Interview mit Kölner IHK-Präsidentin„Wir haben die Berateritis beendet“
- Mit Kölns IHK-Präsidentin Nicole Grünewald sprach Ralf Arenz über ihre bisherige Amtszeit.
Seit einem Jahr sind Sie Präsidentin der IHK Köln, seit einem Jahr hält uns alle Corona in Atem. Macht der Job noch Spaß?Grünewald: Ja, sehr. Gerade jetzt braucht die Wirtschaft eine starke Interessenvertretung. Politik und Wirtschaft wollen die Wirtschaft gemeinsam in Schwung halten. Dabei übertrifft die Politik sich gerade selbst. Ich hätte zum Beispiel nie gedacht, dass Gesetze so schnell verabschiedet werden. Etwas Luft nach oben gibt es aber noch. Wir wünschen uns manchmal noch mehr Tempo, einige Hilfspakete sind auch zu kompliziert und die Hilfen müssen schneller ankommen.
Wie weit sind Sie mit den Kernanliegen?
Wir wollten transparenter, digitaler, politischer und kostenbewusster arbeiten. Zur schnellen Digitalisierung zwingt uns schon die Pandemie. Wir haben jetzt 60.000 statt zuvor 2000 Email-Adressen von Mitgliedsunternehmen. Wir sind auch transparenter geworden. Dabei mussten wir als Präsidium erfahren, dass Transparenz und die dazugehörigen Ausschreibungen auch Zeit kosten. Wir sind im stetigen und konstruktiven Dialog mit der Politik und haben uns richtig bei den Kosten reingehängt.
Wo konnten sie sparen?
Wir haben die Berateritis beendet und Beraterverträge gekündigt. Der alte Hauptgeschäftsführer hatte etwa einen Berater, der teuer bezahlt wurde. Wir haben auch die IHK-Stiftung für Ausbildungsreife und Fachkräftesicherung eingestellt, weil wir in den vergangenen Jahren keine Spenden für diese Arbeit mehr erhalten haben. Ohne die Corona-Pandemie hätten wir die Beiträge senken können. Jetzt wollen wir erst abwarten, ob wir Einnahmeausfälle durch die Pandemie erleiden.
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Wie verteilen Sie Ihre Arbeitskraft auf die IHK und Ihr Unternehmen?
Corona verlangt von mir einen höheren Einsatz für die IHK. Ich hatte mit etwa eineinhalb Arbeitstagen pro Woche für die Kammer gerechnet, derzeit sind es eher zwei bis drei. Zum Glück brauche ich wenig Schlaf. Da kann ich mich abends und nachts um meine Agentur kümmern, wenn ich die Politiker nicht mehr stören möchte.
Sie haben noch Ämter als Vizepräsidentin bei der IHK-NRW und im Dachverband DIHK übernommen.
Als Präsidium hatten wir uns vorgenommen, auch auf Landes- und Bundesebene präsent zu sein, nachdem das in den Vorjahren nicht mehr der Fall war. Köln ist die größte Stadt in NRW, und die IHK Köln gehört zu den größten Kammern im Land. Ich habe mich um die Ämter beworben und bin als Vizepräsidentin der IHK-NRW gewählt worden, obwohl die Kolleginnen und Kollegen mich größtenteils nur aus Videokonferenzen kannten. Vier der fünf Vize wurden nach Berlin entsandt, darunter ich. Das war eine groß e Chance, und die musste ich nutzen.
Wann bekommt die Kammer einen neuen Hauptgeschäftsführer?
Wir sind auf der Zielgeraden. Es gibt eine Shortlist, und ich hoffe, dass die Vollversammlung im März über einen Hauptgeschäftsführer entscheiden kann.
Das Gespräch führte Ralf Arenz.