Viele Passagiere wollen finanzielle Entschädigungen wegen des Chaos im Sommer am Kölner Flughafen. Das Kölner Amtsgericht musste 18.000 Fälle bearbeiten.
Nach Chaos-SommerGerichte werden in Köln mit Flugklagen geflutet
Lange Schlangen vor der Abfertigung, Verspätungen und annullierte Flüge – für Passagiere am Flughafen Köln/Bonn war der Sommer 2022 oftmals ein großes Ärgernis. Offensichtlich sind die Fluggäste bereit, für ihre Rechte vor Gericht zu ziehen. Das Kölner Amtsgericht muss sich mit massenhaften Klagen wegen ausgefallener oder verspäteter Flüge befassen. Das Ziel der Passagiere ist es, eine finanzielle Entschädigung zu bekommen.
Knapp 18 000 Fälle musste das Gericht im vergangenen Jahr bearbeiten. „Das ist die höchste Anzahl an Klagen, die jemals am Amtsgericht bei Flugausfällen eingegangen ist“, sagte eine Gerichtssprecherin der Rundschau. Wie die Sprecherin mitteilte, hänge die hohe Anzahl der Klagen in Köln auch damit zusammen, dass Eurowings ihren Sitz in Köln hat und dadurch das Kölner Gericht zuständig sei. „Auch wenn Fluggäste in Köln zwischenlanden und es beim Weitertransport zu Verspätungen kommt, werden die Klagen hier bearbeitet“, betonte die Sprecherin. Zum Vergleich: Nach einem normalen Sommer verzeichnet das Gericht etwa 2000 Klagen von Fluggästen.
Bis zu 600 Euro wegen erheblicher Verspätung
Die Fluggastverordnung sieht vor, dass Passagiere zwischen 250 und 600 Euro erhalten können, wenn es zu einer erheblichen Verspätung kommt. Bei Verspätungen von mehr als drei Stunden können Fluggäste ihre Rechte einfordern – und besonders in der Sommerzeit gab es eine Vielzahl von Flügen, die erst mehr als drei Stunden später abgehoben sind. Der Richterbund sieht Portale, mit denen Passagiere ihre Ansprüche schnell und einfach durchsetzen könnten, als wesentlichen Grund für die massenhaften Klagen.
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Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn verlangte Abhilfe von der Politik. Viele Zivilgerichte würden durch Massenverfahren auch zum Dieselskandal oder durch eine Flut gleichförmiger Verbraucherklagen teilweise blockiert. Angesichts von „Fließbandklagen“, mit denen Anwaltskanzleien und Inkassodienstleister viele Gerichte überhäuften, seien flexiblere Vorschriften im Zivilprozessrecht nötig.
Gericht mit deutlich mehr Personal im Einsatz
Die Sprecherin am Kölner Amtsgericht widerspricht: „Die Kollegen haben gut zu tun. Aber sie sind nicht komplett überlastet“, betonte die Sprecherin gegenüber der Rundschau. Es sei deutlich mehr Personal eingestellt worden.
Wie ein zuständiger Richter am Kölner Gericht bei der Vorstellung einer Jahresbilanz berichtete, würden die Luftfahrtunternehmen mit harten Bandagen arbeiten und oft erstmal nicht auf die Forderungen der Passagiere eingehen. Wörtlich sagte der Richter: „Die Bürger sollen zuerst einmal abgebürstet werden“. Jeder Einzelfall müsse allerdings genau geprüft werden – auch zugunsten der Fluggesellschaften. Wenn etwa „außergewöhnliche Umstände“ vorliegen, gebe es in der Regel kein Geld. Beispielsweise Verspätungen oder Annullierungen wegen „Vogelschlags“ seien ein „unabwendbares Ereignis“, sagte der Richter.
Auch die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr, an die sich Kunden ohne Anwalt wenden können, spürte den holprigen Neustart des Luftverkehrs. 2022 gingen mit 25.660 Schlichtungsanträgen mehr als doppelt so viele ein wie ein Jahr zuvor (12.175 Fälle).
Einsame Spitze
Knapp 18.000 Klagen wegen Flugausfällen und -verspätungen sind am Kölner Amtsgericht anhängig. 11.300 Klagen sind es in Frankfurt, 9000 in Düsseldorf und rund 7000 Klagen beim für den Hauptstadtflughafen BER zuständigen Amtsgericht Königs Wusterhausen. (ta)