Schondorf – Wer vorzeitig aus einem Immobilienkredit aussteigt, für den kann es aufgrund der sogenannten Vorfälligkeitsentschädigung teuer werden. Durch ein neues Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) sehen Anwälte nun die Rechte von Bankkunden gestärkt.
Eine Baufinanzierung können Immobilienbesitzer in der Regel nur zum Ende der Laufzeit beziehungsweise der Zinsbindung kündigen. Doch im Leben läuft häufig nicht alles nach Plan, vor allem dann, wenn der Plan über mehrere Jahrzehnte geht. Möchte man eine Immobilie vorzeitig verkaufen oder einen teuren Hypothekenkredit aus anderen Gründen vorzeitig ablösen, berechnen die Banken oft eine hohe Vorfälligkeitsentschädigung für die dadurch entgangenen Zinsen.
Seit Jahren streiten Rechtsanwälte und Verbraucherschützer darüber, ob Kunden tatsächlich eine Zahlungspflicht gegenüber der Bank haben. In vielen Verträgen wurde darauf nicht ausreichend hingewiesen.
Was hat der BGH jetzt entschieden?
Im Kern ging es um die Vorfälligkeitsentschädigung bei Commerzbank-Kunden und ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main vom Juli 2020 (Az.: XI ZR 320/20). Das OLG bestätigte aufgrund einer Klage der Berliner Rechtsanwaltskanzlei Gansel, dass die Angaben zur Berechnung der Entschädigung in den betreffenden Kreditverträgen unzureichend seien. Demnach hätte die Commerzbank in diesen Fällen keinen Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung.
Bin ich betroffen?
Wer als Immobilienbesitzer sein Darlehen nach dem 22. März 2016 abgeschlossen hat, könnte von dem Urteil profitieren. In den Verträgen sind die Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend oder zu rudimentär. Allerdings kommt es auf den Einzelfall an. Wer glaubt, dass er betroffen sein könnte, kann unter anderem bei den Gansel Rechtsanwälten, welche den Prozess vor dem OLG Frankfurt geführt haben, seinen Vertrag kostenlos und unverbindlich prüfen lassen. So bekommt man Gewissheit, ob man zusätzliche Kosten bei vorzeitiger Beendigung der Finanzierung vermeiden oder bereits gezahlte Beträge zurückfordern kann. (mbel)
Die Bank wehrte sich gegen das verbraucherfreundliche Urteil und reichte vor dem Bundesgerichtshof eine Nichtzulassungsbeschwerde ein, weil das OLG Frankfurt die Revision gegen das Urteil nicht zuließ. Mit diesem Antrag scheiterte nun die Commerzbank, da der BGH im Juni 2021 die Beschwerde abwies. Das bedeutet, dass das oberste Gericht der Bundesrepublik sich praktisch der Entscheidung des OLG anschließt und eine weitere gerichtliche Klärung der Angelegenheit für überflüssig betrachtet.
Betrifft das Urteil nur Commerzbank-Kunden?
Grundsätzlich betrifft das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt zunächst nur Verträge bei der Commerzbank. Allerdings hat das BGH-Urteil auch Auswirkungen auf viele andere Banken, die in ihren Verträgen möglicherweise ähnliche unzureichende Klauseln verwenden. Auch diese sind demnach zum Teil angreifbar.
Was bedeutet das Urteil für Verbraucher?
Betroffene Kunden können bei vorzeitiger Beendigung ihres Immobiliendarlehens die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung vermeiden. Und noch besser: Wenn sie bereits eine solche Entschädigung gezahlt haben, können sie diese zurückfordern. Betroffen sind allerdings nur Verträge, die ab dem 22. März 2016 abgeschlossen wurden. Neben der Commerzbank können möglicherweise auch Kunden anderer Banken mit fehlerhaften Kreditverträgen die Zahlung vermeiden. Je nach bewilligtem Kreditvolumen und Laufzeit kommt bei derartigen Forderungen schnell ein fünfstelliger Betrag zusammen, der teils unrechtmäßig gefordert wurde.
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Wie viele Kunden könnten betroffen sein?
Nach Berechnungen der auf die Abwehr der Vorfälligkeitsentschädigung spezialisierten Anwaltskanzlei Gansel sind allein bei der Commerzbank rund 95000 Darlehensverträge betroffen. Mit den Kreditverträgen anderer Geldhäuser könnten sogar 1,5 Millionen Verträge fehlerhaft sein, erklären die Rechtsanwälte. Einige Institute hätten zwar inzwischen ihre Formulare überarbeitet, doch auch diese seien zum Teil weiter angreifbar.