Situation für die Anwohnerinnen und Anwohner zu kommen – vor allem im Hinblick auf die Lärmreduzierung in der Nacht.
Das ist ganz nach dem Geschmack von Max Derichsweiler, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Kölner Rat. „Das Ziel im Koalitionsvertrag, den Passagiernachtflug am Flughafen Köln/Bonn merklich zu reduzieren, begrüßen wir sehr. Diese Vorgabe bedeutet einen Kurswechsel im Vergleich zur vorherigen schwarz-gelben Landesregierung, das ist ein klarer grüner Erfolg“, so Derichsweiler. Auch wenn ein konsequentes Passagier-Nachtflugverbot nicht gegen die CDU durchsetzbar gewesen sei, so hätten die Grünen die Tür für spürbare Verbesserungen öffnen können.
Köln/Bonn: Nachtflugverbot ist nicht leicht durchzusetzen
Ein Nachtflugverbot – oder auch nur eins für Passagiermaschinen – ist nicht leicht durchzusetzen. Zwei Anläufe haben NRW-Regierungen 1997 und 2012 unternommen. Gescheitert sind sie jeweils am Bundesverkehrsminister, der in dieser Angelegenheit als Fachaufsicht agiert. Zur Begründung verwies etwa CSU-Ressortchef Peter Ramsauer 2012 auf den Gleichheitsgrundsatz. Frachtflug erlauben, aber Passagierflug verbieten, das gehe nicht.
Gegen ein Nachtflugverbot ist auch die Kölner SPD. „Wir halten ein generelles Nachtflugverbot oder das Verbot von Passagierflügen zwischen 0 und 5 Uhr für nicht zielführend“, so Fraktionschef Christian Joisten. Ein Verbot von nächtlichem Passagierflug könnte zu einer Zunahme des Frachtflugs mit in der Regel älteren und lauteren Maschinen führen, weil dann Start- und Landesrechte frei würden.
Weniger Passagierverkehr in Köln/Bonn in der Nacht sei aber auch Ziel der Kölner SPD-Fraktion, sagt Joisten. Und generell solle es leiser werden durch die Optimierung des Luftverkehrs im Sinne der Anwohner, etwa durch leiseres Fluggerät oder veränderte Flugrouten.
Der Flughafen, der auf sein Lärmminderungskonzept mit flugbetrieblichen Maßnahmen, Gebühren und Entgelten sowie passivem Schallschutz verweist, hat immer wieder auf die Bedeutung der Nachtflugerlaubnis für sein Geschäft hingewiesen – nicht nur für den Frachtflug, der gerade in der Pandemie den Flughafen nicht hat abstürzen lassen. Wenn Passagiermaschinen auch in der Nacht in der Wahner Heide landen können, stehen sie am nächsten Morgen bereit. Ohne Nachtflugerlaubnis müssten sie erst leer hierhin geflogen werden, was Zeit sowie Kerosin kostet und die Umwelt unnötig belastet. Die Nachtflugerlaubnis macht also die Stationierung von Maschinen in Köln/Bonn attraktiver.
Industrie und Handel sind klar für Nachtflug
Entschieden für den Nachtflug tritt auch die IHK Köln ein. „Die Möglichkeit für Frachtflugzeuge, auch nachts den Flughafen ansteuern zu können, ist für den Wirtschaftsstandort Köln im Vergleich mit anderen Regionen wie etwa Rhein-Main/Frankfurt oder München ein erheblicher Vorteil“, sagte Claudia Betzing, Leiterin des Geschäftsbereichs Wirtschaft und Politik. UPS habe darum hier sein Europa-Drehkreuz und FedEx sein Drehkreuz für Mittel- und Osteuropa.
Erlaubt ist der Nachtflug noch bis zum Jahr 2030. Schon 2008 war die bis 2015 geltende Regelung von der NRW-Regierung auf Antrag des Flughafens vorzeitig verlängert worden. Einen ersten Anlauf für eine erneute Verlängerung unternahm dann der damalige Aufsichtsratschef Friedrich Merz vor zwei Jahren. Das stand für die NRW-Regierung aber nicht auf der Agenda. Die bestehende Regelung lief noch zehn Jahre. Deshalb stelle sich die Frage zu diesem Zeitpunkt nicht, hieß es.
Das könnte jetzt anders aussehen. „Konkrete Gespräche über die Nachtflugregelung hat es noch nicht gegeben“, teilte der Flughafen am Freitag mit. Er stehe aber in intensivem und gutem Austausch mit den politisch Verantwortlichen.