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Deutz trennt sich von Chef HillerMänner, Motoren und eine Frauensache

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Herrenrunde: Ex-Deutz-Chef Frank Hiller mit Büsten der Gründer Nicolaus Otto (hinten) und Eugen Langen.

Köln – Die Pressemitteilung des Kölner Motorenbauers enthält kein einziges lobendes Wort über den bisherigen Chef. „Dr. Frank Hiller wurde vom Aufsichtsrat einstimmig aus dem Vorstand abberufen. Er scheidet mit sofortiger Wirkung aus dem Vorstand aus.“ Mehr hat die Deutz AG nicht über den 53-Jährigen mitzuteilen, der das Unternehmen seit 2017 gesteuert hat.

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Schulte ist der Neue.

Umso mehr ist über Sebastian Schulte (43) zu lesen, seit 2021 Finanzvorstand und Arbeitsdirektor und ab sofort Konzernchef: „Ein führungsstarker Analytiker und Teamplayer“, lobt Aufsichtsratschef Dietmar Voggenreiter. Er bringe „genau die Kompetenzen mit“, die Deutz brauche, um „führender Anbieter klimaneutraler Mobilitätslösungen im Off-Highway-Bereich so werden“, erklärt Voggenreiter weiter – und auch der 53-jährige Unternehmensberater und frühere Audi-Vorstand selbst ist seit Samstagabend neu im an der Spitze des Kontrollgremiums. Vorgänger Bernd Bohr (65) hat dieses Amt aufgegeben, behält aber sein Aufsichtsratsmandat.

Aufsichtsrat will Frau berufen

Was ist los bei Deutz? Einen Teil der Erklärung liefert die Börsenpflichtmitteilung des Konzerns: „Der Aufsichtsrat hat bereits einen Prozess aufgesetzt, um die Vakanz im Vorstand im Sinne des zweiten Führungspositionen-Gesetzes mit einer Frau zu füllen.“ Daraus könne man „durchaus mit Recht“ schließen, dass der Streit um die Berufung einer Frau zum Hintergrund der Hiller-Abberufung gehöre, sagt Deutz-Sprecher Christian Ludwig.

Vier Vorstandsposten hat Deutz, mehr sind bei einem im Nebenwerteindex SDax gelisteten Unternehmen mit 1,3 Milliarden Euro Umsatz (2020) auch kaum vertretbar. Vier Vorstandsposten, alle bis dato mit Männern besetzt. Nun gibt es aber eben das in der Pflichtmitteilung erwähnte zweite Führungspositionen-Gesetz (FüPoG II): Börsennotierte Unternehmen wie Deutz müssen bei vier Vorständen mindestens eine Frau berufen.

In Kraft ist das Gesetz seit dem 12. August, den Entwurf hatte die damalige Bundesregierung aus Union und SPD bereits am 6. Januar 2021 beschlossen.

Gesetzesplan war bekannt

Es gab Zeiten, da wäre die Umsetzung für Deutz kein Problem gewesen. Neun Jahre lang war Margarete Haase Finanzvorstand, 2011 kürte die Financial Times Deutschland sie zur „Managerin des Jahres“. Aber seit Haase 2018 aus Altersgründen ausschied, war das Deutz-Finanzressort wieder fest in männlicher Hand – erst bei Andreas Strecker, dann bei Schulte. Der trat sein Amt am 1. Februar 2021 an, kurz nach dem für Deutz so problematischen Kabinettsbeschluss. Auch die Position des Entwicklungschefs besetzte der Aufsichtsrat etwas später, zum 15. März, mit einem Mann: Markus Müller. Dass das Kontrollgremium die sich abzeichnende künftige Rechtslage geflissentlich ignorierte, fällt seinem früheren Chef Bohr zur Last.

Nun also ist mit Hillers Abschied der Weg für die Berufung einer Frau frei. Dass es zwischendurch Überlegungen gegeben haben soll, ein anderes Vorstandsmitglied – den Vertriebschef Michael Wellenzohn – bei unveränderten Bezügen aus dem Vorstand abzuberufen, dementiert Konzernsprecher Ludwig entschieden. Und: Es sei schon gar nicht so, dass man einen Vorstandschef absetzen müsse, damit eine Frau auf den freiwerdenden Vorstandsplatz seines Nachfolgers nachrücken könne. Die Frauenfrage sei eben nur ein Teil der Erklärung. Den anderen liefert wohl Voggenreiters Hymnus auf den neuen Konzernchef Schulte, dessen Teamfähigkeit er hervorhebt. Cäsar tadelte, in dem er (andere) lobte, wissen alte Lateiner – auch wenn Ludwig diese Vermutung höflicherweise nicht kommentieren möchte.

Umbau soll weitergehen

Was Ludwig allerdings hervorhebt: Hillers Leistung beim Umbau der Deutz-Produktpalette war nicht Hintergrund seiner Abberufung. Die Umstellung mit Wasserstoff oder synthetischen Treibstoffen gespeiste Motoren etwa für Schiffe, Generatoren, Bau- und Landmaschinen sowie die Investion in elektrische Antriebe seien für Deutz alternativlos, sagt Ludwig, das werde auch neue Vorstand fortsetzen – in dem übrigens mit Müller nur noch ein Maschinenbauer sitzt.

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Teuer wird die Eskalation für Deutz allemal. Hiller hat im Corona-Jahr 2020 eine Gesamtvergütung von 1,4 Millionen Euro erhalten, davon 921 Millionen Festgehalt – und der Vertrag wäre noch bis 2026 gelaufen. Gesamtwert: ungefähr fünf Millionen.