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Gülle wird KraftstoffShell beginnt mit Bau der Bio-Flüssiggasanlage in Köln

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Shell bei Nacht in Köln Godorf

Das Gelände von Shell in Köln-Godorf 

Köln – Als Meilenstein für den Energie- und Chemiepark Rheinland feierte Shell-Deutschland-Chef Fabian Ziegler am Mittwoch den Baubeginn für eine Verflüssigungsanlage für Bio-LNG im Kölner Werksteil des Standortes. Wenn die Anlage in knapp zwei Jahren fertig ist, soll sie pro Jahr 100.000 Tonnen Flüssiggas herstellen, das durch Kühlen auf minus 162 Grad entsteht.

Die Menge reiche, um 4000 bis 5000 Langstrecken-Lkw zu versorgen und jährlich eine Million Tonnen CO2 einzusparen. Etwa 4000 LNG-Lkw gibt es in Deutschland. Ihre Zahl ist laut Ziegler zuletzt stark gestiegen. Und er rechnet mit weiterem Wachstum. Bio-LNG sei eine Chance die Fuhrparks klimaneutral und wettbewerbsfähig zu machen. Immer mehr Kunden verlangten Klimaschutz von den Logistikern.

Für Shell ist die Anlage ein Baustein auf dem Weg zum Netto-Null-CO2 -Ausstoß, der für 2050 geplant ist. Derzeit ist der Konzern noch für ein Prozent des deutschen CO2 -Ausstoßes verantwortlich. Dazu kommen neun Prozent, die auf das Konto der Nutzer der Shell-Produkte gehen.

Aus Gülle und Mist Energie gewinnen

„Wir machen aus Gülle Kraftstoff“, sagte Standort-Chef Marco Richrath. Gülle und Mist sorgen nämlich für den Grundstoff Bio-Methan. Das wird vor allem in Norddeutschland in das Erdgasnetz eingespeist. In Köln entnimmt Shell dann Gas aus dm Netz, verflüssigt es, bereitet es auf und liefert es letztlich an seine speziellen Tankstellen für den Kraftstoff.

Wird Gülle auf den Feldern verteilt, wird das Klimagas Methan freigesetzt. Wird Methan aber als Kraftstoff verwendet, wird das sogar als negative CO2 -Emission gewertet, weil das Klimagas nicht in die Atmosphäre gelangt. So kann der Kraftstoff klimaneutral sein, auch wenn CO2 beim Verbrennen in Motoren entsteht. Und dann sollte der Strom, der zum Kühlen und Verflüssigen des Gases verwendet wird, aus erneuerbaren Energien kommen.

26 LNG-Tankstellen betreibt Shell derzeit. Mindestens zehn weitere sollen noch in diesem Jahr dazukommen. Insgesamt gibt es etwa 100 LNG-Tankstellen in Deutschland und etwa 300 in Europa. Mit einer Tankfüllung schafft ein LKW etwa 1600 Kilometer. Wichtig sei, dass an den großen Transportwegen in Europa Tankstellen die LNG-Versorgung sicherten.

Noch ein sehr teurer Kraftstoff

Bio-LNG ist mit zwei Euro pro Kilo noch mehr als doppelt so teuer wie konventionelles LNG. Auch die Lkw sind teurer als Diesel-Laster. Dafür gibt es unter bestimmten Voraussetzungen eine Befreiung von der Autobahn-Maut.

NRW-Misterpräsident Hendrik Wüst (CDU) unterstrich, dass die Anlage von Shell ohne öffentliche Mittel gebaut werde. Solche Investitionen brauche das Land. Die Anlage sei ein Beispiel dafür, wie der Umbau der Industrie in Richtung mehr Klimaschutz gelingen und dabei der Wohlstand erhalten bleibe. Seine Regierung tue alles dafür, dass NRW ein Industrieland bleibe. Auch wolle NRW ein Beispiel geben, wie der Umbau gelingen könne. Sonst würde es keine Nachahmer geben.

Die Inbetriebnahme der neuen Anlage ist für die zweite Jahreshälfte 2023 vorgesehen. Die Investitionssumme nannte Shell nicht. Shell-Deutschland-Chef Ziegler kann sich aber vorstellen, dass Shell weitere Anlagen für Bio-LNG baut.

Shell fährt mehrgleisig, investiert etwa in Wasserstoff und Bio-LNG, die beide Fahrzeuge antreiben könnten. Ziegler fürchtet aber nicht, dass sich Shell selbst Konkurrenz macht. Vielmehr sei Mehrgleisigkeit notwendig. Batterien für den rein elektrischen Betrieb von Lkw seien derzeit noch zu schwer. Und die Brennstoffzelle komme erst in ein paar Jahren zum Einsatz. Klimaschonend wollten die Logistiker aber jetzt schon sein. Dabei spare auch konventionelles LNG gut 20 Prozent der CO2 -Emissionen ein – Bio-LNG bis zu 100 Prozent.

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Shell baut den Standort in Köln und Wesseling kräftig um. In Wesseling soll die Rohölverarbeitung eingestellt werden, wie das Unternehmen bereits im Herbst angekündigt hatte. Rohöl würde dann nur noch in Köln-Godorf verarbeitet, in Wesseling würden dagegen CO2 -freie oder -arme Produkte hergestellt. Eine Investitionsentscheidung für diesen Milliarden-Umbau ist aber noch nicht gefallen, wie Richrath am Mittwoch noch einmal sagte.

Köln-Wesselinger Standort wird umgebaut

Im Juli wurde in Wesseling bereits Europas größte PEM-Wasserstoff-Elektrolyse zur Herstellung von grünem Wasserstoff, mit einer Kapazität von zehn Megawatt (MW) offiziell eingeweiht. Die Erweiterung zu einer 100-MW-Elektrolyse-Anlage ist ebenso geplant wie der Bau einer Bio-PTL-Anlage, in der aus grünem Strom und Biomasse synthetische Flugkraftstoffe und Rohbenzin hergestellt werden.

Der Konzern will bis 2050 klimaneutral werden und schon auf dem Weg dahin die Emissionen deutlich reduzieren.