Auf der ZielgeradenWird Köln bald die Automobilmesse IAA ausrichten?
- Köln hat sich mit sechs anderen Städten um die Automobilmesse IAA beworben.
- Doch die Domstadt gilt im Rennen um die Ausrichtung eher als Außenseiter.
- Genau das könnte aber eine Chance sein.
Köln – Die Kölnmesse will die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) mitten in die Stadt ziehen. Nach der gestrigen Präsentation in Berlin teilten Stadt und Messe mit: „Wir wollen die IAA zu einer Veranstaltung neuen Typs entwickeln. Die PS-Schau soll zu einer „Mobilitätsmesse der Zukunft“ werden. Auf einer 15 Kilometer langen Fahrspur („Blue Lane“) will die Messe mitten in der Kölner Innenstadt emissionsfreie Fahrzeuge und geteilte Mobilität testen: vom Car-Sharing übers Sammeltaxi bis hin zum Leih-Lastenrad.
Das Land NRW unterstützt die Bewerbung. „Wir wollen zeigen, wie stadt- und klimagerechte Mobilität aussehen kann“, sagte Ministerpräsident Armin Laschet. Gut gelaunt kehrte die Delegation an den Rhein zurück. Messechef Gerald Böse sagte: „Wir haben die Weichen gestellt, um die neue IAA zu zur Gamescom der Mobilität zu machen.“
Wer ist im Rennen?
Am Donnerstag haben sich Hannover, Berlin, Hamburg und Stuttgart, am Freitag Frankfurt, Köln und München präsentiert. Überzeugen mussten sie vom Automobilverband VDA auch die neue Präsidentin Hildegard Müller, die am 1. Februar ihr Amt antritt, sowie Vertretern von Mitgliedsunternehmen vor allem aus dem Marketing. Jede Stadt hatte 90 Minuten Zeit.
Was will der VDA?
Die Messe soll von der Produktschau zur Mobilitätsplattform werden. Wissensaustausch in Foren oder Konferenzen soll es geben und den Dialog mit Bürgern. Aus den Messehallen in die Städte soll die Messe gehen. Es soll großzügige, abgesperrte Teststrecken geben, etwa für automatisiertes Fahren. Flächen für Erlebnisräume sollen die Städte stellen und Organisationskonzepte. Auch in die Infrastruktur sollen sie investieren, etwa in Ladesäulen für E-Autos, Wasserstofftankstellen oder Erprobungsstrecken. Das kostet Geld.
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Andererseits können die Messestädte hoffen, über die IAA an Attraktivität zu gewinnen und sich als Stadt mit moderner Infrastruktur etablieren zu können. Geld kostet das Konzept vielleicht auch die Messegesellschaft. Mehr Flächen in der Stadt können weniger belegte und vermietete Fläche in den Hallen bedeuten. Die geforderten Kostenbeteiligungen kommen nicht von ungefähr. Der VDA finanziert mit der IAA einen Teil seiner Aktivitäten.
Wie stehen die Chancen für Köln?
Die Autoexperten sehen keine klaren Favoriten. Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management (CAM) an der Fachhochschule Bergisch Gladbach, sieht Frankfurt mit der IAA-Tradition vorn, räumt aber auch Berlin gute Chancen ein. Berlin ist nicht nur die hippe Bundeshauptstadt, hier sitzt der VDA. Nun zieht Tesla in den Großraum, noch ein Vorteil. Proteste, auch gewalttätige, wie es sie in Berlin (und Hamburg) gelegentlich gibt, könnten ein Problem sein. Zumal die Grünen klar auf Distanz gegangen sind.
Es geht der Autobranche ums Image, sagt auch Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Also brauche man für einen Neustart einen emotionalen Standort mit Lebensqualität. Damit seien Berlin, Hamburg, München und auch Köln vorn. Köln sei eine Eventstadt und in der Lage, positive Energie zu verströmen. Und: Die Grünen haben nichts gegen die IAA, wenn es keine PS-Show auf der Domplatte wird. Das Bekenntnis der Stadt und der Stadtoberen zur Internationalen Automobilausstellung sei sehr wichtig, findet auch Bratzel. „Ich würde mich total freuen, wenn die IAA nach Köln käme.“
Wie läuft das Verfahren?
Der VDA hat nur grobe Anforderungen gestellt. Klar sind die Kriterien nicht, nach denen der Verband die Messe vergeben will. Das bietet Raum für viele Spekulationen. In München sitzt BMW, in Stuttgart Daimler. Das dürfte dem jeweils anderen Premiumanbieter nicht gefallen. Hamburg richtet zwar 2021 einen Kongress für neue, intelligente Transportsysteme aus, steht aber eher für Schiffe, Hannover hat schon die IAA-Nutzfahrzeuge.
Dudenhöffer kritisiert das ganze Verfahren scharf: „Die IAA ist ein Sanierungsfall.“ Die Zahl der Aussteller gehe dramatisch zurück, die Messe sei auch schlicht zu teuer für die Autobauer geworden. „Was der VDA macht, ist ärmlich. Weil er kein Konzept hat, will es sich von den Städten helfen lassen.“ Der Autoexperte sieht die Messe vor dem Aussterben, wenn sie nicht direkt an eine Technologiemesse wie die Gamescom angedockt werde.
Wie geht es weiter?
Jetzt wertet der VDA die Konzepte aus. Am Mittwoch soll dann der Vorstand darüber entscheiden, mit welchen drei Städten der VDA in konkrete Vertragsverhandlungen eintritt. Eine endgültige Entscheidung soll „in den nächsten Monaten fallen“, so der Automobilverband VDA. Je später das wird, umso enger wird es. Unter hohem Zeitdruck muss die Siegerstadt eine Messe stemmen, die unbedingt ein Erfolg werden muss. Nach Aussteller- und Besucherrückgang in Frankfurt im abgelaufenen Jahr müsse die nächste IAA wieder nach oben weisen, so Experte Bratzel.