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Europcar rückt ins Zentrum der Volkswagen-Mobilitätsdienste

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Wolfsburg/Paris – Volkswagen will Europcar zum Herzstück seiner Plattform für Mobilitätsdienste machen. Nach langer Vorbereitung und einigen Verzögerungen im Übernahmeverfahren stellte der Konzern am Dienstag die Strategie zum Einbau des französischen Vermieters vor.

Die weltweit mehr als 2700 Europcar-Filialen und -Stationen in über 140 Ländern sollen dazu beitragen, Angebote vom Carsharing über die Miete bis zum Auto-Abo zu verzahnen. Die zuständige VW-Finanzsparte will dies in ihr Geschäft mit Leasing und Autokrediten integrieren.

EU-Kommission hat grünes Licht gegeben

Zudem wird mittelfristig vollautomatisches Fahren eine Rolle auf der „Mobilitätsplattform” spielen, vor allem bei Shuttle-Services. Auch dafür dürften allerdings noch wesentliche Entwicklungssprünge in der Software und Elektronik nötig sein. Und bei den Wolfsburgern gab es rund um die interne IT-Tochter Cariad zuletzt etlichen Wirbel.

VW war schon früher einmal Hauptbesitzer von Europcar, 2006 trennte man sich. Vor gut einem Jahr nannte Konzernchef Herbert Diess die Rückkauf-Idee als Teil eines „integrierten Dienstleistungsangebots rund ums Auto”. Die eigenen Flottendienste und das bis dato eher maue Carsharing sollten ebenso mit den Franzosen zusammengebracht werden.

Die EU-Kommission erlaubte VW Ende Mai mit den Partnern Attestor und Pon Holdings die Übernahme. Verbliebene Europcar-Minderheitsaktionäre erhalten ein Angebot, um ihre Anteile abzugeben. Die Firma mit rund 10.000 Beschäftigten soll von der Börse genommen werden.

Zunächst werde man „alle Mobilitätsdienste auf der neuen Plattform zentralisieren”, kündigte Volkswagen an. Dazu gehörten der Zugriff auf viele Angebote per App sowie „eine gemeinsame Fahrzeugflotte, die all diese Dienste abdeckt”. 2021 hatte Europcar etwa 232.000 Wagen im Bestand - diese Zahl dürfte nun bald noch deutlich ausgebaut werden.

VW testet Elektro-Bus ID.Buzz

Die Grundidee ist, den Trend vom Autokaufen zum Autonutzen über alle Wege und Marken aufzugreifen. Ende dieses und Anfang kommenden Jahres laufen die ersten verschränkten Systeme in Wien und Hamburg an. Wenn voraussichtlich in einigen Jahren hochautomatisierte Fahrfunktionen bereitstehen, kommen diese etappenweise hinzu. Sie sollen den Betrieb der Plattform optimieren, „da Fahrzeuge automatisch bedarfsgerecht zwischen den verschiedenen Standorten bewegt werden können”, hieß es.

VW testet teilweise selbstfahrende Modelle etwa mit dem Elektro-Bus ID.Buzz schon, auch der Shuttle-Ableger Moia soll die Technik einmal im Vollbetrieb anwenden. Bis zum Serienstart dauert es aber noch. Der erste solche kommerzielle Dienst in Europa soll 2025 beginnen.

Diess begründete den Sinneswandel zu Europcar mit dem Marktpotenzial, das er aus Autodienstleistungen und neuen Softwarefunktionen bis 2030 insgesamt im Billionenbereich vermutet. „Durch den Zukauf vergrößern wir unsere Flotte erheblich und erhalten einzigartige Kontaktpunkte zu den Kunden”, erklärte er jüngst vor der VW-Belegschaft. Europcar ist in vielen Ländern in den Innenstädten sowie an Bahnhöfen und Flughäfen vertreten. „Durch Europcar und den Schritt zu autonomen Robo-Shuttles wird es lukrativ, eine All-Inclusive-App anzubieten.”

Enorme Datenmengen

Der Chef der VW-Finanztochter, Christian Dahlheim, ergänzte jetzt: „Verbraucher haben zwei grundlegende Bedürfnisse: von A nach B zu kommen und ihren Mobilitätsbedarf dort, wo sie wohnen, zu decken. Wir glauben, dass wir das in einer Plattform kombinieren können.”

Das vollautomatische - oder eines Tages komplett autonome - Fahren wird indes nur möglich sein, wenn die Steuerungs- und IT-Systeme im Auto enorme Datenmengen verarbeiten können. Zudem werden regelmäßige, rasche Updates der Funktionen und bezahlbare Hochleistungsrechner ein Kriterium sein. Bei der Aufteilung der Aufgaben unter den Marken wie VW, Audi oder Porsche hakte die Abstimmung mitunter erheblich.

„Die Plattform muss einfach, häufig und mit wenig Kundeninteraktion updatefähig sein”, beschrieb Alf Pollex, Chef im Entwicklungsverbund für das zentrale Auto-IT-System, eine der Kernanforderungen. Das sei auch ein Grund, weshalb das Gesamtprojekt Software Zeit brauche. Beim autonomen Fahren arbeiten nun Audi und Porsche vorerst parallel weiter. Die Ausbaustufe 2.0 der Software soll ab Mitte des Jahrzehnts stehen, sie führt Diess zufolge „die Entwicklungen dann zusammen”.

Entwicklerteam wird aufgestockt

Es gehe um eine komplexe Umstellung der Elektronik, so Pollex. In älteren, dezentralen Systemen „hat man bisher einzelne Updates an einzelnen Steuergeräten gemacht”. Bei immer mehr Automatisierung und Vernetzung würden zentralisierte Rechner- und Softwarearchitekturen nötig. Damit könne man auch Updates in größeren Blöcken machen. Nur ein ausgereiftes Einheitssystem 2.0 sichere außerdem, dass sich mit diesem alle Autotypen zu wettbewerbsfähigen Preisen ausrüsten lassen.

Derzeit beschäftigt Cariad rund 5000 Entwickler. „Das Team werden wir nach und nach aufstocken”, sagte Pollex. Trotz des Trends zu mehr interner Entwicklung spielten Zulieferer weiter eine wichtige Rolle: „Es laufen verschiedene Gespräche.” Die bisherige Kooperation mit Bosch begrenzt sich auf erweiterte Assistenzsysteme (Level 2) und das automatisierte Fahren auf der Autobahn (Level 3). „Die Partner haben aber vereinbart, mögliche gemeinsame Entwicklungsziele und Zeitpläne in Richtung vollautomatisiertes Fahren (Level 4) zu prüfen.”

© dpa-infocom, dpa:220705-99-918870/4 (dpa)