AboAbonnieren

Die gute Stube rollt in jedes GeländeTreffen der Allrad-Wohnmobile in Lindlar

Lesezeit 3 Minuten

Regen und Wolken machen den Fahrern der Dickschiff-Wohnmobile nichts aus. Hier Andreas Klamroth aus Ennepetal mit seinem umgebauten Bundeswehr-Lastwagen. 

Lindlar – Unter der alten Eiche ist die Feldküche aufgebaut. Der Nieselregeln wird notdürftig von der Zeltplane abgehalten, doch der Wind pfeift durch die Ritzen. Kein Wetter, um draußen zu schlafen. Kein Wetter für Camping. Doch Hans-Peter Blechmann campt trotzdem im Garten hinter dem Haus, wobei Garten eine Untertreibung ist. Denn Blechmann wohnt nahe Scheel etwas abgelegen und hat hinter dem Haus viel Platz.

Die Feldküche mit Blick über das Bergische Land. Hier kocht gerade Gabriele Blechmann, die gemeinsam mit ihrem Mann Bekannte aus der Allrad-Wohnmobil-Gemeinschaft zu sich eingeladen hat.

Einmal im Jahr lädt er Freunde und Gleichgesinnte aus ganz Deutschland ein. Was sie verbindet sind ihre Gefährte: Zu Wohnmobilen umgebaute Lkw, Transporter und Feuerwehrautos. Meist mit Allradantrieb ausgestattet und immer Unikate. In der Szene werden die Vehikel oft „Dickschiffe“ genannt. „Niemand kauft hier ein Wohnmobil von der Stange“, sagt Blechmann und zeigt das Innere seines Mercedes-Lkw. Für Strom sorgen Solarzellen auf dem Dach, die Batterien speisen, die sonst im Jachtbau verwendet werden und den früheren Lastwagen mit 230 Volt versorgen.

Jedes Wohnmobil ist ein Unikat

Zurück zur Eiche, wo Blechmanns Frau Gabriele gerade beim Kochen hilft. Heute wird es Nackensteaks aus dem Dutch Oven geben, einem gusseisernen Kochtopf, der später in der Glut des Lagerfeuers vergraben wird und so das Fleisch schonend gart. Das Fleisch bereitet Michael Beyer vor. Der 50-jährige kommt aus Essen und fährt einen umgebauten Bundeswehr-Transporter, auf den er einen Aufbau aus Beständen der abgewickelten Nationalen Volksarmee aufgebaut hat. Damit der Gefährt etwas ziviler wirkt, hat er es lilafarben lackiert.

Den Dutch Oven befüllt hier Michael Berger mit Speck und Nackensteaks.

Über die richtige Farbe für seinen Bundeswehr-Truck denkt auch Andreas Klamroth nach. Er hat einen Iveco Magirus Lastwagen aus Bundeswehrbeständen gekauft, gleich mit einer Funkerkabine, die nun die gute Stube ist. Drinnen kümmert sich seine Frau Eva um Sohn Matthis, während Klamroth die Räder auf der abschüssigen Wiese mit Holzblöcken sichert.

Ein bisschen verrückt seien hier alle, berichtet unterdessen Martin Lang. Er kommt ebenfalls aus Lindlar und fachsimpelt mit Hans-Peter Blechmann viel über die Technik der Wohntrucks. Mit seinem ausrangierten Feuerwehrauto Baujahr 1963 war er 2011 in Murmansk in Nordrussland ohne „eine einzige nennenswerte Panne“, berichtet er.

Solarzellen und Technik aus dem Jachtbau zeigt hier Hans-Peter Blechmann.

Unabhängigkeit ist den Kapitänen der Dickschiffe wichtig. Sie reisen in gemächlichem Tempo und haben alles nötige an Bord. Trotz Geländetauglichkeit müssen es dabei nicht immer exotische Ziele sein. „Wir sind schon kreuz und quer durch Deutschland gefahren“, berichtet Blechmann. Auf Campingplätzen fallen die Fahrzeuge auf, so finden sie meist schnell Anschluss zu den anderen Campern in Standard-Wohnmobilen. „Da kommt man dann schnell ins Gespräch“, sagt Blechmann.

Viel Unterwegs ist Martin Lang mit seinem umgebauten Feuerwehrauto, Baujahr 1963.

In der Feldküche ist der Dutch Oven inzwischen gefüllt. Die Truppe trifft sich nun schon zum dritten Mal in Lindlar. Auch auf anderen Treffen der Szene sitzen sie gemeinsam am Abend zusammen. Angefangen haben viele der Allrad-Camper einmal kleiner. „Mit einem VW T-3“, berichtet Hans-Peter Blechmann. Der legendäre Volkswagen-Bulli war für ihn der Einstig in das Hobby. Die nächste große Tour plant er nun durch Skandinavien. Wetter und Wege spielen schließlich für sein rollendes Wohnzimmer kaum eine Rolle.