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Lindlarer und Kürtener Kfz-Mechaniker„Das ist der Ritterschlag vom VW-Konzern“

Lesezeit 4 Minuten

Lindlar/Kürten – Donnerwetter. Sprachlos. Eine riesige Ehre. Marco Müller und Jörg Leitner sind noch immer beeindruckt von dem Anruf mit Wolfsburger Vorwahl, der sie vor einigen Monaten erreichte. Der VW Golf GTI wird in diesem Jahr 40. Im Mai will Volkswagen richtig groß feiern und hat einen hochbegehrten Prestigeauftrag ins Bergische vergeben. Die beiden Kfz-Tüftler aus Lindlar und Kürten sollen das Geburtstagskind so richtig in Szene setzen.

„Da ruft ein Weltkonzern mit Tausenden Ingenieuren bei dir an – fantastisch“, ruft Müller unter dem schneeweißen Golf I hervor. Viel mehr als die Füße sind von dem 42-jährigen Lindlarer Kfz-Meister gerade nicht zu sehen. Die rechte Hand fordert von Kollege Leitner den kleinen Hammer. Direkt über Müllers Nasenspitze beginnt die Karosserie, die es akribisch in die Original-Optik des Ur-GTIs zu versetzen gilt.

Geschichte des Kultautos

sichtbar machen

Das weltgrößte GTI Treffen am Wörthersee Anfang Mai (siehe Kasten) hat der Konzern unter den Slogan „Back To The Roots“ gestellt. Zurück zu den Wurzeln. Mit einer Ausstellung sämtlicher GTI-Modelle will VW die Geschichte des Kultautos sichtbar machen – vom Golf I bis zum aktuellen Siebener. Müller und Leitner sind für die Nostalgiker zuständig, dürfen ihre Autos im Rahmen des offiziellen VW-Programms auf ganz großer Bühne präsentieren. Bei gutem Wetter werden bis zu 100 000 Fans unter die Lupe nehmen, was in der kleinen Lindlarer Werkstatt entstanden ist.

Das stolze GTI-Emblem hat Müller bereits am Kühlergrill befestigt, die roten Zierstreifen sitzen fest. Im Innenraum liegen diverse Schaltpläne des Urgolfs, bis Ende März sollen Sportsitze in Schattenkaro-Optik die Originalität unterstreichen. Im Motorraum arbeitet ein 16-Ventiler. Müller setzt auf Saugmotor statt Turbo, speziell in Holland angefertigt. „Viele pilgern auf dem Jakobsweg, wir fahren seit 15 Jahren an den Wörthersee“, schmunzelt Müller. Was das Interesse angehe, schlage man mit dem Golf I „so manchen betuchten Senior im Ferrari“, berichtet Leitner von zahlreichen Begegnungen am Nürburgring. „Viele Menschen verbinden mit dem Modell persönliche Erlebnisse – dabei ist es streng genommen ein alter Golf, ein Auto der Arbeiterklasse.“ Allein für eine Original-Hutablage zahle man heute 300 Euro. „Dabei flog die damals als erstes raus, weil die Boxen installiert wurden.“

Müller und Leitner sind mit VW groß geworden. Den ersten GTI bekam Müller gleich nach der Führerscheinprüfung von Vater Dieter. Das Auto einer Kollegin, das nicht mehr durch den TÜV kam, erinnert sich Müller senior (70), die „gute Seele der Werkstatt“. Zusammen schraubten Vater und Sohn so lange, bis die Plakette auf dem Nummernschild landete – der Beginn einer großen Leidenschaft. Vor fünf Jahren druckte VW persönlich die Beschriftung für Müllers Vorgängerauto und machte den Einser zum weltweiten Unikat. Trotzdem setzte der Lindlarer noch einen drauf, verlieh dem GTI die Rennwagenoptik von 1977. Seit 2015 steht der Golf im legendären VW-Museum. „Der Ritterschlag“, strahlt Marco Müller. „Aber dieses Jahr wird alles toppen.“

Ortswechsel: In einer Kürtener Garage wartet das zweite bergische Exponat auf seinen Auftritt am Wörthersee. Der in „Flash-Rot“ lackierte Golf I von 1983 mit seinen gelben und orangenen Zacken ist der 13. GTI von Jörg Leitner. Und einer von fünf deutschlandweit für den Straßenverkehr zugelassenen Breitbauten, betont der 42-Jährige. An der Garagenwand hängen Auszeichnungen – auch für den direkten Vorgänger, den er in Tabakbraun lackiert hatte und so an den Paketdienst UPS erinnerte.

Im Motorraum des aktuellen GTIs klafft noch ein Loch. Doch Leitner ist im Zeitplan. „Wir werden so um die 200 PS einbauen.“ Der Rennkäfig ist bereits installiert, Carbon und spezielle Fenster reduzieren das Gewicht. Vorne sorgen französische Scheinwerfer für gelbes Licht – eine eingetragene Ausnahme vom deutschen Gelblichtverbot. Ärger mit Polizei oder Behörden habe man ohnehin sehr selten, berichtet Leitner. „Meistens bekommen wir Lob dafür, dass wir die Autos auf die Straße bringen. Sie sind selten geworden.“Ende April werden beide GTIs auf den Anhänger geladen und gen Österreich starten. Mindestens 1000 Kilometer wollen Müller und Leitner um den Wörthersee drehen. Beweisen, dass ihre Autos nicht nur gut aussehen, sondern auch fahren, authentisch sind. „Und wer mehr fährt, wird auch mehr gesehen“, lachen sie.