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Realschule WipperfürthCoaching für mehr Selbstvertrauen ist ein Noten-Booster

Lesezeit 4 Minuten
Einsteigen-Aufsteigen-wipperfuerth

Lernen an der Realschule Wipperfürth. 

Wipperfürth – Nico, Vivienne, Nick und Zoe besuchen die Hermann-Voss-Realschule. Und alle vier nehmen am Projekt „Einsteigen-Aufsteigen“ teil, das Schülerinnen und Schüler gezielt und individuell fördert – bei den schulischen Leistungen, aber auch darüber hinaus. „Wir sind kein Nachhilfeinstitut“, betont Sozialpädagogin Dorothea Reckerth, die das Projekt an der Wipperfürther Realschule betreut. Denn wer einen der wenigen begehrten Plätze in dem Programm ergattern will, muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Wer aufgenommen werden möchte, muss sich bewerben und erklären, warum er mitmachen will.

Die Eigeninitiative der Jugendlichen sei elementar wichtig, betont Reckerth. Sie stellt das Programm jedes Jahr in der Klassen vor, vor allem in der sechsten Jahrgangsstufe.

Nur 40 Plätze für Schülerinnen und Schüler der Klassen 6 bis 10 stehen zur Verfügung. Wer aufgenommen werden möchte, muss sich bewerben und erklären, warum er mitmachen will. Das Coaching findet in Kleingruppen statt und in Einzelgesprächen. Die Teilnahme an dem Programm ist freiwillig, die Abbruchquote liegt bei unter fünf Prozent.

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„Ich hatte wenig Selbstbewusstsein“, erzählt Vivienne. Weil eine Mitschülerin und ihre Schwester mit „Einsteigen-Aufsteigen“ gute Erfahrungen gemacht hätten, habe sie sich auch beworben, so die heute 14-Jährige. Das Programm habe bei ihr gut funktioniert. „Wir haben verschiedene Übungen gemacht, und ich habe private Tipps bekommen.“

Am Anfang diskutiert Reckerth mit ihren Schützlingen meist die Frage, was Lernen eigentlich bedeutet und wie strukturiertes Lernen funktioniert. „Man muss sich selbst eingestehen, dass man Hilfe braucht“, berichtet Nick von seinen Erfahrungen. Auch bei ihm fiel das Training „Einsteigen-Aufsteigen“ auf fruchtbaren Boden. Der 14-Jährige hat dort viel Selbstbewusstsein getankt und wurde kürzlich zum stellvertretenden Schülersprecher gewählt. „Ich war seit der 6. Klasse sehr schüchtern“, erzählt auch Zoe, deshalb habe sie sich im Unterricht oft nicht gemeldet.

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Im Training bekam sie den Tipp, eine Strichliste zu führen, am Ende jeder Stunde sollten mindestens drei Striche vermerkt sein. Das habe funktioniert. Außerdem habe ihr ein Mitschüler aus dem Förderprogramm bei Mathematik geholfen. Die Folge: Zoes Noten sind deutlich besser geworden. „Einsteigen-Aufsteigen“ hat aber noch weitergehende Ziele. „Viele unserer Schülerinnen und Schüler kommen aus nicht-akademischen Haushalten“, sagt Reckerth. Und so gehörte auch ein Uni-Tag in Köln einschließlich einer Physikvorlesung im riesigen Hörsaal zum Programm, um Barrieren und Berührungsängste abzubauen. „Die Schüler haben gemerkt ’hey, hier wird auch nur mit Wasser gekocht’,“ sagt Reckerth.

Die Voss-Stiftung finanziert das Projekt

Seit 2007 läuft das Projekt „Einsteigen-Aufsteigen“ an zwei Kölner Brennpunktschulen. Die Wipperfürther Konrad-Adenauer-Hauptschule ist seit 2014 dabei, die Hermann-Voss-Realschule kam 2016 dazu. Möglich ist das nur, weil die Wipperfürther Hans Hermann Voss-Stiftung trägt die laufenden Kosten von 130 000 Euro pro Jahr für beide Schulen trägt, wie Gudrun Rosankski von der Voss-Stiftung erklärt. Die Organisation des gesamten Programms läuft über den Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds, Valeska Damm-Berndorff arbeitet dort als Koordinatorin und kümmert sich unter anderem um den Austausch der fünf beteiligten Schulen.

Claudia Deichsel, Schulleiterin der Hermann-Voss-Realschule, möchte auf „Einsteigen-Aufsteigen“ nicht mehr verzichten. „Ich bin unendlich dankbar für diese Hilfe. Die Schülerinnen und Schüler wachsen an dem Projekt, sie gehen gestärkt daraus hervor“, so ihre Erfahrung. Auch in den Zeiten des Lockdowns konnte des Projekt weiterlaufen, über regelmäßige Videokonferenzen blieben die Teilnehmer in Kontakt.

Die Erfolge von „Einsteigen-Aufsteigen“ sprechen für sich. Viele Jugendliche, die an dem Projekt teilnehmen, wechseln nach der Realschule auf ein Gymnasium und legen dort ihr Abitur ab, mache studieren auch.

Das ist der Grund für den Erfolg des Programms

Fünf weiterführende Schulen im Großraum Köln nehmen an dem Förderprogramm „Einsteigen-Aufsteigen“ teil. Eine wissenschaftliche Studie der Universität Köln hat am Beispiel von „Einsteigen-Aufsteigen untersucht, ob bildungsbenachteiligte Jugendliche durch solche Programme der „positiven Jugendentwicklung“ gestärkt werden können. Die Autorin, die Kölner Wissenschaftlerin Dr. Ina Berninger hat dazu die Methodik analysiert sowie Teilnehmer und Pädagogen befragt. Mehr Informationen gibt es hier.

Das Ergebnis der Studie: Im Programm werden insbesondere der Selbstwert, die sozialen Kompetenzen, Problemlösungs- und Entscheidungsfähigkeit sowie planvolles Handeln und die Fähigkeit, sich Ziele zu setzen, erfolgreich gefördert.

Aber: Jugendliche aus sehr stark bildungsbenachteiligtem Umfeld, die auf umfangreiche, proaktive Unterstützung angewiesen wären, finden häufig keinen Platz in solchen Förderprogrammen, so die Studie.